Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.4.11

Neusprech und Plattitüden

Der neue Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) übt sich schon mal in der Disziplin Neusprech. Denn er will anstatt von Vorratsdatenspeicherung lieber von Mindestdatenspeicherung sprechen, obwohl bereits der gängige Ausdruck euphemistische Züge aufweist, weil er nicht erwähnt, dass diese Art der Speicherung anlassunabhängig und ohne konkreten Tatverdacht erfolgt.

Die Mutter aller Online-Plattitüden – das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein – fehlt im Vokabular des CSU-Politikers natürlich ebenfalls nicht. Ganz großes Kino!

Manchmal frage ich mich, ob es eigentlich ein Naturgesetz ist, dass deutsche Sicherheitspolitiker keine vernünftigen Sachargumente vorbringen, sondern stets nur Ängste schüren können.

posted by Stadler at 21:29  

6 Comments

  1. Das Grundgesetz wird ohnehin überbewertet…

    Comment by Tessi — 4.04, 2011 @ 21:44

  2. Da das in anderen Laendern genauso ist, wuerde ich auch eher raten, dass es sich um ein Naturgesetz handeln muss.

    Comment by unwesen — 4.04, 2011 @ 21:48

  3. Kein Wunder, dass de Maiziere so schnell versetzt wurde … der schien vielen anders, aber das wird bereits wieder vergessen.

    Comment by svb — 4.04, 2011 @ 23:41

  4. Ich würde ganz gerne (nahezu) kommentarlos aus einem Artikel von heise-online zitieren, der bereits im Jahre 2006 veröffentlicht wurde.
    Und zwar mit dem Titel: „Vint Cerf und die Zukunft des Internet*
    Autor: Jürgen Kuri, Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vint-Cerf-und-die-Zukunft-des-Internet-167296.html
    Die Markierungen im Zitat habe ich mir übrigens erlaubt zu machen.

    […]
    Der Erfolg des Internet sei hauptsächlich seiner Architektur geschuldet, die auf mehreren Layern sowie dem End-zu-End-Prinzip basiert. Das Internet habe wie kein Medium zuvor die Endnutzer gestärkt. Innovationen würden an den Enden entstehen – und zwar auf jeder Layer-Ebene – und sich wechselseitig vorantreiben. Laut Cerf sind die Möglichkeiten des Internet noch lange nicht ausgeschöpft. Insbesondere für Sprach- und Video-Dienste erwartet er schon in den nächsten Jahren bahnbrechende neue Erfindungen. Es werde eine immer größere Zahl kleinerer Unternehmen geben, die sich in Nischen ansiedeln und weltweit spezialisierte Dienste anbieten. Kühlschränke, Weinkorken, Socken: Alles könne miteinander vernetzt werden. So könne er beispielsweise überall auf der Erde kontrollieren, ob jemand aus seinem Weinkeller zu Hause eine Flasche entnommen habe.

    All dies habe weitreichende Konsequenzen für die politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen und die existierenden Geschäftsmodelle der weiter expandieren Informationswirtschaft.
    Die Zeit der großen Telekommunikations-, Kabel und Fernsehgesellschaften sei vorbei. Nationalstaatliche Regulierungen griffen mehr und mehr ins Leere.
    So wie Napster einst die Musikindustrie das Fürchten gelehrt habe, sei es nun BitTorrent, das den Markt der bewegten Bilder durcheinander bringe. Nach Cerfs Ansicht wird es zukünftig vier koexistierende Geschäftsmodelle geben: Free, Pay per View, Subscription und Sponsored Services. Eine der Folgen des Vormarschs des Internet im Bereich von Voice und Video werde zudem sein,
    dass sich der Werbemarkt zu verändern beginne.
    Von den 420 Milliarden US-Dollar, die im vergangenen Jahr für Werbung in den USA ausgegeben wurden,
    werde sich ein substanzieller Teil von den traditionellen Medien zum Internet bewegen.
    […]

    Wer das Zitat gelesen haben sollte, darf sich in dem Zusammenhang gerne einmal die (Zensur-)Themen „Vorratsdatenspeicherung“ i.V.m. „Quellen-TKÜ„(anlasslose (!) Speicherung von Inhalten), Netzsperren (Sperren von Inhalten), Three-Strikes (Kontrolle von Inhalten durch die Inhalte-Industrie direkt beim ISP) sowie der Verfolgung von sog. „p2p-filesharing“ (Kontrolle/Bekämpfung einer möglichen, dezentralen (!) Verbreitung von Inhalten) durch den Kopf gehen lassen…

    In diesem Sinne, Baxter
    _____________________________
    * Vint G. Cerf gilt als „Vater des Internets“ und ist aktuell Chief Internet Evangelist beim U.S.-Unternehmen Google Inc., siehe als Quelle:
    http://www.google.com/events/sciencefair/judging_judges.html#cerf

    Comment by Baxter — 4.04, 2011 @ 23:57

  5. „Then put your little hand in mine
    There ain’t no hill or mountain we can’t climb

    Babe
    I got you babe I got you babe

    I got you to hold my hand[…]“

    Comment by Bodo W. — 5.04, 2011 @ 00:50

  6. Die Mutter aller Online-Plattitüden – das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein – fehlt im Vokabular des CSU-Politikers natürlich ebenfalls nicht. Ganz großes Kino!

