Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.3.11

Vorratsdatenspeicherung: Dieselbe alte Leier

Egal welche Parteien in welchen Koalitionen regieren, die Vorratsdatenspeicherung propagieren sie letztlich alle irgendwann. Jüngstes Beispiel dafür ist Ralf Jäger (SPD), Innenminister einer rot-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen.

Wer schon bisher beklagt hat, dass die Befürworter einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung keine fundierten Sachargumente vortragen, sondern allenfalls auf plakative Einzelfallbeispiele verweisen, sieht sich durch die Ausführungen Jägers eindrucksvoll bestätigt.

Dass der Wegfall der Vorratsdatenspeicherung zu einer „gravierenden Schutzlücke in unserem Rechtssystem“ geführt hat, ist schon deshalb falsch, weil es eine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland über einen längeren Zeitraum hinweg nie gegeben hat. Das einschlägige Gesetz ist am 01.01.2008 in Kraft getreten und wurde vom Bundesverfassungsgericht bereits durch eine erste Eilentscheidung vom 11.03.2008 wieder erheblich eingeschränkt.

Die Qualität der Aussagen Jägers lässt sich zudem daran erkennen, dass er die ewig junge Plattitüde vom Internet als rechstfreien Raum bemüht.

Wer eine Vorratsdatenspeicherung fordert, muss in einem ersten Schritt stichhaltig begründen können, weshalb sie für die Kriminalitätsbekämpfung zwingend erforderlich sein soll. Eine Begründung die diesen Anforderungen genügt, sind ausnahmslos alle Sicherheitspolitiker bislang schuldig geblieben.

Sofern eine solche Begründung gegeben werden kann, muss anschließend aber immer noch berücksichtigt werden, dass eine Vorratsdatenspeicherung eine ganz erhebliche Bedrohung der Freiheitsrechte beinhaltet. Insofern müssen wir uns fragen, ob wir dies wirklich in Kauf nehmen wollen. Was wir der Politik allerdings nicht durchgehen lassen können, ist die Fortsetzung der alten populistischen Leier. Auch Sicherheitspolitiker werden lernen müssen, dass es nicht länger ausreichend ist, mittels unbelegter Behauptungen Ängste zu schüren, sondern, dass der Bürger eine fundierte Argumentation erwartet und auch erwarten darf.

posted by Stadler at 21:44  

5 Comments

  1. Wenn Herr Jäger sich gegen rechtsfreie Räume positionieren und berühmt schiessen möchte, kann er ja mal Obama mit seinem ererbten Guantanamo gegen das Bein pieseln.

    Es ist wohl zu befürchten, dass die solange das antesten unter wechselnden Namen, bis Aufrechte wie Sie resigniert haben…

    Comment by Beatbox — 1.03, 2011 @ 22:03

  2. „dass der Bürger eine fundierte Argumentation erwartet und auch erwarten darf.“

    Seit wann den das? Denke, das wird ein Wunschtraum bleiben. Wo sind den die fundierten Begründungen bei anderen Gesetzesvorhaben? Bsp. KV oder RV?

    Comment by Christian — 2.03, 2011 @ 06:39

  3. Meines Wissens konnte man aus Wikileaks herauslesen, dass die USA ein dringendes Interesse an der Vorratsdatenhaltung haben, weil das zur Terrorbekämpfung gehöre.
    Die Anweisung der USA sei so, dass die jeweiligen Regierungspolitiker in Deutschland derartige Dinge durchbringen müssen, egal ob das Grundgesetz dagegen spricht oder nicht. Die deutschen Politiker sollen sich halt was einfallen lassen wie es trotzdem ginge.

    Der Hintergund ist wohl der, dass an solchen Dingen scheints gemessen wird, wer Freund der USA ist und wer nicht. Gewisse Druckmittel oder Diplomatien erreichen scheints bei den jeweiligen Regierenden hier einen Sinneswandel. Auch in USA selbst, wie man bei Obama und Guantanamo sieht.

    Welcher Geist steckt dahinter?

    Comment by Frank — 2.03, 2011 @ 08:35

  4. Meines Wissens konnte man aus Wikileaks herauslesen, dass die USA ein dringendes Interesse an der Vorratsdatenhaltung haben, weil das zur Terrorbekämpfung gehöre.

    Es ist kein Geheimnis, daß besonders das US-Justizministerium immer wieder, d.h. seit Jahren schon, die Vorratsdatenspeicherung fordert und das übrigens auch in einer äußerst „dramatischen“ Art und Weise. Zudem mit auffallend ähnlichen (gleichen) „Argumenten“ wie es auch auf dieser Seite des Atlantiks aus Brüssel zu vernehmen ist. Mir scheint allerdings, daß die „Argumentation“ in den U.S.A. das Thema „Netzsperren“ in Einem mit verwurstet (?), für das sich hierzulande ja eine Extraveranstaltung gegönnt wird.
    Daß beispielsweise das FBI dafür ist, ist ebenfalls weder verwunderlich noch ein Geheimnis und daß in Einem Atemzug auch immer das vorgeschobene Thema „Schutz geistigen Eigentums“ auftaucht ebensowenig. Die Rädchen greifen nun ‚mal ineinander und können m.E. auch ruhig als „Gesamtpaket“ gesehen werden. Die U.S.A. scheinen das (ob bewusst oder unbewusst) wesentlich offensichtlicher zu präsentieren. Hierzulande kann man fast den Eindruck bekommen, daß ganz bewusst die Themen stets getrennt voneinander auftauchen – kann mich aber natürlich diesbzgl. irren…
    (für die Privatwirtschaft wären Nutzerdaten / Nutzerprofile bares Geld, weswegen natürlich auch von denen ein Interesse besteht eine Möglichkeiten zu finden automatisiert Verkehrsdaten mit Bestandsdaten zu „verheiraten“ und in Datenbanken vorzuhalten. Deshalb will ja die content-Mafia unbedingt den ISP in die Pflicht nehmen! Die Datenbanken sind sowieso bereits heute schon outgesourced, siehe z.B. Arvato GmbH, eine Bertelsmann-Tochter)

