Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

9.8.11

Bundesregierung prüft derzeit Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung

Die Bundesregierung hat eine kleine parlamentarische Anfrage zur Vorratsdatenspeicherung am 02.08.2011 dahingehend beantwortet, dass sie eine gesetzliche Neuregelung derzeit prüfen würde. Die meisten Antworten der Bundesregierung sind freilich äußerst vage gehalten, was sicherlich dem politischen Dissens in der Koalition geschuldet ist.

Interessant erscheint mir allerdings u.a. die Antwort auf Frage 27. Sie lautet:

Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 2. März 2010 zwischen dem Abruf und der unmittelbaren Nutzung von Verkehrsdaten auf der einen und einer mittelbaren Nutzung der Daten zur Erteilung von Auskünften durch die Telekommunikationsdiensteanbieter über die Inhaber von IP-Adressen auf der anderen Seite unterschieden und festgestellt, dass insoweit unterschiedliche verfassungsrechtliche Maßgaben gelten. Die Bundesregierung teilt diese Auffassung und wird mögliche Konsequenzen in die in der Antwort zu Frage 1 benannte umfassende Prüfung und Bewertung einfließen lassen.

Diese vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Nutzung von Verkehrsdaten, habe ich in einem älteren Beitrag erläutert. Es könnte also durchaus sein, dass der Gesetzgeber diesen Ansatz aufgreift, eine Speicherung von IP-Adressen durch die TK-Dienstleister verlangt und eine Abfrage des dazugehörigen Nutzers für sämtliche, auch einfache, Straftaten ermöglicht, sofern die Ermittlungsbehörden die IP-Adresse und den maßgeblichen Zeitpunkt bereits selbst ermittelt haben. Diese Konstellation hat das BVerfG nämlich nicht als besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriff betrachtet, weshalb nach Ansicht des Gerichts keine besonders hohen Eingrifshürden bestehen.

posted by Stadler at 10:29  

Ein Kommentar

  1. @Thomas, Frage an dich von einem Laien (Die Frage ist natürlich auch an alle anderen gerichtet, die weiterhelfen können):

    Dazu aber bitte einleitend kurz folgendes vorweg:
    Das BVerfG schreibt in seiner Entscheidung(BVerfG, 1 BvR 256/08 vom 2.3.2010) im Leitsatz Nr. 6 bekanntlich folgendes:

    Eine nur mittelbare Nutzung der Daten zur Erteilung von Auskünften durch die Telekommunikationsdiensteanbieter über die Inhaber von Internetprotokolladressen ist auch unabhängig von begrenzenden Straftaten- oder Rechtsgüterkatalogen für die Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und die Wahrnehmung nachrichtendienstlicher Aufgaben zulässig. Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten können solche Auskünfte nur in gesetzlich ausdrücklich benannten Fällen von besonderem Gewicht erlaubt werden.

    Wenn man bedenkt, daß laut einer Statistik, die auf Angaben der DTAG basieren 99,1% der Auskunftgesuche (IP-Adresse zu Klarnamen) auf „Auskünfte an Rechteinhaber wegen Urheberrechtsverstößen“ entfallen, dann muss man meiner Meinung nach noch nicht einmal ein Schelm sein um Böses zu denken.

    Nun zu meiner (laienhaften) Frage: Wenn das BVerfG in einem Punkt und somit quasi in einem Atemzug im Zusammenhang mit dem Thema „mittelbare Nutzung“ das Thema „Ordnungswidrigkeit“ einfließen läßt, ist dann nicht vielmehr eine Abgrenzung zu Straftaten gemeint?
    Ich persönlich lese (als Laie, aber dennoch steuerzahlender Bürger dieses Landes) nämlich noch lange keinen „Freibrief“ für eine anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten. Im Gegenteil sogar, denn auch im Falle von Ordnungswidrigkeiten betont das BVerfG folgendes (erneut zitiert):

    Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten können solche Auskünfte nur in gesetzlich ausdrücklich benannten Fällen von besonderem Gewicht erlaubt werden.

    Abschließend noch eine persönliche Einschätzung bzgl. des oben angesprochen Themas „Auskünfte für die ContentMafia“: Da ich persönlich nämlich davon ausgehe, daß die Lobby diesbzgl. „ganze Arbeit“ leistet und mit Hilfe des UrhG quasi durch die Hintertüre mit dem Instrument VDS Persönlichkeitsprofile geliefert bekommen möchte, folgendes im Bezug auf das Thema Ordnungswidrigkeit vs. UrhG:

    § 111a UrhG (i.V.m. § 95a UrhG) regelt nämlich das Thema Ordnungswidrigkeiten und ich persönlich behaupte, daß der „klassische“ vermeintliche Urheberrechtsverstoßer (= Abmahnwahn-Opfer) NICHT darunter fällt und es allein deswegen schon nicht verfassungsgemäß wäre, Verkehrsdaten für diesen ZWECK (!) auf Vorrat speichern zu wollen.

    Desweiteren glaube ich kaum, daß das BVerfG es als verfassungsgemäß ansieht, wenn beispielsweise solche Briefkastenfirmen (Logistep, Guardaley, Digiprotect, Zarei… et al) für vermeintliche Rechteinhaber kommerziell VERKEHRSDATEN erhebt! (Diesen Satz schreibe ich dazu, um in Einem vehement vor dem Modell „Quick Freeze“ zu warnen)!**

    So! Das war’s… BITTE, BITTE, BITTE um eine Antwort / Meinung / Hinweis… Ich würde mich SEHR freuen. Diese Frage verfolgt mich nämlich schon seit März 2010! Danke!

    Gute Nacht, Baxter
    __________________________
    *Quelle: http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/auskuenfte_ueber_internetnutzer.pdf
    **P.S.: Die Bundesregierung sollte sich m.M.n. von der Schweiz Nachhilfestunden geben lassen (Siehe Urteil des schweizer Bundesgerichtes: http://jumpcgi.bger.ch/cgi-bin/JumpCGI?id=08.09.2010_1C_285/2009, zu dem der schweizer EDÖB folgendes schrieb:

    Laut heute ergangenem Urteil des Bundesgerichts in Lausanne sind IP-Adressen eindeutig Personendaten, womit sie unter das Datenschutzgesetz fallen. Weiter erachtet es das höchste Gericht in einer Mehrheitsentscheidung als unzulässig, wenn private Unternehmen heimlich IP-Adressen ausforschen. Dafür, so der heutige Bundesgerichtsentscheid, fehle ein ausreichender Rechtfertigungsgrund.

    Comment by Baxter — 10.08, 2011 @ 02:23

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