Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

16.3.12

OLG Hamburg bejaht erneut Haftung von Rapidshare

Das OLG Hamburg hat erneut eine Haftung des Sharehosters Rapidshare für urheberrechstwidrigen Content, der von Nutzern eingestellt worden ist, bejaht. Im Gegensatz hierzu hat das OLG Düsseldorf eine Haftung von Sharehostern bislang abgelehnt. Die Frage liegt mittlerweile auch dem BGH zur Entscheidung vor, der am 12. Juli die Revision gegen das Urteil des OLG Düsseldorf mündlich verhandeln wird.

In seiner neuen Entscheidung vom 14.03.2012 (Az. 5 U 87/09) schränkt das OLG Hamburg seine bisherige Rechtsprechung allerdings ein. Der Senat geht davon aus, dass der bloße Upload von urheberrechtswidrigem Content noch nicht ausreichend ist, sondern eine Haftung erst dann eintritt, wenn tatsächlich „Downloadlinks“ im Internet kursieren. Diese Einschränkung ist mit Sicherheit zutreffend, da das bloße Speichern von Musik- oder Filmdateien durch einen Nutzer von der Vorschrift des § 53 UrhG gedeckt sein kann.

Zur Frage der Zumutbarkeit von Prüfpflichten von Rapidshare wird in der Pressemitteilung des OLG Hamburg folgendes ausgeführt:

„Das Geschäftsmodell der Beklagten berge jedoch strukturell und insbesondere im Hinblick auf die in der Vergangenheit erfolgte besondere Förderung massenhaften Zugriffs auf einzelne Dateien (z.B. durch ein Bonussystem) die Gefahr massenhafter Begehung von Urheberrechtsverletzungen in einem Umfang in sich, der die Erfüllung von Prüf- und Handlungspflichten zumutbar mache. Damit war die Beklagte nach Auffassung des Senats verpflichtet, konkrete Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen zu ergreifen, sobald ihr bekannt geworden war, dass Musikwerke urheberrechtswidrig öffentlich abrufbar waren.“

Man darf gespannt sein, ob sich das OLG Hamburg in seiner Urteilsbegründung auch mit der neuesten Rechtsprechung des EuGH auseinandersetzt.

Ausweislich der Pressemitteilung verlangt das OLG Hamburg u.a., dass Rapidshare rechtsverletzende Downloadlinks löscht. Das ist bereits deshalb nicht möglich, weil Rapidshare diese Links ja nicht setzt und gar keine Möglichkeit hat, derartige Links zu löschen. Der Sharehoster kann nur Dateien auf seinen Servern löschen. Das OLG Hamburg fordert laut Pressemitteilung offenbar weiterhin, dass durch Rapidshare

„in Link-Ressourcen im Internet gezielt nach weiteren Links gesucht werde, über die das betreffende Werk in urheberrechtsverletzender Weise zugänglich gemacht werde“

Rapidshare soll also im Internet systematisch nach derartigen Downloadlinks suchen, um dann in einem nächsten Schritt den Content auf den eigenen Servern zu löschen. Das erfordert freilich ein aufwendiges Kontroll- und Überwachungssystem, das schwerlich mit § 7 Abs. 2 TMG bzw. Art. 15 Abs. 1 der E-Commerce-Richtlinie vereinbar wäre. Der einzige rechtsdogmatisch saubere Ausweg besteht m.E. darin, Dienste wie Rapidshare nicht mehr als (neutrale) Hoster zu betrachten, weil deren Geschäftsmodell gezielt auf die Begünstigung von Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet ist.

Ich bin gespannt auf die diesbezügliche Einschätzung des BGH, zumal der I. Senat in seinen Internet-Versteigerungsfällen ebenfalls eine Auffassung vertreten hat, die aus meiner Sicht weder mit der Rechtsprechung des EuGH noch mit den Vorgaben von § 7 Abs. 2 TMG und Art. 15 Abs. 1 ECRL vereinbar ist.

posted by Stadler at 12:59  

19 Comments

  1. Frage an Juristen: Kann Rapidshare das Gerichtsurteil nicht egal sein? Deren Sitz ist in der Schweiz und dort ist das Herunterladen (noch) Legal und dann können die ja noch den Neutralitätsjoker ziehen

    Comment by Hubertus — 16.03, 2012 @ 13:48

  2. Das Urteil ist auch in der Schweiz vollstreckbar. Maßgeblich ist insoweit das „Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen“

    Comment by Stefan — 16.03, 2012 @ 14:12

  3. danke

    Comment by Hubertus — 16.03, 2012 @ 14:24

  4. Ich finde das Adjektiv „rechtsdogmatisch“ interessant. Wird damit angedeutet, dass das Recht in einen Gegensatz zur Realität geraten ist, der dazu führt dass dem Recht Eigenschaften eines Dogmas zugeschrieben werden müssen?

