Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.3.11

Ein Hauch von Weimar

Die aktuelle Bundesregierung  neigt zu rechtsstaatlich fragwürdigen Handlungsweisen, insbesondere dazu, Gesetze einfach nicht anzuwenden. Aktuellstes Beispiel ist die Ankündigung Angela Merkels Atomkraftwerke vorübergehend per behördlicher Anordnung abzuschalten. Auch wenn man das als Kernkraftgegner noch so begrüßen mag, das Vorgehen ist in dieser Form klar rechtswidrig. Die oft zitierte Vorschrift des § 19 AtomG bietet hierfür keine ausreichende Rechtsgrundlage, denn diese Norm setzt einen Rechtsverstoß oder oder eine konkrete Gefährdungslage voraus. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die von deutschen Reaktoren ausgehenden Gefahren im Laufe der letzten Woche irgendwie verändert hätten. Hinzu kommt, dass durch diese Anordnung „par ordre de mufti“ oder auch „par ordre de mutti“, wie die Spötter sagen, das Gesetz über die Laufzeitverlängerung schlicht missachtet wird.

Die Abschaltung von Kernkraftwerken aus politischen Gründen gehört zu jenen wesentlichen Entscheidungen die dem Gesetzgeber, also dem Bundestag, vorbehalten sind. Diese Missachtung des Parlaments stellt einen Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz dar und offenbart eine verfassungsferne Geisteshaltung der Bundesregierung.

Das Vorgehen Angela Merkels erinnert an das Demokratieverständnis, das den Präsidialkabinetten in der Endphase der Weimarer Republik zu Grunde lag. In einem älteren Beitrag hatte ich bereits die Ansicht vertreten, dass diese Bundesregierung die parlamentarische Demokratie in Frage stellt. Dieser Eindruck bestätigt und verfestigt sich durch die aktuellen Ereignisse. Im politischen Prozess müssen die rechtsstaatlichen Grundregeln eingehalten werden und zwar unabhängig von der politischen Couleur.

Es ist leider nicht das erste Mal, dass die Bundesregierung auf diese Art und Weise agiert. Der in der Öffentlichkeit weniger bekannte Fall der Aussetzung des Zugangserschwerungsgesetzes, mittels eines Nichtanwendungserlasses des Bundesinnenministeriums, folgt demselben Strickmuster. Ein Minister ordnet die Nichtanwendung eines Gesetzes an.

Die aktuelle Bundesregierung hat damit in mindestens zwei Fällen eine Grenze überschritten, die alle bisherigen Regierungen beachtet haben. Die Kanzlerin stellt sich mit ihrem Verhalten über das Gesetz und das Parlament. Man muss der aktuellen  Bundesregierung deshalb eine demokratiefeindliche Gesinnung attestieren.

Im konkreten Fall könnte das eigenwillige Vorgehen den Steuerzahler zudem teuer zu stehen kommen. Denn die Energiekonzerne haben, angesichts der erkennbaren Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Regierung, gute Aussichten Schadensersatzforderungen durchzusetzen.

Die Bundesregierung hätte einfach ein entsprechendes Gesetz in den Bundestag einbringen müssen. Das war, aus Gründen über die man spekulieren kann, politisch aber offenbar nicht gewollt.

posted by Stadler at 11:25  

33 Comments

  1. Danke für die klaren Worte.

    Ich tue mich mit der Spekulation gemäß dem letzten Absatz allerdings schwer. Beim Zugangserschwerungsgesetz ist die Sache halbwegs klar, aber was hat die Regierung davon, das ‚Moratorium‘ nicht in den Bundestag zu bringen? Eine vagere Definition desselben, so daß es leicht wieder beendet und die Reaktoren wieder ans Netz genommen werden können?

    Comment by Stephan Packard — 17.03, 2011 @ 11:30

  2. Danke!

    Das passt wie die Faust aufs Auge:
    http://unkreativ.net/wordpress/?p=11133

    Comment by Stefan — 17.03, 2011 @ 11:33

  3. „Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die von deutschen Reaktoren ausgehenden Gefahren im Laufe der letzten Woche irgendwie verändert hätten.“

    Eine andere Interpretation wäre, dass man anerkennt, dass die Gefahr bereits vorher von diesen Reaktoren ausging, dies aber wissentlich verdrängt hat.

