Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.11.10

Das Verpixelungsrecht

Die Street View Debatte halte ich seit längerer Zeit für ein Ärgernis. Dass deutsche Politiker und Medien ein Thema angeheizt haben, das von den wirklich relevanten Datenschutzfragen ablenkt, gibt zu denken.

Dass dann auch noch ein halbwegs prominenter US-Blogger über das deutsche Verpixelungsrecht schwadroniert – von der ZEIT überflüssiger Weise noch übersetzt – ist ebenso deplatziert wie die einheimische Debatte.

Um es kurz zu machen: Es gibt kein deutsches Verpixelungsrecht. Der Bundesrat hätte ein solches Recht gerne geschaffen, was die Bundesregierung aber abgelehnt hat. Niemand konnte Google daher dazu zwingen, diese Widerspruchsmöglichkeit (Verpixelung) anzubieten. Google hat es trotzdem getan, aber nicht aus juristischen Gründen. Jarvis hätte also besser gefragt: „Google, what have you done?“

posted by Stadler at 21:56  

16 Comments

  1. Der Beitrag verkennt die Realität. Deutsche Politiker, Regierungsmitglieder, die Grünen, Datenschützer und andere mehr oder weniger Berufene veranstalten in Verbindung mit den Medien eine andauernde Desinformationskampagne im Stile einer Treibjagd gegen Streetview und Google allgemein und fordern „Privatshäre“ für Öffentlichkeit. Der BKA Chef will prüfen, ob man virtuell auf Streife gegen kann, was einmal mehr zeigt, wie unfähig Führungskräfte und Wortfühere in der Republik sind. Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johann Caspar warf Google inzwischen vor, gegen eine Vereinbarung verstoßen zu haben, weil die ersten Streetvie-Bilder zeigten, dass einige Häuser nicht bzw. nicht richtig verpixelt wurden. Die Datenschützer maschieren in vorderster Front, wenn es gilt Google Bashing zu betreiben, auch und gerade beim Thema Streetview. Man droht gar mit den Parlamenten und Gerichten, sollte Google hier nicht nachbessern. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgen solche Drohungen? Egal, sie werden einfach ausgesprochen und willig verbreitet, auf dass es dem deutschen Michel ordentlich gruselt vor Streetview, Google und seiner Macht, er drängendere Probleme verdrängt und womöglich glaubt :“die tun was, die Datenschützer, Politiker, Medien“. Andere Anbieter ähnlicher Dienste werden nicht annähernd so attackiert, obwohl deren Bilder sich länger im Netz befinden. Und in einer derart aufgeheizten Atmosphäre soll nun Google daran schuld sein, wenn man dem Kesseltreiben nachgibt?

    Comment by M. Boettcher — 5.11, 2010 @ 23:32

  2. Stimmt, es gibt kein „Verpixelungsrecht“. Allerdings gibt es Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, wenn das Recht am eigenen Bild, Persönlichkeitsrechte oder Urheberrechte verletzt werden, was zwar durch Google Street View nicht generell geschieht, aber in Einzelfällen eben doch (z.B. bei diskreditierenden Personen-Abbildungen oder bei Überschreitung der Grenzen der Panoramafreiheit).

    Richtig bleibt dennoch, dass ein willkürlicher Anspruch auf Widerspruch oder Verpixelung bei Abbildung von Straßenfronten nicht normiert ist … und dass der Street View Hype von dramatischeren und existentielleren Datenschutz-Themen (wie z.B. JMStV, Internetsperrren, Datenhandel etc.) in nicht zielführender Weise ablenkt.

    Comment by Ralf Petring — 5.11, 2010 @ 23:44

  3. Da in Deutschland die Diskussion um die genaue Grenzziehung zwischen Privat- und Sozialsphäre und die digitale Öffentlichkeit erst entbrannt ist, die an der Diskussion beteiligten Parteien über die Basis der Diskussion uneins sind, bliebt nur das schriftliche opt-out… aus Sicht von Google. Eigentlich beschämend für DE…

    Und mal ehrlich – WEM nützen verpixelte Häuserfronten?