    Comment by Bionic — 16.03, 2012 @ 14:31

  5. Dieser Unsinn wird keinen Bestand haben. Dreist ist, dass die offenbar sachunkundigen Richter auf Kosten der Betroffenen lernen, anstatt sich für ihre Aufgaben auszubilden und sachkundig zu machen.

    Ich finde es störend für den Rechtsfrieden, wenn solche Provinzrechtler das EU-Recht beugen und mal so und mal so sich entäussern. Eine saubere Ausbildung vorher wäre doch möglich gewesen. Die sind doch alt genug und auch in Hamburg gibt es dafür zahlreiche Bildungsangebote.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 16.03, 2012 @ 14:33

  6. „Der einzige rechtsdogmatisch saubere Ausweg besteht m.E. darin, Dienste wie Rapidshare nicht mehr als (neutrale) Hoster zu betrachten, weil deren Geschäftsmodell gezielt auf die Begünstigung von Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet ist.“

    An diesem Satz stört mich ein wenig die Formulierung im letzten Halbsatz. Dieser müßte meines Erachtens im Konjunktiv erfolgen, da er zumindest mißverständlich ist. Denn die Behauptung, dass das Geschäftsmodell von Filehostern gezielt auf die Begünstigung von Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet sei, ist so nicht nachgewiesen und schon gar nicht allgemeine Kenntnis (selbst wenn dies bei Megaupload der Fall gewesen sein sollte, was aber m.W. auch nicht belegt ist).

    Meine eigene Erfahrung spricht da sogar vom Gegenteil.

    Comment by BrianBug2 — 16.03, 2012 @ 15:01

  7. Technisch ließe sich das vielleicht sogar einfacher umsetzen als man denkt.

    Nicht die Links im Internet werden dann gesucht, sondern die Zugriffe auf „bekannte“ Dateien werden sauber geloggt, mit Referrer und IP und was so dazu gehört.
    Dann hat man die exakte Herkunft, von wo aus auf die Daten zugegriffen wurde.
    Man muss dann die Links nicht löschen, sondern lediglich den Zugriff von diesen Seiten unterbinden.

    Das verhindert zwar nicht, dass Besucher sich den Link nicht direkt in den Browser einkopieren und so doch noch Zugriff bekommen, aber es bremst vielleicht doch etwas aus und zumindest gibt es dann rein faktisch gesehen, keine Zugriffe mehr über „Linkfarmen“.

    Natürlich wirft das dann sicher andere juristische Fragen auf, aber um den Hamburger Richtern gerecht zu werden, muss man im Zweifel vielleicht andere Gesetze brechen :-)
    Oder man stampft das Urteil ein und sucht eine bessere Lösung.

    Comment by Frank — 16.03, 2012 @ 18:37

  8. Können solche Linkseiten Rapidshare den Zutritt verbieten?

    Comment by Ranter — 16.03, 2012 @ 19:39

  9. @8.

    Leichter umgekehrt: Rapidshare kann den Linkseiten den Zutritt verwehren.
    Andersrum müsste sonst die Linkseite bei jeder Speicherung die Inhalte nach Links untersuchen und diese dann nach Rapidshare.
    Aber machbar wäre auch das noch… wenn man die Daten zwischen Editor und Datenbank abgreift und filtert.

    Aber das würde nichts über legal oder illegal aussagen, es wäre ein rein technischer Vorgang mit Kollateralschäden.

    Comment by Frank — 16.03, 2012 @ 19:57

  10. Nunja, bzgl. Urheberrechtsverletzungen: wie lange kämpft die Contentindustrie denn schon gegen die illegale Verbreitung von Musik im Internet (Filme gerieten erst später in den Fokus)? Das begann doch mit Napster. Sie haben einen Sieg errungen, aber was kam dann? kazaa, emule, shareaza,etc.
    Als dann diese Art des Filesharings zu gefährlich wurde, nutzte man torrents und das usenet.
    Dann kamen die one-click-Hoster.
    Und ich bin mir sicher, dass die nächste Generation schon in der Pipe ist.

    Für mich ist das einfach ein Kampf gegen Windmühlen. Schlägt man einen Kopf ab, wachsen zwei nach. Ein Sieg gegen Rapidshare ist kein Sieg gegen Filesharing.