    Comment by Ein Mensch — 17.03, 2011 @ 11:33

  4. Vielleicht sind die nur zu doof ein Gesetz zu schreiben. Hatte der Guttenberg nicht noch in seinem ersten Amt vor ein paar Jahren Ärger bekommen, weil er sich ein Gesetzt von einer Großkanzlei hat schreiben lassen, statt das sein eigenes Ministerium machen zu lassen.
    Wer es nicht kann, wird auch nicht auf die Idee kommen.

    Comment by Matthias Nagy — 17.03, 2011 @ 11:46

  5. Den Bürger und Nichtjuristen holt das schon lang nicht mehr hinter dem Ofen hervor. Schliesslich kennt er „Nichtanwendungserlasse“ im Zusammenhang mit Urteilen in Gerichtsverfahrenen mit den Finanzämtern.

    Comment by Klabauterdoc — 17.03, 2011 @ 11:49

  6. Guter Artikel – das Thema wurmt mich schon seit es auf der schwarz-gelben Agenda aufgetaucht ist. Diese Bigotterie ist einfach nur widerlich. Eigentlich ist es an der Zeit ein „Schwarz-Gelb Failwiki“ einzurichten, zum einen um den natürlichen Durst nach Häme zu stillen, zum anderen um diese und andere Fails für die Nachwelt zu erhalten… zumindest bis zur nächsten Bundestagswahl.
    Was mich interessiert ist, wie der typische „analoge AKW-Gegner“ über das Moratorium denkt. Wird die rechtliche Problematik außerhalb der „Netzcommunity“ auch entsprechend wahrgenommen?

    Comment by jdecken — 17.03, 2011 @ 12:02

  7. Greift hier § 83 StGB (Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens)? Oder kann Merkels Regierung diesen Verfassungsbruch 2x einfach so begehen und dem Volk bliebe nur der Rückzug auf Art. 20, Abs. 4 GG?

    Comment by Alex — 17.03, 2011 @ 12:04

  8. Ich denke das war ein klar bewusster Schritt. Dieses Verhalten hat bisher mehrmals geklappt, klingt in der Bevölkerung als würden sie schnell handeln können und nachher hat sich eigentlich nichts geändert, weil es ja gar nicht geht.

    Erstaunlich, dass eine solche dreiste Verarsche von vielen akzeptiert wird.

    Comment by simonnickel — 17.03, 2011 @ 12:07

  9. @Stephan Packard:

    vielleicht finanzielle Interessen, die eine schnelle Wiederanschaltung und/oder Entschädigung aus der Steuerkasse zumindest langfristig für die Regierenden attraktiv machen (siehe Schröder/Gazprom)?

    Comment by Hugo — 17.03, 2011 @ 12:13

  10. Einerseits kann ich mit ein wenig laienjuristischer Anstrengung nachvollziehen, dass Merkels AtomG-Bezuzg tatsächlich fragwürdig ist und eine staatsrechtliche Verletzung darstellt. Andererseits sieht man an diesem Exempel mal, wie handlungsfähig Politik sein könnte, wenn sie nicht ewig an komplizierte Verfahrensweisen gebunden wäre. Verletzung gegenwärigen Staatsrechts – ja. Notwendigkeit, Politik künftig handlungsfähiger zu machen aber ebenfalls ja. Was letztlich deutliche Änderungen im Staatsrecht erfordern würde. Die Frage ist, welche. Für mich stellt sich also die Frage: wie kommen wir zu politisch handelnden Subjekten, denen wir genügend vertrauen können, dass sie „kurze Dienstwege“ benutzen dürfen?

    Comment by Stefan Münz — 17.03, 2011 @ 12:13

  11. Genau so ist es. Der rechtsstaatlich korrekte Weg geht eben über das Parlament; auch wäre es wohl gangbar, ggf. Hand in Hand mit einem Ausstiegsgesetz über §§ 48, 49 VwVfG die Betriebsgenehmigung zurückzunehmen/zu widerrufen.

