Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.2.10

Warum der BKA-Präsident weiterhin für Netzsperren ist

Ein Interview des Präsidenten des Bundeskriminalamts Jörg Ziercke, in dem er sich u.a. erneut für Netzsperren und die Umsetzung des Zugangserschwerungsgesetzes ausgeprochen hat, erregte am Wochenende die Gemüter.

Dabei ist die Aussage Zierckes, Websperren würden abschreckend wirken, nur eine weitere nicht belegbare These der Gesetzesbefürworter, die wegen ihrer offensichtlichen Unrichtigkeit keine inhaltliche Auseinandersetzung lohnt.

Viel interessanter erscheint mir die Frage, weshalb gerade der BKA-Präsident einer der stärksten Befürworter dieses Gesetzes ist. Denn auch Ziercke weiß, dass dieses Gesetz keinen effektiven Beitrag zur Bekämpfung der Kinderpornografie leisten kann. In Wirklichkeit geht es, wie so oft, um Kompetenzen, Einfluss und Macht.

Das Bundeskriminalamt ist nach wie vor primär eine Koordinierungs- und Sammelstelle, der es an originären polizeilichen Befugnissen fehlt. Das ist Ziercke ein Dorn im Auge, er möchte das BKA gerne zu einer mächtigen Bundespolizei umbauen. Das kann aber nur dann funktionieren, wenn der Gesetzgeber in verschiedenen Bereichen neue Kompetenzen zugunsten des BKA schafft. Und hierbei ist das Zugangserschwerungsgesetz ein Baustein. Ziercke wird also immer solche Bestrebungen unterstützen, die auf die Erweiterung der Kompetenzen des BKA abzielen. Sachliche Notwendigkeiten sind insoweit kein Kriterium. Politiker lassen sich hierfür leider sehr gerne von den „Experten“ des BKA instrumentalisieren und einen entsprechenden Handlungsbedarf einreden.

In einer Vielzahl von älteren Beiträgen und einem Brief an den Bundespräsidenten, habe ich erläutert, was in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gegen Access-Sperren spricht.

posted by Stadler at 13:00  

5 Comments

  1. "Weshalb gerade der BKA-Präsident einer der stärksten Befürworter dieses Gesetzes ist"? Weil dieser Herr von der gesamten Materie ebenso bekannter- wie eingestandenermaßen keine Ahnung hat. Er sagt eben nur das, was sein Mitarbeiter ihm aufschreibt.

    Comment by RA JM — 1.02, 2010 @ 14:31

  2. Das sollte er nach einem Jahr Gegenargumentation inzwischen wissen. Sich hinter seinen Mitarbeitern zu verstecken, wenn man weiss, dass man in ein Wespennest gestochen, halte ich für sehr armselig, vor allem bei einem so hochrangigen Beamten.

    Comment by Jochen — 1.02, 2010 @ 14:46

  3. 1. Warum wird die Fragestellung des Bundespräsidenten nicht veröffentlich. Immerhin handelt es sich um ein im Bundestag verabschiedetes Gesetz. Die Abgeordneten (und die Bürger) haben m.E. ein Recht auf Information, wenn der Bundespräsident Fragen zum Gesetz stellt.
    2. Frage an den Bundespräsidenten: Weshalb erhält er auf seine Fragen innerhalb von 3 Monaten keine Antwort. Kann er dies akzeptieren, als 1. Mann im Staate?
    3. Frage an die Regierung: Der Bundespräsident hat zu dem Gesetz Fragen gestellt. Warum werden diese nicht veröfflicht, nachdem das Gestz im Deutschen Bundestag öffentlich verabschidetet worden ist. Ist dies nicht eine Missachtung des Parlaments?
    4. Frage an die Bundesregierung: Ist die seit Monaten ausstehende Beantwortung der Fragen des Bundespräsidenten nicht eine Missachtung des Amtes?
    5. Warum hat bislang keine der im Bundestag vertretenen Parteien eine Anfrage gestartet, um Informationen zu dem in Schwebe befindlichen Gesetz einzuholen.

    Comment by GustavMahler — 1.02, 2010 @ 14:48

  4. Diesem Artikel ist nichts hinzuzufügen. Das Behörden, gleich welcher Art, immer nach Kompetenzerweiteterungen greifen werden, ist nichts Neues. Bleibt zu hoffen, dass dies dem BKA nicht gelingt.

    Viele Grüße
    Matthias

    Comment by Matthias Heppner — 2.09, 2010 @ 15:01

  5. […] Antwort liegt in einem Blog-Eintrag, den der bekannte Rechtsanwalt Stadler im Internet-Law-Blog schrieb: Denn auch Ziercke weiß, dass […]

    Pingback by Der tiefere Blick durchs Okular - genauer hinsehen » Blog Archiv » Zierckus Zensurium — 2.09, 2010 @ 15:29

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