    Comment by J. S. — 16.03, 2012 @ 19:59

  11. @Frank:

    Die Idee mit dem Referer ist sicherlich nicht verkehrt, aber absolut nicht praktikabel. Ersteinmal wissen einschlägige Downloadportale ganz genau, warum sie verschlüsselte Container für ihre Links verwenden und auch, warum sie nicht als Referer auftauchen. Des Weiteren ist diese ganze Haftungskonstruktion, die die Sharehoster zum Suchen nach Links zwingen soll mal wieder so dermaßen an der Realität vorbei (s.o.), wie man es von Juristen nur zu oft kennen lernt.

    @Rantner: Verbieten kann man viel, aber verhindern kann man das sicher nicht.

    Comment by Sebastian — 16.03, 2012 @ 20:02

  12. Naja, generell dürften alle Dateien auf Rapdishare bzw. anderen OCH verdächtig sein, die eine außerordentlich hohe Aufrufzahl verzeichnen. Es ist wohl eher untypisch das 5.000 User sich für private unerotische Bilder interessieren.

    Auf der anderen Seite ist ein OCH aber für mich auch nix anderes als ein Postfachinhaber. Habe ich ein Postfach und würde dort illegale Dinge tauschen und die Empfänger hätte einen Link äh Schlüssel zum Postfach so würde auch niemand auf die Idee (oder doch?) kommen, den Postfachanbieter zu verklagen.

    Comment by michi — 16.03, 2012 @ 20:11

  13. @Sebastian:

    Dass es am Ende nicht funktionieren wird, alle Zugriffe auszuschließen ohne Rapidshare ganz dicht zu machen, ist dadurch klar.
    Einen wirksamen Ausschluss von illegalen Downloads wird es nicht geben können, weil die technischen Verfahren nicht halb so gut sind wie der Einfallsreichtum der Menschen.

    Google beweist das jedes Jahr indem sie versuchen, die hochgepushten SEO-Seiten heraus zu filtern. Entwickelt Google einen neuen Algorithmus, entwickeln SEOs neue Methoden.

    Die Methode die ich beschrieb, ist mehr oder weniger eine praktikable Methode mit der Rapidshare „etwas“ tun kann.
    Aber niemand wird die Download Anbieter daran hindern, die Links zu verschlüsseln (notfalls über bit.ly), die Dateien irgendwie zu verändern damit die Hashwerte nicht mehr passen, und sich ständig neu anzumelden und die gleichen Daten neu hochzuladen und neu zu verlinken.

    Während Rapidshare niemals manuell alle Links in absehbarer Menschenlebenszeit überprüfen kann. Es geht einfach nicht.
    Rapidshare könnte also nur automatisch ausfiltern, sofern die Herkunft ermittelbar ist (das gelingt gar nicht immer, wie jeder weiß der sich mal mit Hackern rumgeschlagen hat).

    Automatisch filtern hieße, die Datei müsste als urheberrechtlich „Geschützt“ erkennbar sein (Für mitlesende Noops: Die liegen nicht offen bei Rapidshare im Regal wie bei einer Buchhandlung), der illegale Zugriff (!) auf diese Datei müsste eindeutig erkennbar sein, die Herkunft des Links müsste erkennbar sein (nicht jeder Server übermittelt Herkunftsdaten).

    Während Mitarbeiter von Rapidshare nie einfach so sehen könnten, was hinter einem Link wie http://bit.ly/z7OUcg steckt, sollten sie tatsächlich zur manuellen Prüfung genötigt werden, würde das automatische System im Zweifel einfach blocken.
    Angenommen es wäre ein Link zu Rapidshare hier im Kommentar, wäre diese Seite hier dann bei Rapidshare geblockt.
    Das Spiel kann man beliebig ausdehnen, auf alle Hoster und alle Seiten.

    Darum denke ich, Rapidshare kann dem OLG Urteil gar nicht Folge leisten, damit hätte das OLG quasi den Betrieb der Seite faktisch beendet.
    …das Spiel kann man beliebig auf andere Situationen und Seiten anwenden.

    Fazit: Wir brauchen gar keine politische initiierte Netzzensur einführen lassen, es genügt ein Richter und eine Industrie mit guten Anwälten.

    Comment by Frank — 16.03, 2012 @ 20:27

  14. @12.
    Hohe Abrufzahlen sind kein Indiz sondern oft der Grund, warum man auf solche Hoster aus legalen Gründen ausweicht, denn ein günstiger Shared Hosting Platz knickt schnell ein, wenn in kurzer Zeit hohe Zugriffszahlen auf eine Seite kommen.
    Dazu noch eine größere Datenmenge und Schwupps, steht „Internal Server Error 500“ oder „bandwith exceeded“. So funktionieren übrigens einfache DoS Angriffe: Immer auf die großen Dateien einer Seite abzielen und schon ist sie dicht.

