Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

7.1.11

OLG Köln zum gewerblichen Ausmaß des Filesharing

Das OLG Köln hat mit Beschluss vom 27.12.2010 – wie bereits vor einigen Monaten – das gewerbliche Ausmaß in Fällen des Filesharing zumindest etwas eingeschränkt. Der 6. Senat des OLG Köln scheint in neuer Besetzung damit einer etwas realitätsnäheren Betrachtung zuzuneigen und geht davon aus, dass bei Musikalben und Filmwerken regelmäßig nur in den ersten sechs Monaten nach Veröffentlichung von einem gewerblichen Ausmaß auszugehen ist. Bei Filmen knüpft das OLG hierbei an den Zeitpunkt der DVD-Veröffentlichung an.

Das Landgericht Köln wird diese Rechtsprechung zum Anlass nehmen müssen, bei der Geltendmachung von Auskunftsansprüchen nach § 101 UrhG das Alter des Werkes zu prüfen und bei älteren Werke eine richterliche Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG zu versagen.

Lesenswert sind auch die Beiträge der Kollegen Vetter und Dosch zum Thema.

posted by Stadler at 14:09  

4 Comments

  1. Wie immer in diesen Fällen hat Otto Normalverbraucher von dem Begriff „gwerblich“ eine andere Vorstellung als die Justiz.
    Wie immer ist die Vorstellung der Justiz unverständlich.

    Was hat gewerblich PRIMÄR mit einem Zeitrahmen zu tun?
    Eine mp3 hochaktuell, die jemand runterläd und für sich nutzt ist gewerblich?
    Das Anbieten von 1 Mio mp3 zu festen Preisen nach 6 Monaten ist nicht gewerblich?

    Logik wo bist du….

    Comment by Christian — 9.01, 2011 @ 09:01

  2. Vor dem Posten … erst den Beschluss lesen, der nachvollziehbar den Unterschied zwischen dem unerlaubten Anbieten eines Werkes und einer Vielzahl von Werken erläutert.

    Im vorliegenden Fall hatte die Constantin Film AG gegenüber zweier Werke Verletzungshandlungen vorgebracht; die Verletzungshandlungen konnten aber nicht einer IP-Adresse zugeordnet werden. Hätte man also eine gleichlautende IP-Adresse erkannt die beide Werke nahezu zeitgleich angeboten hat wäre die Sache für diese IP-Adresse anders verlaufen. (Theoretisch zumindest)

    Genauso würden auch Fälle zu werten sein wenn einer seine komplette 90-Jahre-Sammlung an Musik ins Internet stellt. Das Alter der Aufnahmen wäre egal.

    Man darf diese Geschichte auch nicht aus der falschen Sicht heraus betrachten. Es liegt als erstes Mal am Rechteinhaber die Schwere einer Verletzungshandlung einzuschätzen.

    Etwas sehr spät werden nun langsam Kriterien durch das OLG Köln aufgestellt wie Richter mit der Sichtweise der Rechteinhaber umzugehen haben.

