Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.12.09

Erstabmahnung kostenfrei?

Auf dem Server des Bundestags kann man derzeit eine ePetition mitzeichnen, die fordert, dass es für eine erste Abmahnung bei Internetsachverhalten keine Kostenerstattung mehr geben soll und eine entsprechende gesetzliche Regelung geschaffen werden möge. Die Forderung lautet konkret: „Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass Abmahnungen im Internet einer kostenlose Vorstufe bedürfen.“

Das ist, angesichts der Auswüchse des Abmahnwesens im Internet, eine mehr als verständliche Forderung. Denn gerade der in Fällen des Urheberrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes durchaus üppige Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Kosten, macht diese Fälle für Anwälte so attraktiv.

Die Rechtsprechung gewährt im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes seit Jahrzehnten einen Aufwendungsersatzanspruch, der sich zunächst auf das Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag stützte und mittlerweile im Urheberrechtsgesetz und im UWG auch gesetzlich verankert ist.

Damit waren freilich diejenigen Anwaltskollegen, die in diesen Bereichen tätig sind, schon immer priviligiert, weil es einen vergleichbaren Anspruch in anderen Bereichen des Zivilrechts nicht gab und gibt. Außerhalb des gewerblichen Rechtsschutzes kann man die Kosten eines ersten anwaltlichen Aufforderungsschreibens zumindest nicht ohne weiteres vom Gegner erstattet verlangen. Dazu musste man vielmehr eine Verzugslage oder einen Schadensersatzanspruch begründen können.

Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des § 97a UrhG bereits versucht, das Abmahnunwesen einzudämmen, indem er im Urheberrecht in einfach gelagerten Fällen den Anspruch auf Kostenersatz auf EUR 100,- begrenzt hat. Diese Vorschrift läuft leider in der Praxis weitgehend leer, was nicht zuletzt daran liegt, dass zahlreiche Gerichte dem Gesetzgeber die Gefolgschaft verweigern. Denn speziell in den Fällen des Filesharing, für die diese Vorschrift u.a. geschaffen wurde, nehmen die Gerichte selbst bei nur einer einzigen Datei keinen einfach gelagerten Fall an.

Vielleicht liegt die Lösung daher in der Verbesserung dieses Ansatzes. Der Gesetzgeber könnte die Vorschrift nochmals in die Hand nehmen, die Begrenzung auf einfach gelagerte Fälle streichen und bei jeder Urheberrechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die Kosten der Erstabmahnungen auf EUR 100,- begrenzen.

Diese Begrenzung wäre auch deshalb sinnvoll, weil man damit ein gerade neu entstandenes, aber wegen seiner Fragwürdigkeit kaum schutzbwürdiges Geschäftsmodell, das sich um Gesellschaften wie DigiProtect oder Logistep gebildet hat, wieder eindämmen könnte.

Vielleicht sollte der Gesetzgeber zudem erwägen, den Sonderweg im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht zu beenden und die Abmahnung wie eine Forderung behandeln und nicht per se eine Erstattung von Anwaltskosten auf Basis einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder spezieller Vorschriften wie § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG oder § 12 Abs. 1 S. 2 UWG vorsehen bzw. dies explizit ausschließen. Eine Kostenerstattung käme dann eben – wie sonst auch – nur bei Verzugslage oder bestehendem Schadensersatzanspruch in Betracht.

Die ePetition kann man dennoch empfehlen, denn sie trägt zu einer notwendigen Diskussion bei. Und es ist ohnehin an der Zeit, dass sich ein Gegengewicht aufbaut, zu den mächtigen Lobbys der Rechteinhaber, die die Gesetzgebung maßgeblich beeinflussen und ihre Singularinteressen immer wieder durchsetzen können. Durch die jetzige Rechtslage, speziell im Urheberrecht, werden vor allem die Geschäftemacher, die sich dem Slogan „Turn Piracy Into Profit“ verschrieben haben, gefördert. Im Sinne der Allgemeinheit ist das nicht.

posted by Stadler at 11:16  

2 Comments

  1. Danke, spannendes Thema mit einem aufklärendem Post! Ich habe gesigned!

    Comment by derandre — 1.12, 2009 @ 19:18

  2. Eine tolle Darstellung und eine spannende Meinung. zur ePedition.
    Bleibt zu hoffen, daß viele davon Gebrauch machen werden.
    Ich habe auch mit gezeichnet.

    Comment by Service am Sonntag — 3.12, 2009 @ 09:52

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