Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

18.5.09

Politischer Missbrauch des Missbrauchs

Mario Sixtus bringt die Sperrdiskussion mit dem Titel „Politischer Missbrauch des Missbrauchs“ exakt auf den Punkt. Mehr muss und kann zu dem was z.B. die Deutsche Kinderhilfe derzeit von sich gibt, nicht gesagt werden.

Wer sich informieren will, sollte die Website des Arbeitskreises gegen Internet-Sperren und Zensur – ich mag den Namen eigentlich nicht – bookmarken. Es ist schwierig, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Diese Initiative versucht es.

posted by Stadler at 20:52  

18.5.09

Sperrbefürworter wollen mit Meinungsumfragen punkten

Die Befürworter des Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet wollen jetzt mit Meinungsumfragen punkten, weil die veröffentlichte Meinung das Thema mittlerweile durchaus kritisch beleuchtet und man offenbar befürchtet, die Meinungshoheit, die doch so eindeutig schien, zu verlieren.

Wenn das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap 1000 Leute anruft und eine einseitig formulierte Frage stellt, ist es nicht verwunderlich, wenn 92 % der Menschen sagen, dass sie für die Sperrung von kinderpornografischen Seiten im Internet sind. 90 % der Deutschen haben sich mit dem Thema nie vorher befasst, also 900 der angerufenen Personen. Und jeder, der die Hintergründe nicht kennt, wird spontan natürlich sagen, dass es sinnvoll ist, gegen Kinderpornografie im Netz vorzugehen.

Wie würde sich das Ergebnis wohl verändern, wenn man die Befragten nur fünf Minuten lang schlagwortartig mit den wesentlichen Fakten konfrontiert und man ihnen erklärt, dass beim Vorhaben der Bundesregierung
-keine Inhalte gesperrt werden, sondern die fraglichen Inhalte nach Umsetzung der Maßnahme weiterhin unverändert online und grundsätzlich für jeden frei zugänglich sind,
-dass ein erheblicher Teil dieser Inhalte auf Servern in Europa und Nordamerika liegen, wo ein strafrechtliches Vorgehen gegen die Täter und eine tatsächliche Entfernung der Inhalte möglich ist,
-dass die skandinavischen Sperrbemühungen über Jahre hinweg keinen messbaren Rückgang von kinderpornografischen Inhalten im Netz bewirkt haben,
-dass sich auf ausländischen Sperrlisten nur zu einem ganz geringen Teil kinderpornografische Inhalte befinden, mithin also überwiegend andere, z.T. völlig legale Inhalte beeinträchtigt werden,
-dass das Stopp-Schild-Vorhaben der Bundesregierung die Gefahr beinhaltet, dass völlig unbeteiligte Internetnutzer einer Strafverfolgung ausgesetzt werden und
-dass der Großteil der Fachleute dem Sperrungsvorhaben kritisch bis ablehnend gegenübersteht, weil es technisch wirkungslos und juristisch fragwürdig ist.

Wie würde sich das Umfragergebnis wohl verändern, würden die Menschen diese Fakten und Hintergründe nur im Ansatz kennen?

Die Sperrbefürworter betreiben eine Desinformationskampagne, mit der vor allem die Union Wahlkampf macht. Dem kann nur durch eine Aufklärung über die Fakten entgegengetreten werden.

Es ist deshalb wichtig, immer wieder deutlich zu machen, dass es den wahlkämpfenden Politikern nicht um den Schutz der Kinder geht. Dieses Gesetzesvorhaben ist ungeeignet, die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Netz auch nur geringfügig einzudämmen, eignet sich andererseits aber hervorragend dafür, den Menschen, die die Hintergründe nicht kennen, genau das Gegenteil zu suggerieren.
Update: Und weil ein Troll gemeint hat, die Site der deutschen Kinderhilfe hacken zu müssen, dient das den Demagogen der Kinderschutzinitiative als Grundlage dafür, die Sperrgegner pauschal zu diffamieren. Hier wird erneut Politik mit allen Mitteln gemacht.

posted by Stadler at 13:00  

12.5.09

Netzsperren: Wie der ahnungslose Nutzer ungewollt auf gesperrten Seiten landen kann

Jörg-Olaf Schäfers erklärt auf netzpolitik.org wie der arglose Internetnutzer durch Linkverkürzer wie TinyURL oder mittels des sog.Prefetching ungewollt auf Seiten landen könnte, die auf der Sperrliste des BKA stehen.