    Aber das ist ja gar nicht gewollt – man will die AKW genauso schnell wieder anschalten können wie jetzt ausschalten. Und das geht eben nicht – bzw. nur auf diesem verfassungswidrigen Weg in Kombination mit einem Gentlemen-Agreement mit den Betreibern.

    Comment by crackpille — 17.03, 2011 @ 12:19

  12. @Stefan Münz: Die Argumentation kann ich nicht nachvollziehen:
    Frau Merkel hätte in einer Woche ein Gesetz durch den Bundestag bringen können dass die Atommeiler abschaltet … ohne Schadensersatzrisiko für den Steuerzahler. Das was sie jetzt macht hat mit rechtsstaatlichem Handeln nicht mehr zu tun … und was wenn sie noch auf ganz andere Ideen kommt. Es gibt verdammt gute Gründe, dass wir ein Parlament als Gesetzgeber haben! Alles andere ist verfassungsfeindlich.

    Comment by Cross — 17.03, 2011 @ 12:22

  13. Wer genau verhindert oder ahndet ein solches Vorgehen eigentlich?

    Comment by Stefan — 17.03, 2011 @ 12:25

  14. Sehr guter Artikel.

    Kritik müssen Sie sich allerdings gefallen lassen, weil Sie sich auf die amtierende Regierung fokussieren. Tatsächlich gehört zum demokratischen Spiel stets, dass der Machthaber agiert und die Opposition die Verfassung anruft. In Zeiten von Rot-Grün platzten weit mehr Gesetze an Verfassungshürden, als das für Schwarz-Gelb bislang absehbar ist. Die Spätfolgen kann man bis heute sehen: Gerade hat das Bundesarbeitsgericht die Befristungen von Arbeitsverträgen bei der Bundesagentur für Arbeit aus verfassungsgründen platzen lassen (ein Ergebnis der Hartz-Reformen). Gerhard Schröder hat man zeitweise nicht ganz zu Unrecht der Verfassungsverachtung geziehen.

    Bislang haben sich aber die letzten amtierenden Regierungen weitesgehend an die Schmerzgrenzen gehalten. Ausnahmen (wie bei der Vorratsdatenspeicherung) bestätigen die Regel.

    Comment by Wolf Reuter — 17.03, 2011 @ 12:25

  15. Ich habe noch nicht ganz verstanden, was überhaupt die Rechtsnatur dieses Moratoriums ist, bzw. einen Text gelesen. Das BMU hat mir noch nicht geantwortet. Insofern kann ich das nicht beurteilen.

    Comment by Jens — 17.03, 2011 @ 12:41

  16. „Die Bundesregierung hätte einfach ein entsprechendes Gesetzt in den Bundestag einbringen müssen“
    Es scheint für die derzeitige Bundesregierung aber nichts Schlimmeres zu geben, als der Gedanke, ein Gesetz einzubringen, dass auch von der Opposition voll getragen wird.

    Comment by hoppelhase hans — 17.03, 2011 @ 13:05

  17. @Stephan Packard: Sie hat den guten Willen und weitere Unterstuetzung der Atomindustrie, die damit kurzfristig Schadensersatz erklagen und langfristig mit Verweis auf bestehende Gesetze weitermachen kann.

    Die Handelnden wissen sehr genau, was sie da tun oder nicht tun.

    Comment by Helmut Springer — 17.03, 2011 @ 13:21

  18. „…offenbart eine verfassungsferne Geisteshaltung der Bundesregierung“

    Wie, ist das jetzt neu?

    Kohl, Schröder, Merkel – da hat sich irgendjemand um die Verfassung gekümmert? Da durften doch unzählige Male aufmerksame Bürger das Verfassungsgericht bemühen?

    Die ursprünglich vorgesehene Gewaltenteilung stört doch sowieso jeden. Von der Legislativen zur Judikativen, selbst die Exekutive stört sich dran, nicht gleichzeitig Richter und Henker sein zu dürfen.

    Die parlamentarische Demokratie ist – mit Verlaub – komplett am Arsch. Nicht nur in Deutschland, in der ganzen Welt.

    gruß

    Comment by Frank Schenk — 17.03, 2011 @ 14:46

  19. Also ich finde in schweren Zeiten wie diesen brauchen wir dringend einen starken Kanzler Palpati… äh Merkel.

    Wird Zeit, daß Mutti Merkel sich endlich vom Galaktischen Bundessenat… äh Bundestag zur Imperatrix von Deutschland ermächtigen lässt :-).