    Da hatte doch mal einer vor einigen Jahren eine über 100.000 Euro Rechnung vom Hoster bekommen, weil er ein witziges Flash programmierte und auf seine Seite lud und hunderttausende Besucher diese Datei abriefen.
    Hätte er das auf Filehoster ausgelagert, hätte ihn das nichts oder kaum was gekostet und die Hoster hätten mit den hunderttausenden Besuchern ordentlich Werbung machen können.

    Oder man muss sich nur vorstellen, Lady Gaga twitter einen Link auf eine Datei auf eurer Seite… und die Hälfte aller Follower von ihr klicken darauf.

    Um nun eine eigene Seite mit billigem Massenhoster trotz großen Dateien am Laufen zu halten, weicht man einfach auf externe File-Hoster aus.
    Illegal ist daran gar nichts und das erkannte inzwischen auch der Richter nach langer Zeit.
    Nur die Auflagen machen es nicht besser.
    Sein Ziel ist klar, er will Rapidshare weg haben.

    Comment by Frank — 16.03, 2012 @ 21:08

  15. Es gibt Soundeffekte-Datenbanken.
    Die Benutzung dieser ist kostenpflichtig.
    In solchen Datenbanken sind auch hunderte Furzgeräusch-Soundeffekte.
    Müsste man jetzt auch nicht Kloschüssel-Hersteller mit dem Urteil dazu bringen aufwendige Kontroll- und Überwachungssysteme in die Kloschüsseln einzubauen, weil deren Geschäftsmodell gezielt auf die Begünstigung von Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet ist?

    Das darf doch nicht sein , dass die Leute einfach so immer Furzen können!

    Comment by Anonymous — 17.03, 2012 @ 01:41

  16. ich fände es ja mal revolutionär, wenn überhaupt mal ein gericht zu § 7 II TMG äußern würde.
    das läge ja auch in fällen der wlan-haftung sowie bei allen fällen der störerhaftung nahe.
    dazu machen sich die gerichte aber anscheinend keine gedanken.

    Comment by nutella — 19.03, 2012 @ 14:17

  17. @Anonymus:
    Bis zu Deinem Post habe ich mich über die überwiegend qualifizierten Kommentare gefreut. Was Du schreibst ist sinnlos und falsch.
    Geräusche haben keine Schöpfungshöhe im urheberrechtlichen Sinn und sind daher nicht schutzfähig. Daher werden sie verkauft und nicht nach Nutzungsarten und Nutzungshäufigkeiten lizenziert wie ein Werk der Musik.
    Du vergleichst nicht mal Äpfel mit Birnen, sondern Äpfel mit Kloschüsseln… :-(

    Comment by BabettG — 19.03, 2012 @ 22:04

  18. Mann, was sind das denn für Typen die sowas entscheiden?
    Namen und Addresse bitte.

    Comment by Alexander — 19.03, 2012 @ 22:36

  19. Nun wurde auch Google darauf aufmerksam, dass die Kollateralschäden der Gerichtsurteile fatal für das gesamte Cloud-Computing sein können:
    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Google-unterstuetzt-Hotfile-vor-Gericht-1474013.html

    Es geht zwar um Hotfile aber das Prinzip ist das gleiche: Die einschlägigen Gerichte für solche Urteile möchten das Geschäftsmodell dieser Hoster abschaffen.
    Nur leider funktioniert das Geschäftsmodell vieler neuer Cloud-Dienstleister ganz ähnlich oder gleich, ohne dass es sich um illegale Geschäfte handeln würde.

    Würde man Musik- und Filmindustrie machen lassen, gäbe es keinerlei Clouds mehr im Internet, weil alles missbraucht werden kann.
    Selbst registrierte und bezahlte Clouddienste lassen sich kompromittieren. Manche haben Passwörter die jeder Schüler leicht knacken könnte.

    Ich bin gespannt, wie die genaue Begründung des Urteils aussieht und welche Auflagen es gibt. Müsste Rapidshare alle bekannten und unbekannten Linkfarmen absuchen, könnte nicht nur Rapidshare dicht machen, sondern jeglicher Dienst der in irgendeiner Form die Speicherung von Daten im Internet ermöglicht.
    Und ich glaube, das sind inzwischen nicht wenige.

    Vielleicht täte es dem Hamburger Richter gut, noch einmal Bildungsurlaub zu nehmen und sich über die aktuelle Entwicklung im Internet schlau zu machen.
    Und Rapidshare könnte sich inzwischen überlegen, wie sie der Contentindustrie entgegenkommt, und wenigstens die notorischsten Uploader fern hält.

    Comment by Frank — 20.03, 2012 @ 17:49

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