Ach ja, Frau von der Leyen, das ist was Technisches. Ruhig mal lesen.

posted by Stadler at 08:53  

6.5.09

E-Democracy: Die Petition gegen Netzsperren

Die Petition zum Deutschen Bundestag „Internet – Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten“ ist erst den dritten Tag online und kann schon auf 36.000 Mitzeichner verweisen. Die notwendige Hürde von 50.000 für eine Anhörung wird sie also spielend nehmen, denn die Petition kann noch fast sechs Wochen lang unterstützt werden.

Mündige Bürger und Internetnetzer machen auf sich und ihr Anliegen aufmerksam und das bewirkt mehr als der bloße formale Umstand einer Anhörung im Petitionsausschuss.

Vielleicht wird man auch in Deutschland bald erkennen, dass das Netz die Spielregeln der Politik verändert. Bürgerdemokratie ensteht durch die Beteiligung und die findet gerade massiv statt.

posted by Stadler at 17:13  

6.5.09

Zensursula Fanclub und die Abnicker im Deutschen Bundestag

Es war nur eine Frage der Zeit, aber jetzt ist er online, der Ursula von der Leyen Fanclub.

Wie Frau von der Leyen den Niedergang der parlamentarischen Demokratie vorantreibt, wird man heute im Bundestag anlässlich der ersten Lesung des sog. Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet beobachten können.

Den Abgeordneten wird ein Gesetzesentwurf vorgelegt, der in formeller und materieller Hinsicht (evident) verfassungswidrig ist.

Die Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages wird sich freilich von solchen Kleinigkeiten nicht davon abhalten lassen, das Gesetz abzunicken. Vielleicht sollte man zeitgleich dort auch beschließen, die Anzahl der Senate beim Bundesverfassungsgericht zu verdoppeln, damit die steigende Zahl verfassungswidriger Gesetze wenigstens einmal einer rechtsstaatlichen Prüfung unterzogen wird, zumal das im Parlament nicht mehr gewährleistet ist.
Update: Wie der brave Hinterbänkler die fragwürdigen Zahlen und Argumente der Bundesrgierung – ich unterstelle zu seinen Gunsten unreflektiert – wiederkäut, lässt sich am Beispiel von MdB Thul nachlesen.

posted by Stadler at 08:55  

4.5.09

Was wollen wir heute sperren?

Der Sperrfantasie sind eigentlich keine Grenzen gesetzt. Was wollen wir also morgen alles sperren?

Technische Infrastruktur sollte neutral bleiben, wenn wir ein Netz wollen, das dauerhaft funktioniert. Vielleicht sind die Sperrbemühungen jenseits der Kinderpornografie deshalb sogar sehr wichtig, weil sie die Absurdität des grundsätzlichen Ansatzes der Zugangsblockaden deutlicher illustrieren.

posted by Stadler at 22:47  

4.5.09

Petition: Internet – Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten

Auf dem elektronischen Petition-System des Deutschen Bundestages kann die „Petition: Internet – Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten“ bis zum 16.06.09 gezeichnet werden.

Der Text der Petition lautet:
„Wir fordern, daß der Deutsche Bundestag die Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09 ablehnt. Wir halten das geplante Vorgehen, Internetseiten vom BKA indizieren & von den Providern sperren zu lassen, für undurchsichtig & unkontrollierbar, da die „Sperrlisten“ weder einsehbar sind noch genau festgelegt ist, nach welchen Kriterien Webseiten auf die Liste gesetzt werden. Wir sehen darin eine Gefährdung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit.“

posted by Stadler at 10:57  

2.5.09

Die Sperrliste und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Nach dem Entwurf eines § 8a Abs. 1 TMG führt das BKA eine Liste von Telemedienangeboten, die Kinderpornografie nach § 184b des Strafgesetzbuchs enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen (Sperrliste).

Nach welchen Kriterien und unter welchen Voraussetzungen das BKA Websites auf diese Sperrliste setzt, gibt der Gesetzgeber allerdings nicht vor.

Andererseits ist es aber so, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowohl den Gesetzgeber als auch das BKA als ausführende Behörde verpflichtet, sich Gedanken darüber zu machen, ob nicht mildere und gleich effiziente Mittel zur Verfügung stehen, um das angestrebte Ziel ebenfalls zu erreichen.