    Comment by Shual — 9.01, 2011 @ 12:26

  3. Beim Kollegen Vetter stimmt zumindestens das angeblich „nicht vorhandene“ Rechtsmittel seit dem Famfg nichtmehr.

    Comment by Ahoi Brause — 9.01, 2011 @ 22:25

  4. Was hat gewerblich PRIMÄR mit einem Zeitrahmen zu tun?

    Nix! Das weiß eigentlich auch jeder, nur müssen wir uns jetzt mit dem Resultat rumärgern daß in dem Fall der Gesetzgeber größtenteils die Lobby-Verbände waren. Google diesbzgl. nach „Forum der Rechteinhaber“ plus „Korb II“. Übrigens hat die Änderung von §10 UrhG erst die „Fließbandarbeit“ ermöglicht. Das war alles säuberlich durchgeplant…
    Im Bezug auf das gewerbliche Ausmaß sollte man sich m.E. am besten noch einmal die Entwicklung dieser Thematik vor Augen führen. Rückblick:
    Vor dem 01.09.2008 (Einführung Korb II inkl. Auskunftverfahren gemäß § 101 UrhG) wurde noch von den Staatsanwaltschaften beauskunft. Irgendwann hatten die keinen Bock mehr und haben für sich eine „Bagatellgrenze“ definiert und vermehrt eingestellt. Diese für Abmahner besonders profitbringenden „EINE mp3-Datei“-Geschichten wären schon gar nicht mehr möglich gewesen, egal wie alt oder neu das „Werk“ z.B. auch gewesen sein mag.
    Das war natürlich auch ein Grund, weshalb sich die Content-Branche gezwungen sah ‚mal wieder ’n paar Millionen für Lobby-Arbeit in die Hand zu nehmen um sich nach Möglichkeit das UrhG „einfach“ selbst anzupassen (die „Körbe“ kommen schließlich nicht von ungefähr und sind im Grunde Wunschkonzerte der Lobby-Verbände!). Dazu wurden diverse Gutachten beauftragt, (gefälschte) Statistiken veröffentlicht, offene Briefe an die Kanzlerin mit Unterschriften von „Künstlern“ versendet… u.s.w. u.s.f.
    Eins dieser Gutachten, zum Thema „Bagatellgrenze“, wurde vom IFPI e.V. (heute: BVMI e.V.) und dem Boersenverein e.V. beauftragt und vom Fraunhofer Institut erstellt. Das Gutachten (welches technisch i.O. ist) kommt zu dem Ergebnis (stark verkürzt), daß die Anzahl der vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen, d.h. die Anzahl der Dateien und die Anzahl der uploads pro Datei, nur sehr schwer (legal) ermittelbar ist weshalb bei einer Bagatellgrenze die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen sowieso ins Leere laufen würden. Siehe dazu z.B. oben erwähnte „Stellungnahme der Rechteinhaber“. Zitat:
    Dem Rechteinhaber ist es demnach technisch nicht möglich,ein „gewerbliches“ Handeln seitens der Nutzer des Systems darzulegen

    Damit ist der erste Teil von § 101 Absatz 1 UrhG sowieso hinfällig:

    Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben.

    Bleibt also die „Schwere der Rechtsverletzung“ übrig!
    Persönliche Meinung: Diesbzgl. muss nun ‚mal irgend etwas konstruiert werden, um nicht zugeben zu müssen daß das Ganze im Grunde Schwachsinn ist. Der Eine (~ Richter) definiert es über Verkaufsphasen, ein anderer (~ Richter) ob es z.B. um ein ganzes Album geht und wieder ein anderer (~ Richter) schaut sich die Chartplatzierungen an, also ob ein Werk erfolgreich war oder nicht.
    Da stellt sich mir persönlich gleichzeitig die Frage, was das denn eigentlich noch mit dem Urheberrechtsgesetz als solches zu tun hat, Vgl. § 11 UrhG:

    Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes.

    Abschließend: Eine Betrachtung der Interessen findet in den Fällen auch nicht mehr statt. Ursprünglich sollte im Zusammenhang mit dem Auskunftverfahren Art. 14, GG auf der einen Seite mit Art. 10, GG (teilweise inkl. Art. 2, GG) auf der anderen Seite ins Verhältnis gesetzt werden um die Interessen auszugleichen.

    Frage @all: Artikel 14, GG sichert das „Grundrecht auf Eigentum“. Richtig? Artikel 14, GG sicher aber nicht etwa ein „Grundrecht auf Profit“!? Auch richtig? Wie rechtfertigt denn dann eine 6-monatige Verkaufsphase die Einschränkung von Grundrechten gemäß § 101 Abs. 10 UrhG? Weshalb wird § 101 Abs. 10 UrhG eigentlich stets ignoriert?

    Wer kann mir das freundlicherweise erklären?

    Danke und Gute Nacht, Baxter

    Comment by Baxter — 10.01, 2011 @ 01:42

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