Haftungsrisiko offenes W-LAN
Die dpa hat heute darüber berichtet, dass Filesharing-Abmahnungen das Geschäftsmodell von Gaststätten bedroht, die offenes W-LAN anbieten. In dem Text wird u.a. auch Rechtsanwalt Kornmeier mit der Aussage zitiert, dass er den Wirten die W-LANs betreiben, empfiehlt, eine Anmeldung mit persönlichen Daten wie etwa einer Kreditkarte vorzusehen. Abgesehen davon, dass ein solches Angebot viele Gäste vermutlich eher abschrecken würde, ist dieser Vorschlag auch rechtlich fragwürdig, denn dies würde letztlich zu einer Art privaten Vorratsdatenspeicherung führen, was sicherlich ganz im Interesse der Rechteinhaber und ihrer Anwälte wäre, allerdings wohl nicht in Einklang mit dem Gesetz steht. Denn eine solche Datenerhebung ist nur dann zulässig, wenn sie für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erforderlich ist (§ 95 TKG), was bei kostenlosen Angeboten schwer zu begründen sein dürfte.
Die Betreiber kostenloser W-LANs – wie sie in Hotels und Gaststätten durchaus üblich sind – dürfen nach dem Gesetz eigentlich gar keine Daten ihrer Nutzer erfassen, sollen aber, wenn es nach den Abmahnkanzleien geht, dennoch haften. Weshalb die Annahme einer solchen Haftung von Gatsronomen und Hoteliers rechtlich verfehlt ist, habe ich in einem älteren Beitrag erläutert.
Typo im letzten Satz: Gatsronomen
Comment by suchenwi — 3.04, 2012 @ 21:26
Der erwähnte dpa-Beitrag v. Doreen Fiedler lässt neben den Abmahnungs-Rechtsanwälten Kornmeier und Frommer ja auch die geschätzten Kollegen Thomas Stadler ;-) und Jens Ferner zu Wort kommen und bildet die Problematik auf diese Weise „recht breit“ ab.
Zu rechtlichen Hintergründen hatte ich Anfang des vergangen Jahres einen Blogbeitrag
http://petringlegal.blogspot.de/2011/01/spiel-mir-das-lied-vom-toten-hot-spot.html
verfasst unter besonderer – aber nicht alleiniger – Berücksichtigung des TMG.
In meiner anwaltlichen Praxis ist bisher auf entsprechend vertiefte außergerichtliche Argumentation hin noch kein Gastwirt und kein Hotelier verklagt worden. Eine gerichtliche Prüfung wird offensichtlich von den Abmahnern – m. E. zu Recht – gescheut.
Also Mut zum medien- und kunden-freundlichen Restaurant- und Hotel-Service.
Comment by Ralf Petring — 3.04, 2012 @ 22:04
Mit dieser Argumentation müsste letzlich auch der Staat haftet , der das „freie“ Internet und auch freies WLAN immer noch „zulässt? Oder der Staat haftet für Autounfälle die auf seinen freien Autobahnen anonym (Fahrerflucht?) passieren? Das ist doch alles politischer Nonsens.
Comment by EuroTanic — 4.04, 2012 @ 08:42
Beängstigend finde ich die Textstelle:
„Aus dem Bundesjustizministerium heißt es hingegen, die Pflicht zu prüfen, was im WLAN passiert, stelle ‚keine unzumutbare Belastung dar‘. Die Pflichten für Privatleute oder Gastwirte richteten sich danach, was ihnen im Einzelfall jeweils abverlangt werden könne.“
Was soll denn ein Wirt prüfen?
Comment by maxbe — 4.04, 2012 @ 09:40
Können wir nicht endlich mal das zu Grunde liegende Problem angehen, nämlich die „Störerhaftung“?
http://unkreativ.net/wordpress/?p=13555
Comment by Stefan — 4.04, 2012 @ 09:59
Patrick Breyer stellt eine gelungene Musterklageschrift zur Abwehr unberechtigter WLAN-Abmahnungen zur Verfügung: http://www.daten-speicherung.de/index.php/musterklage-fur-abgemahnte-wlan-betreiber/
Comment by O. García — 4.04, 2012 @ 10:33