    Kurzum: „Dieselbe alte Leier“!
    Auch in den U.S.A. ist man übrigens im Anhörungskomitee, ähnlich wie hier, nicht sonderlich erfreut über die sehr vagen und schwammigen „Begründungen“ seitens US-Justizministerium.
    Man darf zudem auch nicht vergessen, daß es in den U.S.A. zum Glück auch solche Gewalten gibt, wie z.B. unser BVerfG oder es auch dort aufmerksame Bürgerrechts-Organisationen gibt wie beispielsweise die „Electronic Frontier Foundation“.
    ————————–
    In vielen Köpfen sind scheinbar noch die „Wirren“ des 11.09.2001 im Gedächtnis eingeprägt. Dabei darf/ sollte man m.E. nicht vergessen, daß der „Kampf/Krieg gegen den Terrorismus“ nicht erst am 11.09.2001 erklärt wurde, sondern bereits in den 1980er Jahren mit der nahezu identischen Rhetorik durch die Reagan-Administration. D.h. der „Kampf/Krieg gegen den Terrorismus“ wurde am 11.09.2001 bzw. aufgrund der Ereignisse sozusagen erneut erklärt!
    Übrigens gibt es in den U.S.A. auch bereits seit 1996 die sog. „“Data Preservation“ („Electronic Communication Transactional Records Act“), also im Grunde dieses „Quick freeze“-Modell welches hierzulande von Fr. Leutheuser-Schnarrenberger und Hr. Schaar geradezu umjubelt wird. Für mich persönlich in dem Zusammenhang übrigens SEHR BEDENKLICH, wenn sich sogar unser oberster Datenschützer für so etwas einsetzt! Die „Datenvermeidung“ (und „Datensparsamkeit“) ist neben der „Zweckbindung“ eins der grundlegendsten Prinzipien des Datenschutzes überhaupt!
    Auch das Thema „Quick freeze“ darf man m.E. also gerne im Hinterkopf behalten… und meiner Meinung nach auch ruhig vor warnen und nicht unbedingt auf den Zug von Fr. Leutheuser-Schnarrenberger und Hr. Schaar mit aufspringen.

    Das kostet zudem alles nur unnötig viel Geld, welches sich die Unternehmen sowieso beim Verbraucher wiederholen würden. Die sollen m.M.n. lieber das Geld für den Ausbau von beispielsweise Glasfasernetz, LTE u.ä. in die Hand nehmen, anstatt ’n digitalen „STASI-Akten-Keller“ zu errichten.
    Im Falle eines hinreichenden Tatverdachtes gibt nach meinem laienhaften Verständnis zumindest sowohl das Grundgesetz als auch das BVerfG grünes Licht für entsprechende Ermittlungen! Also auch selbstverständlich kein „rechtsfreier Raum“! Herr Stadler möge mich bei Irrtum gerne korrigieren!

    @Frank:

    Die Anweisung der USA sei so, dass die jeweiligen Regierungspolitiker in Deutschland derartige Dinge durchbringen müssen, egal ob das Grundgesetz dagegen spricht oder nicht. Die deutschen Politiker sollen sich halt was einfallen lassen wie es trotzdem ginge.

    Interessenshalber: Wo haste das denn her? Kannste da freundlicherweise ’ne Quelle zu angeben!? Danke! Auch wenn offensichtlich die U.S.A. und Europa (EU) eng miteinander klüngeln und besonders Deutschland scheinbar immer noch ‚was gutzumachen hat, so kann auch ein Barack Obama zum Glück nicht machen, was er will. Von einer „US-amerikanischen“ Anweisung zu sprechen halte ich persönlich für sehr abenteuerlich, um das ‚mal vorsichtig auszudrücken. Von daher freue ich mich auf die entsprechende Quellenangabe.

    @Christian:

    “dass der Bürger eine fundierte Argumentation erwartet und auch erwarten darf.”
    Seit wann den das? Denke, das wird ein Wunschtraum bleiben.

    Diese Argumentationen bekommen wir mittlerweile stets im Nachhinein geliefert. Und zwar in Form einer fundierten Begründung seitens BVerfG, weshalb das entsprechende Gesetz geändert bzw. verworfen werden muss…
    ————————–

    Welcher Geist steckt dahinter?

    „Money makes the world go round!“

    Mal sehen, wie der Kampf „Geld regiert die Welt“ gegen „Bundesverfassungsgericht verteidigt Grundrechte der Bürger“ letzten Endes ausgehen wird…

    In diesem Sinne, Kölle Alaaf! Gruß, Baxter

    Comment by Baxter — 4.03, 2011 @ 16:06

  5. Sorry für den „fetten“ Formatierungsfehler! Keine Absicht, sondern ein Versehen.

    Comment by Baxter — 4.03, 2011 @ 16:36

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