    Comment by Spinnzessin — 17.03, 2011 @ 15:00

  20. Wenn die Regierung offensichtlich ein Problem mit dem Grundgesetz hat, müsste sie dann nicht eigentlich vom Verfassungsschutz beobachtet werden und spätestens im nächsten Bericht auftauchen?

    Comment by ich_nich — 17.03, 2011 @ 16:27

  21. Merkel hat tatsächlich mehrere Probleme damit, das Gesetz durch den Bundestag absegnen zu lassen.

    1. Ist es für sie peinlich, wenn sogar die Opposition für ihren Vorschlag stimmt.

    2. Kann sie den Beschluß dann nicht in 3 Monaten ganz leise wieder zurücknehmen, sondern braucht dann erneut die Stimmen, und die wird sie vermutlich nicht bekommen. Die Kraftwerke wären damit endgültig aus.

    Comment by Andreas — 17.03, 2011 @ 16:33

  22. Gibt noch weitere Belege: Das SGB II verletzt die Verfassung regelmäßig. CDU und FDP haben es nun sogar willentlich verschärft, ohne dass es die Öffentlichkeit gemerkt hat. In der Diskussion stand stets der Regelsatz, in der Wirklichkeit geht es aber um die Entrechtung. Dort werden Grundrechte mit Füßen getreten. Geht ja auch nur um Arbeitslose…

    Comment by einmischen2011 — 17.03, 2011 @ 16:37

  23. @Wolf Reuter (#13) Was soll es bringen, von der aktuellen Situation mit Altlasten anderer Regierungen abzulenken? Rechtfertigen läßt sich damit weder das eine noch das andere. Es ist schlicht rechtswidrig, was Frau Merkel & Co. da veranstalten, sofern ich dem RA Stadler seine juristische Qualifikation anerkenne, wobei ich keinen Grund sehe, dies nicht zu tun.

    Wo sind bitte alle diese CDU- Wähler, die die Schandtaten ihrer Spitzenpolitiker mindestens durch ihre Stimme bei Wahlen unterstützen? Wie kann man überhaupt noch an der CDU/CSU- Politik etwas Gutes entdecken? Gerne würde ich mal von Gefolgsleuten der Unionsbasis Argumente vernehmen, weshalb ein vernünftiger und rechtschaffener Mensch diese Partei noch wählen kann. Dass die FDP keinen Deut besser ist, abgesehen von deren Netzpolitik, ist mir bewusst. SPD, Linke und Grüne werden zwar etwas von den Ereignissen seit Guttenbergs Lügenstück profitieren, doch auch diese Fraktionen haben ihre dunklen Stellen. Warum will man nicht mal den Piraten eine Chance geben, zumindest haben die noch nichts verbockt?

    Comment by Johannes Döh — 17.03, 2011 @ 16:44

  24. Man müsste wissen, was CDU und FDP wirklich planen.

    Comment by einmischen2011 — 17.03, 2011 @ 16:55

  25. @Ein Mensch (#3):
    Ob die Sache beim Zugangserschwerungsgesetz klar ist oder nicht, ist unerheblich.
    Eine Regierung gehört zur Exekutive. Die hat bei der Gesetzgebung nichts zu suchen, auch nicht, wenn’s eindeutig ist.

    Klare Worte, danke und super!
    Mich erinnert diese Anwendung der Demokratie allerdings eher an einen Ministerrat.

    Das politische Kalkül ist aber klar:
    man hat erkannt, dass das Gesetz zur Laufzeitverlängerung verfassungsrechtlich nicht besteht und möchte jetzt dieser Wendung zuvorkommen, um sicher politischen Schaden abzuwenden aber auch, um den KKW-Betreibern Schadenersatzklagen zu ermöglichen.

    Behält bitte jemand ein Auge darauf, ob die Regierung Verjährungsfristen ändert? … wenn es einen Deal gibt, werden die Betreiber erst klagen, wenn jemand anderes regiert!

