Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

25.9.10

Schlappe für bayerisches Innenministerium (aida)

Im bayerischen Verfassungsschutzbericht 2008 wurde der vielfach ausgezeichnete Verein“a.i.d.a.” (= Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e.V.) unter “sonstige Linksextremisten” geführt. Eine tragfähige Begründung hierfür ist das bayerische Innenministerium stets schuldig geblieben.

Das hat jetzt auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 23.09.2010 (Az. 10 CE 10.1830) so gesehen und die vorläufige Schwärzung des Eintrags im Verfassungsschutzbericht angeordnet. Die Richter fanden deutliche Worte in Richtung des Innenministeriums. Nach der Einschätzung des VGH enthält der Bericht ein „nicht ansatzweise durch tatsächliche Anhaltspunkte nachvollziehbar belegtes Negativurteil„.

Diese willkürliche Qualifizierung eines Vereins, der nach Ansicht vieler gute und wichtige Arbeit geleistet hat, ist eines demokratischen Rechtsstaats unwürdig und wirft einmal mehr ein fragwürdiges Licht auf die Verfassungsschutzbehörden. Der Streit ist damit vermutlich aber noch nicht beendet, denn der Verfassungsschutzbericht 2009 enthält dieselbe Einstufung erneut. Innenminister Joachim Herrmann erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung (Ausgabe v. 25./26.09.2010, S. R9) auch, dass man gar nicht daran denke, die Entscheidung zu revidieren.

Man wird sich angesichts einer solchen Haltung die Frage stellen müssen, ob es nicht der bayerische Innenminister und der Verfassungsschutz sind, die nicht verfassungskonform agieren.

posted by Stadler at 20:46  

5 Comments

  1. Dies ist etwas, für das ich kein Verständnis habe. Wenn sich jemand, der ein öffentliches Amt bekleidet, absichtlich gegen das Gesetz stellt, viel schlimmer noch, gegen die Verfassung, dann sollte er ohne Umschweife entfernt werden können.

    Die Aufgabe der Politik und insbesondere eines Innenministers wäre es, die Verfassung zu schützen und zu achten. Dies ist das Kernelement jeder Demokratie.

    Daher frage ich: ist dies noch eine Demokratie?

    Comment by Theoretiker — 25.09, 2010 @ 20:58

  2. @Theoretiker: Ich habe den glauben daran das wir in eine Demokratie leben eigentlich schon länger aufgegeben.
    Das ganze sehe ich nur noch als (Rechts)Staat der auf demokratischen Gedanken basiert, ohne sich wirklich Demokratie nennen zu dürfen.

    Zur Verteidigung muss ich allerdings auch sagen, das mir kein Land einfällt das aus meiner Sicht die Kriterien einer vollwertigen Demokratie erfüllt.

    Bevor jemand jetzt anfängt zu meckern, ja ich weiß das ich auf hohem Niveau meckere.

    Comment by Anno — 25.09, 2010 @ 21:51

  3. Die Frage, ob dies, also Bayern bzw. Deutschland noch eine Demokratie ist, stellt sich m. E. seit der Gründung von Geheimdiensten bzw. Verfassungsschutzämtern nicht mehr. Der Verfassungsschutz wurde nie und wird nicht zum Schutz der Demokratie eingesetzt, sondern immer nur als Machtinstrument der Herrschenden.

    Comment by M. Boettcher — 26.09, 2010 @ 11:27

  4. @Theoretiker
    Was Schily, Schäuble und jetzt Meziere im Grpßen machen, wollen die kleinen natürlich auch machen.

    Gegen geltendes Recht agieren gehört doch bei Schwarz-Geld zum guten Ton. So einfach ist das.

    Comment by Felix Nagel — 29.09, 2010 @ 10:43

  5. Habe mir eben die „geschwärzte Fassung“ des 2008er Berichtes angesehen. Auf den Seiten 205, 209 und 264 wurden schwarze Balken über den Text gelegt.

    Dumm nur: Bei den Balken handelt es sich um dicke, schwarze Linien, die sich zumindest im FoxitReader mit fünf Klicks entfernen lassen (Rechtsklick auf Linie > Open Properties … > Haken bei „Locked“ entfernen > Close > „Entf“ drücken).

    Mein Fazit: Nicht wirklich sinnvoll … ;-)

    Comment by tim — 4.10, 2010 @ 17:34

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