Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.7.10

Die Raubkopien und der Diebstahl geistigen Eigentums

In den Blogs wird gerade darüber diskutiert, ob man immaterielle Güter stehlen kann oder die Rede vom Diebstahl geistigen Eigentums nicht bereits aus sprachlichen Gründen verfehlt ist und den Blick auf eine sachgerechte Betrachtung der Thematik versperrt. Sowohl der Diebstahl als auch der Raub im Rechtssinne setzen eine Wegnahme voraus. Wenn Musik online getauscht und kopiert wird, kommt allerdings nichts weg, vielmehr tritt der gegenteilige Effekt ein, die Dateien vermehren sich sogar.

Jetzt kann man zudem wie Thomas Hoeren fordern, endlich auf den dummen Begriff des „geistigen Eigentums“ zu verzichten. Das ist freilich wenig realistisch, wenn man bedenkt, dass das Bundesverfassungsgericht immaterielle Rechtsgüter wie das Urheberrecht ausdrücklich dem Eigentumsschutz von Art. 14 GG unterstellt und expressis verbis von geistigem Eigentum spricht. Und auch international ist der BegriffIntellectual Property“ (IP) geläufig, der u.a. durch die mächtige WIPO, die den Begriff auch in ihrem Namen trägt, propagiert wird.

Wir können anstatt von Diebstahl und Raubkopien natürlich auch juristisch korrekt von unerlaubter Vervielfältigung und dem öffentlichen Zugänglichmachen urheberrechtlich geschützter Werke sprechen. Diese sperrigen Rechtsbegriffe sind mir bisher in der öffentlichen Diskussion aber auch eher selten untergekommen. Und die Industrie hat natürlich auch ein Interesse daran, Rechtsverletzer zu kriminalisieren und deshalb von Raub und Diebstahl zu sprechen. Das ist Teil des Meinungskampfs, der eben auch durch Kampbegriffe geprägt wird.

posted by Stadler at 14:42  

4 Comments

  1. Das heißt aber doch nicht, daß man diese Kampfbegriffe selbst benutzen und weitertragen muß, auch wenn die sperrigeren, aber korrekten Begriffe nicht so wirklich twitter-kompatibel sind. ;-)

    Gruß, Frosch

    Comment by Sabine Engelhardt — 8.07, 2010 @ 14:51

  2. Mit der umgangssprachlichen Verkürzung auf ‚Diebstahl‘ könnte ich noch leben, immerhin wird hier tatsächlich ein Wert genommen [wenn auch nicht das Werk an sich, sondern eine vernünftige Vergütung des Künstlers]. Allerdings geht mir der ‚Raub‘ massiv auf die Eier – Himmel, jetzt beginne ich schon wie die Lobbyisten zu schreiben! -, da hier eine Gewalttat impliziert wird. Das wissen nicht nur Juristen, auch der nette Mann auf der Straße oder seine Frau verbinden Raub mit Gewalttätigkeit. Das ist aber nicht mehr nur scharfe Rhetorik oder Polemik, das ist Propaganda der Brunnenvergiftersorte.

    Comment by Dierk — 8.07, 2010 @ 15:53

  3. Gerade weil es sich bei „Raubkopie“ und „geistiges Eigentum“ um Kampfbegriffe der Auseinandersetzung handelt, sollte man deren Verwendung vermeiden und auf sachlicher Ebene diskutieren. „Raub“ findet m. E. längst an anderer Stelle statt; weitgehend vom Staat geschützt udn gefördert, nachdem Lobbyisten massiv Einfluß nahmen und vermutlich auch Geld floss und fliesst. Wenn es z. B. nach den Verlegern geht, soll selbst geistiger Dünnschiss a la BLÖD-Zeitungschlagzeile demnächst geschützt sein, wenn er auf einer Verlagsseite publiziert wird. Für Mobiltelefone wollen die Verwertungsgesellschaften Geld sehen, egal ob man mit den Dingern überhaupt kopiert bzw. kopieren kann oder nicht. Auf PC, Brenner, Scanner, Drucker, Festplatten, Monitore, Tonband, MC, CD, DVD und mehr zahlt man Abgaben, deren Sinn und Berechtigung mindestens fragwürdig sind. Stellt ein Kneipenwirt den Fernseher vom Wohnzimmer ins Lokal, ist es eien öffentliche Aufführung, für die man GEMA zahlen muss, weil „vermutet“ wird, sie sei dazu berechtigt, selbst wenn der Urheber der jeweils übertragene Nationalhymne davon nichts hat. Welche Schöpfungshöhe Reporterkommentare wie „Lahm, Schweisteiger, wieder Lahm“ haben, wird nicht ansatzweise hinterfragt; man ist ja im Recht. Der Reporter sieht aber von den kassierten Geldern keinen müden Cent. Abmahnanwälte sacken Millionen ein und Abzockseiten können, wie vorher Dialeranbieter, seit Jahren ungestört ihren Geschäften nachgehen. Den Politikern, überwiegend netzfern, ist es wichtiger den Sonderwünschen Springers, Bertelsmänner, Gruners und Jahrs nachzugeben, als der Ausbeutung und Kriminalisierung weiter Kreise der Bevölkerung entgegen zu wirken.

    Comment by M. Boettcher — 8.07, 2010 @ 19:02

  4. „Das Netz ist wie ein Blatt Papier. Es ist nichts als ein weiteres Werkzeug für die Kommunikation und kann als solches genutzt und auch missbraucht werden.“
    Vint Cerf, Miterfinder der grundlegenden Netzwerkprotokolle TCP/IP, „Vater des Internets“, Vice President bei Google (http://www.google.de/corporate/execs.html#vint)

    Gruß, Baxter
    ________________________________________
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    Comment by Baxter — 8.07, 2010 @ 23:03

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