    Comment by Florian — 17.03, 2011 @ 17:02

  26. Eine gute Zusammenfassung, Danke Herr Stadler!

    Mich wurmt dieses Vorgehen sehr, obwohl ich gegen Atomkraft bin. Atomausstieg, ja gerne, aber bitte gut durchdacht und sauber, sowohl staatsrechtlich als auch inhaltlich. Dieser panische und chaotische Aktionismus der Regierung, ausgerechnet bei einer derart einschneidenden Frage, ist unerträglich. Und ich denke, dass sich Merkel verkalkuliert, wenn sie glaubt, dass das Wahlvolk darauf reinfällt. Die Menschen erwarten eine besonnene, vernünftige Politik und nicht wenige haben sie gewählt, weil sie als Physikerin für eine rationale und sachliche Politik prädestiniert schien.

    Im Übrigen hatte Herr Mappus seinen enBW-Deal im Dezember ja ebenfalls am Parlament vorbei gemacht, unter Berufung auf Artikel 81 der Landesverfassung, wonach „im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses“ die Zustimmung des Landtags nachträglich eingeholt werden darf. Was genau dieses so dringliche Bedürfnis war, hat er bis heute nicht glaubhaft erklären können. Ich sehe da einige Parallelen zum Merkel’schen Verhalten. Und nicht nur zu ihr. Ich fürchte, wenn nicht endlich mal ein Ruck der Empörung durch die deutsche Bevölkerung geht und den Politikern klar gemacht wird, was eigentlich ihre Aufgabe ist, haben wir hier bald italienische Verhältnisse.

    Comment by Chris — 17.03, 2011 @ 18:09

  27. Dass unsere Bundesregierung mittlerweile in mehreren Fällen elementarste Verfassungsprinzipien verletzt hat, ist ein Skandal. Dass die Öffentlichkeit das nur am Rande miterlebt, ist vielleicht ein noch größerer. In der Weimarer Republik war das Parlament aufgrund des damaligen Staatsorganisations- und Wahlrechts annähernd handlungsunfähig. Heute sind es andere Gründe. Die Abgeordneten haben sich so daran gewöhnt, nur noch Arbeitsergebnisse der Exekutive abzunicken, dass es sie offenbar gar nicht mehr stört, wenn man sie nun ganz aus dem Spiel lässt. Und die Wähler, bzw. die kritische Öffentlichkeit, haben vergessen wer der eigentliche Souverän ist in der Bundesrepublik Deutschland.

    Merkel, Westerwelle und Röttgen erkaufen sich hier ein, zwei Prozente in den kommenden Landtagswahlen gegen das substanzielle Risiko, die Bundesrepublik Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe auszusetzen. Die Energiekonzerne werden die ad hoc-Abschaltung, die gegen sämtliche Regeln der Rechtsstaatlichkeit verstößt, vermutlich nicht einfach so hinnehmen, sondern Forderungen wegen Amtspflichtsverletzungen und enteignungsgleichem Eingriff geltend machen. Ich meine, man sollte die Parteispitze für die Schäden in Regress nehmen. Nicht nur politisch.

    Comment by Simon Möller — 17.03, 2011 @ 19:04

  28. Ach ja: Ein Gesetz würde gegen die Kosten auch nichts helfen, Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG.

    Comment by Simon Möller — 17.03, 2011 @ 19:07

  29. Danke.
    Vielleicht hat Madam Chancellor die „Du bist Deutschland“ Kampagne einfach nur etwas zu ernst genommen.

    Comment by Kay — 17.03, 2011 @ 20:35

  30. Ich persönlich finde den Vergleich zu der Posse rund um das Thema „Zugangserschwerungsgesetz“ gar nicht mal sooooo verkehrt.

    Unabhängig davon, ob man nun für- oder gegen Atomkraft ist, gehört dieses Thema meiner Meinung nach nämlich ebenfalls international (mindestens aber in Brüssel) diskutiert.

    Auch unabhängig von all den wirtschaftlichen Hintergründen, der Energiethematik insgesamt sowie unabhängig davon, daß ich persönlich im Vergleich zu diversen Nachbarländern bzw. zu diversen globalen Standorten (z.B. die Reaktoren im Erdbeben-Zeitbomben-Gebiet California, U.S.A.), die deutschen Reaktoren noch für technisch relativ (im Verhältnis) sicher halte. Aus Ingenieursicht, wohl gemerkt.