    Comment by Michael Schratz — 6.11, 2010 @ 01:06

  4. Ich habe letztens dazu einen Kommentar gelesen, von jemandem, der sein Haus verpixeln ließ: „Mein Haus gehört mir und nicht der Öffentlichkeit.“

    Ich frage mich, warum er dann keinen 5m hohen Zaun um sein Haus baut…

    Comment by Brandenburgerin — 6.11, 2010 @ 10:04

  5. @brandenburgerin, weil das noch ein Unterschied ist, ob etwas im Internet verewigt ist oder nicht.

    Comment by fernetpunker — 6.11, 2010 @ 12:13

  6. „Ich frage mich, warum er dann keinen 5m hohen Zaun um sein Haus baut…“

    Z.B. weil das Nachbarschaftsrecht oder das Baurecht selbiges verhindert, die Kosten sehr hoch sind, der Bewohner die Ansicht von Gefängnishöfen nicht mag oder gern mit seinen Nachbarn über den Zaun hinweg schwatzt, dazu aber ungern auf eine Leiter steigt.

    Die „Lösung“ des Problems kann m. E. nicht darin bestehen, den Verpixelungswütigen Versäumnisse vor zu werfen, sondern die völlig falschen und m. E. teils von zweifelhaften Motiven geleiteten Behauptungen von Politikern, Datenschützern und Anti-Google-Medien richtig zu stellen. Dass die Veröffentlichung der Häuserfronten letztlich nicht verhindert werden kann, dafür werden hoffentlich genug Leute sorgen, die möglichst jedes verpixelte Haus an anderen Stellen im Internet zeigen wollen. Nicht, um die Bewohner zu ärgern, sondern um weiteren Angriffen auf die sogn. Panoramafreiheit zu begegnen. Sonst kommt irgendwann noch jemand auf die Idee die (Gebühren-)Hand auf zu halten, wenn ich unser Rathaus fotografieren will.

    Comment by M. Boettcher — 6.11, 2010 @ 13:05

  7. @fernetpunker: Rechtlich ist das falsch. Es war bereits 1920 legal das ins Internet zu stellen, es fehlte eher an der technischen Möglichkeit.

    Das mit den Zäunen hilft allerdings auch nicht: der Luftraum ist ebenfalls zur Nutzung freigegeben.

    Man kann dazu nur sagen: es gehört zur sozialen Realität, dass es eine Öffentlichkeit gibt, der man sich nicht abschließend und endgültig entziehen kann. Das muss man nun mal einfach so hinnehmen. Wem das nicht passt, der muss sich eine Höhle in den Anden kaufen und die nicht mehr verlassen. Dann kann vlt. noch den Eingang der Höhle betrachtet werden, die Grenze des sozialen Kontakts ist dann aber wenigstens klar gezogen.

    GSV zeigt mal wieder: die Menschen wollen das ja aber gar nicht. Die wollen den Kuchen behalten und ihn essen. Ganz selbstverständlich werden auch die GSV-Agnostiker weiterhin Telefonbücher, Straßenpläne und Navigationssysteme nutzen, ohne sich bewusst zu werden, dass sie gerade datenschutztechnisch nichts anderes nutzen, als das was sie da kritisieren.

    Comment by Kommentator — 6.11, 2010 @ 13:12

  8. @Kommentator, ich habe nicht behauptet, dass Google Street View illegal wäre. Ich kann nur verstehen, wenn Eigentümer nicht wollen, dass ihr Haus im Internet veröffentlicht wird.

    Comment by fernetpunker — 6.11, 2010 @ 15:10

  9. @6

    Und wenn sich die Definition von „Öffentlichkeit“ ändert – und das ist der wesentliche Punkt – muss man das hinnehmen?

    Eben war die „Öffentlichkeit“ der übliche Verkehr in der Gegend und nun ist es die ganze Welt

    Comment by Christian — 6.11, 2010 @ 18:42

  10. Telemedicus hat folgenden Artikel von Don Alphonso verlinkt,
    http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~EEBDB3498BCFF4CCAA7169A5943112FA7~ATpl~Ecommon~Scontent.html
    der das Ganze recht schön aufgreift.

