OLG Köln: Haftung des Anschlussinhabers beim Filesharing
Verschiedene Gerichte bejahen eine Haftung des Inhabers eines Internetanschlusses in den Fällen des Filesharings und zwar nicht nur auf Unterlassung, wie z.B. das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 27.05.09 entschieden hat, sondern auch auf Erstattung von Abmahnkosten, wie das OLG Köln in einem Urteil vom 23.12.2009 (Az.: 6 U 101/09) jüngst meinte.
Entscheidungen dieser Art werfen zahlreiche Fragen auf, die endlich einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen. Eine Verantwortlichkeit als lediglich mittelbarer Störer setzt nach der Rechtsprechung des BGH die Verletzung von zumutbaren Prüfpflichten voraus. Ist es dem Anschlussinhaber aber tatsächlich möglich und zumutbar, laufend das Nutzungsverhalten seiner Kinder oder seines Ehegatten zu überwachen und zu überprüfen? Mir erscheint die Rechtsprechnung, die das großzügig bejaht, als äußerst weltfremd.
Wenn es um Schadensersatz- oder Aufwendungsersatzansprüche geht, stellt sich zudem die Frage, ob nicht die Haftungsprivilegierungen der §§ 7 ff. TMG eingreifen können. Eine Frage, die die Instanzgerichte freilich bislang erst gar nicht stellen.
Macht die Bereitstellung eines Internetzugangs, z.B. mittels eines W-LANS, für im Haushalt lebende Familienangehörige den Anschlussinhaber zu einem Diensteanbieter nach dem TMG und damit zu einer Art Access-Provider? In den Fällen, in denen jemand ein Internetcafe betreibt, Hotspots an Flughäfen unterhält oder als Hotelier den Gästen Internetzugang anbietet, wird diese Frage zumindest schon erörtert. Diese Überlegungen lassen sich aber auch auf den Anschlussinhaber übertragen, der nur seinen Familienangehörigen oder Mitbewohnern den Internetzugang zur Verfügung stellt. Es handelt sich nämlich auch dabei um eine Form der Vermittlung des Zugangs zum Internet, die sich zwanglos unter die Vorschrift des § 8 TMG subsumieren lässt. Das bedeutet dann freilich aber, dass dieser Zugangsprovider als Nichtverantwortlicher zu qualifizieren ist, womit Ansprüche auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz gegen ihn ausscheiden.
Man darf gespannt sein, ob die Rechtsprechung diese rechtliche Schlussfolgerung irgendwann ziehen wird. Derzeit scheinen mir viele Urteile eher von der Haltung geprägt zu sein, dass irgendjemand einfach haften muss. Und diese Haltung wird anschließend nur noch notdürftig und wenig überzeugend juristisch eingekleidet.
"… und wenig überzeugend juristisch eingekleidet."
Thomas, Du bist zu großzügig. Das ist nicht wenig überzeugend, sondern gar nicht überzeugend. Das ist der Pippi Langstrumpf-Ansatz, dass sich der Senat das Recht so legt, wie es ihm gefällt.
Comment by le D — 7.01, 2010 @ 17:37
Mich stört vorallem die Unsitte, Filesharing und Filesharing-relevante Ports zu verdammen. Als wäre Filesharen und das Freihalten eines Ports per se eine Straftat oder Unterlassungsstörung. Softwareupdates via p2p ist eine feine (und i.d.R. fixe) Sache. Dies berücksichtigt wäre das einzig zumutbare Überwachen das regelmäßige Überprüfen der Ordner, die die Filesharing Software verwendet… Und da es dann _den_ Ordner nicht gibt, gibts wohl auch keine sinnvolle und zumutbare Überprüfung.
Comment by RA Michael Langhans — 7.01, 2010 @ 20:11
Eins wird mir nicht ganz klar:
Afaik wäre für die Bereitstellung des eigenen WLANs für die Benutzung durch Dritte mit der Einordnung als Access-Providing doch die Vorschriften des TKG einschlägig.
Die geteilte Internetverbindung ist doch ein Dienst, der "ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze besteht" und damit ist doch nach § 1 Abs. 1 TMG iVm § 3 Nr. 24 TKG die Anwendung des TMG ausgeschlossen. Oder sehe ich da etwas falsch?
Comment by Stud. iur. — 8.01, 2010 @ 02:37
@Stud.iur.: Bei mir rennen Sie mit dieser Ansicht offene Türen ein. Die ganz überwiegende Ansicht in Rspr. und Literatur behandelt den Access-Provider allerdings (auch) als Diensteanbieter im Sinne des TMG und Adressat der Norm des § 8 TMG. Mit der Problematik habe ich mich in meinem Buch "Haftung für Informationen im Internet" ausführlich beschäftigt.
Comment by Pavement — 8.01, 2010 @ 09:56
Sie verkennen, dass mit dem download zwangsläufig der upload verbunden ist. Damit können die angebotenen Inhalte als eigene Inhalte i.S.d. § 7 TMG vestanden werden. Dass auch Dateibestandteile von § 19a UhrG erfasst werden, wissen Sie selbst.
Comment by Frederik — 12.02, 2010 @ 16:10
@Frederik:
Sie haben glaube ich nicht verstanden, was ich meine. Der Anschlussinhaber, der nicht zugleich Verletzer ist, führt weder den Down- noch den Upload durch. Er stellt für einen Dritten – einen Mitbewohner oder einen Familienangehörigen – lediglich einen Zugang zum Internet zur Verfügung. Diesen Fall regelt § 8 TMG. Der Anschlussinhaber vermittelt nur den Zugang zur Nutzung (fremder) Informationen.
Comment by Pavement — 12.02, 2010 @ 16:54
[…] man, wie ja zu Recht vorgeschlagen, die Privilgierung des §8 TMG anwendet, lasse ich in dieser Konstellation weiterhin offen: Ich […]
Pingback by OLG Köln zu den Überwachungspflichten der Eltern hinsichtlich Filesharing | Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf — 23.05, 2010 @ 07:40