    Genau wie Daten, die mittels INTERconnected NETworks übertragen werden, lassen sich auch beispielsweise sog. „radioaktive Wolken“ nicht durch Landesgrenzen sonderlich beeindrucken…um das ‚mal salopp zu formulieren. D.h., daß die Abschaltung DEUTSCHER Reaktoren nicht unbedingt zielführend ist bzw. sein könnte. Nationalstaatliche Regulierungen greifen bei den Themen m.E. gleichermaßen ins Leere.

    In dem Zusammenhang ist die hier- und da unterstellte Vertagung des Themas bis nach den Landtagswahlen von daher auch durchaus berechtigt bzw. in meinen Augen ein durchaus berechtigter Diskussionspunkt. Diese 3 Monate erachte ich persönlich zudem für eine äußerst ambitioniert bemessene Zeit, um auch ernsthaft (!) erneute (!), umfassende (!) Gefährdungsbeuteilungen unter Berücksichtigung der „neuen“ (in Deutschland als eher unwahrscheinlich anzunehmenden) Sicherheitsgefährdungen an allen deutschen Standorten aussagekräftig zu erstellen. Denn wie Thomas Stadler in seinem Beitrag treffend bemerkt, hat sich innerhalb der letzten Woche für die deutschen Reaktoren -ganz nüchtern berachtet- nichts geändert.

    Wie oben bereits von jemandem erwähnt, erachte auch ich persönlich das Ganze für einen wenig durchdachten Aktionismus.

    Aber das kennen wir alle in letzter Zeit ja nicht anders von „unserer“ amtierenden Regierung. Oder!?

    Dem libyschen Volk, zum Beispiel, könnte man m.E. relativ „einfach“ helfen, wenn man es denn dann auch ernst meinen würde. Naja, das ist ein anderes Thema – auch wenn in beiden Fällen auf den Rücken von toten sowie notleidenden MENSCHEN Politik betrieben wird.
    Schäbig, aber scheinbar ist das wohl (leider) „normal“ geworden. Ich weiß es nicht…

    In diesem Sinne Gruß aus Kölle, Baxter

    Comment by Baxter — 18.03, 2011 @ 00:48

  31. Der Bundestag hat zwar kein Gesetz beschlossen, jedoch in einem Entschließungsantrag (Drucksache 17/5048 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/050/1705048.pdf) die Entscheidung der Bundesregierung über das Moratorium „begrüßt“. Formal rechtlich ändert dies natürlich nichts an Ihrer Argumentation (macht es sogar vielleicht noch schlimmer, da der Bundestag es okay zu finden scheint, wenn die Bundesregierung ohne gesetzliche Grundlage agiert), aber spricht doch sehr dagegen, dass sie politisch Angst vor einer Abstimmungsniederlage im Bundestag hatte.

    Comment by abc — 18.03, 2011 @ 12:30

  32. @#30 Wieso Angst vor einer Abstimmungsniederlage? Wo soll denn die drohende Niederlage gewesen sein?

    Mutti hat aus zwei Gründen kein Gesetz eingebracht:

    1. Würde das eher das Aus für die 8 Meiler bedeuten — da sie sonst in 3 Monaten ein neues Gesetz bräuchte um den Betreibern die Möglichkeit wieder zu geben, diese wieder hochzufahren

    2. Hätte die Opposition mitgestimmt — das geht ja gar nicht! [ich werde nie verstehen, warum es so böse sein soll, wenn mal alle zusammen für etwas sind]

    Comment by Alex — 18.03, 2011 @ 12:44

  33. Ich glaube ja immer noch nicht, dass die vier Riesen gegen die Anordnung klagen werden. Sie ziehen nämlich nur Vorteile aus ihr. Drei Monate lang können sie einen auf betroffen machen und tolle neue Sicherheitschecks und danach einfach weitermachen. Da ja die Extraabgaben zeitlich, die Laufzeiten aber über Restmengen begrenzt sind, machen sie bei der Sache am Ende vielleicht sogar noch plus.

    Comment by VonFernSeher — 18.03, 2011 @ 19:43

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.