    Comment by ElGraf — 6.11, 2010 @ 20:35

  11. @ElGraf: Sofern man der Polemik von Don Alphonso etwas abgewinnen kann.

    Comment by Stadler — 7.11, 2010 @ 11:33

  12. @M. Bottcher: Mir ging es hier bestimmt nicht um ein Google-Bashing. Wer meine anderen Beiträge zum Thema kennt, weiß das.

    Das Verpixelungsrecht, das Jarvis postuliert, gibt es nach geltendem Recht nicht. Un d darauf wollte ich hinweisen.

    Dass Google dem öffentlichen Druck und auch dem der Datenschützer nachgegeben hat, stelle ich gar nicht in Abrede.

    Comment by Stadler — 7.11, 2010 @ 11:36

  13. Oh ja, oh ja, Herr Wichtig wohnt in der Poststraße 3.
    Sein Haus ist verpixelt.
    Aha, er will nicht gefunden werden.
    Bei Jauch lernen die Dümmsten, daß Haus 3 zwischen
    Haus 1 und Haus 5 liegen müßte.
    es fällt mir schwer so einen Schwachsinn zu schreiben
    Die Eigentümer ausgedehnter Privatforsten werden
    auch noch darauf kommen, daß verpixelte Fotos ihrer
    Liegenschaften einer Unterholzverkotung durch Fiffis
    entgegen wirkt.
    Übrigens: Don A. ist garnicht so. Er will nur schreiben.

    Comment by oldman — 7.11, 2010 @ 12:27

  14. @Stadler: Ich nahm an, dass aus meinem Kommentar #1 deutlich genug hervorgeht, dass sich der Vorwurf des Google-Bashing auf die aufgeführten Gruppen, insbesondere Datenschützer wie den aus Hamburg bezieht. Es war zu keiner Zeit meine Intention Ihnen selbiges vorzuwerfen. Es ging mir lediglich um die Skizze der Atmosphäre, in der Google sein Projekt in Deutschland realisieren kann. Auch wenn ich Jarvis Schlüsse für zu simple halte und Don Alphonsos Replik für ähnlich unsinnig, so kann man m. E. nicht den Hauptfehler bei Google suchen. Die letzte Bemerkung im Blogeintrag „Google, what have you done?“ interpretiere ich nun tatsächlich so, dass Sie das jedoch tun. Tatsächlich habe ich mit gewünscht, dass Google den Forderungen nach Verpixelung der Häuserfronten nicht nachgekommt. Nicht, weil ich das Projekt insgesamt befürworte, es ist mir eher egal, sondern weil ich es unerträglich finde, dass ohne Rechtsgrundlage Druck ausgeübt wird. Google wird vermutlich pragmatisch entschieden haben, dass eine Auseinandersetzung mit Politik, Datenschützen und Medien unabhängig von der Rechtslage wenig erquicklich und ggf. teuer ist. Da ich durchaus vergnügungssüchtig bin, hätte ich allerdings gern zugesehen, wie sich die Politiker und Datenschützer, denen wirksamer Datenschutz ansonsten ziemlich schnuppe ist, blamieren. Vielleicht kommt aber angesichts der weiter ziemlich grundlosen Schelte der Datenschützer doch noch der Punkt, wo Google feststellt, dass das Maß voll ist.

    Comment by M. Boettcher — 7.11, 2010 @ 17:37

  15. @M. Boettcher: Da möchte ich gar nicht widersprechen. Sehe das recht ähnlich. Google hat dem politischen und öffentlichen Druck nachgegeben.

    Comment by Stadler — 7.11, 2010 @ 21:00

  16. @10. Ich kann Polemik häufig etwas abgewinnen, vor allem wenn sie sich nicht als rechtliches Argument tarnt.

    Comment by ElGraf — 8.11, 2010 @ 18:00

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