    Manchmal frage ich mich, ob es eigentlich ein Naturgesetz ist, dass deutsche Sicherheitspolitiker keine vernünftigen Sachargumente vorbringen, sondern stets nur Ängste schüren können.

    „Rechtsfreier Raum“, das „Spiel mit der Angst“ und ähnliche „Methoden“ scheinen generell ganz beliebt zu sein, um dem Volk das Thema Zensur (hier als Form von Informationskontrolle) im Allgemeinen schmackhaft machen zu wollen.

    In dem Zusammenhang möchte ich ganz gerne ergänzend zu meinem vorherigen Beitrag noch schnell 3 Zitate loswerden, die den meisten vermutlich sowieso bestens bekannt sein dürften (?). Die Zitate sind dabei kursiv formatiert, die Quelle ist jeweils unter dem Zitat als „voller“, d.h. ungekürzter Original-link angegeben.

    —————————-
    1. Musikindustrie + Kinderpronographie:

    Kinderpornografie ist großartig, weil Politiker Kinderpornografie begreifen. Mit diesem Thema kriegen wir sie dazu, zu handeln und Websperren einzuführen. Sobald wir das geschafft haben, werden wir sie dazu bringen, auch Filesharing-Seiten zu blockieren.
    „Eines Tages werden wir einen gigantischen Filter haben, den wir in enger Zusammenarbeit mit der IFPI und der MPA entwickeln [die Lobbyverbände der Musik- und Filmindustrie]. Wir werden Kinderpornografie im Netz kontinuierlich automatisiert beobachten, um den Politikern zu zeigen, dass die Filterung funktioniert. Kinderpornografie ist ein Thema, das sie verstehen“

    Quelle: http://ak-zensur.de/2010/04/kinderpornos-grossartig.html

    —————————-
    2. Musikindustrie + ermittelnde Staatsorgane + Lobbyismus

    Der BDK wird sich darüber hinaus dafür stark machen, dass die Ermittler im HSK die notwendige Unterstützung erhalten, um Kriminalität unter Nutzung des Internets oder anderer moderner Kommunikations- und Computertechnologie wirksam bekämpfen zu können.
    Einen Einblick in die Komplexität derartiger Ermittlungsverfahren ermöglichte Jörg von der Fecht (proMedia – Gesellschaft zum Schutz geistigen Eigentums mbH, Hamburg) in einem Fachvortrag zum Thema „Urheberrechtsverletzungen“. Im Mittelpunkt des Themas stand die illegale Verbreitung von Musikstücken über Tauschbörsen im Internet.

    Quelle: http://www.bdk.de/lv/nordrhein-westfalen/fachthemen/neuorganisation-der-kpb/bdk-sieht-positive-auswirkungen-der-neuorganisation-der-kreispolizeibeh-im-hochsauerlandkreis/bdk-sieht-positive-auswirkungen-der-neuorganisation-der-kreispolizeibeh-im-hochsauerlandkreis

    Zu Punkt 2.: Die Firma „proMedia – Gesellschaft zum Schutz geistigen Eigentums mbH“ des einschlägig bekannten Abmahnanwaltes Clemens Rasch (Geschäftsführer) ist bekanntermaßen der Haus-und-Hof-Dienstleister des Bundesverband Musikindustrie e.V., ehemals „IFPI Deutschland“ –> siehe auf deren Internetpräsenz im Detail. Das bedeutet, daß scheinbar Kriminalbeamte von solchen „Firmen“ auch noch geschult werden… Noch Fragen? Wundert sich jetzt immer noch jemand? Dann bitte weiter zu Punkt 3.

    —————————-
    3. Die Musikindustrie + internationale Verstrickungen + Zensursula/ Three Strikes und Co.

    1. Content filtering
    2. Protocolblocking
    3. Blocking access to infringing online locations

    Quelle (als leak der US-amerikanischen Bürgerrechtorganisation EFF): http://www.eff.org/files/filenode/effeurope/ifpi_filtering_memo.pdf

    Zu Punkt 3. Das *.pdf-Dokument ist im Original von der internationalen Lobby-Organisation IFPI und stammt aus dem Jahre 2007! Es trägt den Titel: „ISPs – Technical options for addressing online copyright infringement“. Klingt bekannt, oder…!?

    Kurzum: Money makes the world go round!

    In diesem Sinne verabschiede ich mich und wünsche allen eine gute Nacht!

    Gruß aus Kölle, Baxter

    Comment by Baxter — 5.04, 2011 @ 02:42

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