Anstatt kinderpornografische Inhalte nur auszublenden und vor den deutschen Internetnutzern zu verstecken, wäre es sicherlich vorzugswürdig, die inkriminierten Inhalte an ihrer Quelle tatsächlich aus dem Netz zu nehmen. Eine solche Maßnahme wäre im rechtlichen Sinne auch das mildere Mittel gegenüber der Zugangsblockade. Denn Access-Sperren beinhalten u.a. eine erhöhte Gefahr, dass unbeteiligte Dritte pönalisiert und stigmatisiert werden und die Informationsfreiheit der Nutzer beeinträchtigt wird.

Um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren, müsste also, bevor eine Website auf die Sperrliste gesetzt wird, geprüft und sichergestellt werden, dass es nicht möglich ist, die Inhalte, durch ein Einwirken auf die zuständigen Behörden vor Ort bzw. die Host-Provider aus dem Netz zu bekommen.

Insoweit muss man sich vor Augen führen, dass die überwiegende Mehrzahl derjenigen Websites, die sich auf den skandinavischen Sperrlisten befinden, in Ländern gehostet werden, in denen Kinderpornografie strafbar ist und damit effektiv bekämpft werden kann. Ein ganz erheblicher Teil der Server die von skandinavischen Behörden blockiert werden, befindet sich sogar innerhalb der EU und in Nordamerika.

Die Kinderschutzorganisation CareChild hat demonstriert wie es funktioniert. Sie hat sich 20 Domains/Websites der dänischen Sperrliste vorgenommen und die Provider vor Ort angeschrieben und auf die kinderpornografischen Inhalte hingewiesen. Innerhalb weniger Tage waren 16 dieser 20 Inhaltsangebote vom Netz.

Was ein NGO wie CareChild kann, sollte das Bundeskriminalamt allemal können. Der Gesetzgeber gibt dem BKA dies aber nicht vor und es ist offenbar politisch auch gar nicht gewollt. In einem früheren Entwurf des Kinderporno-Sperrgesetzes war zumindest noch vorgesehen, Inhalte mit Standort innerhalb der EU von der Sperrung auszunehmen, weil davon auszugehen ist, dass hier ein unmittelbares Vorgehen effektiv möglich ist. Aber selbst diese Einschränkung wurde wieder fallengelassen und findet sich im aktuellen Gesetzesentwurf nicht mehr.

Wenn das Gesetz in der kommenden Woche in erster Lesung in den Bundestag eingebracht wird, sollte eine der zentralen Fragen lauten:
„Warum sieht der Gesetzesentwurf zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht vor, dass das BKA sicherzustellen hat, dass Maßnahmen zur tatsächlichen Entfernung der Inhalte am Serverstandort erfolglos waren?“

posted by Stadler at 08:30  

30.4.09

Fall Tauss: Seine Frau spricht mit der Süddeutschen

Die Ehefrau von Jörg Tauss kritisiert gegenüber der SZ sowohl die SPD als auch die Staatsanwaltschaft. Ein interessanter Beitrag.

Und wenn man sieht, wie sich fast alle Parteien in der Diskussion um die unseeligen Sperrungen zur „Bekämpfung der Kinderpornografie“ winden, kann man sich schon vorstellen, dass bestimmte Kreise froh darüber sind, dass einer wie Tauss nicht mehr da ist.
Quelle: Süddeutsche – Im Zweifel gegen den Angeklagten

posted by Stadler at 20:53  

30.4.09

Kinderpornografie, Steuerhinterziehung, Stromnetze

Sie finden diese Überschrift geschmacklos? Sie stammt vom Server des Deutschen Bundestags.

Für die erste Lesung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Netz am 06.05.09 sind 60 Minuten angesetzt. Das ist für Abgeordnete, die mehrheitlich ohnehin nicht wissen worum es geht, sicherlich genug.

Kürzlich hat jemand die Frage gestellt, warum es nicht „Gesetz zur Bekämpfung der Homosexualität“ heißt? Eine berechtigte Frage angesichts der Tatsache, dass auf den skandinavischen Sperrlisten deutlich mehr Schwulensites zu finden sind, als solche mit kinderpornografischen Inhalten.

Auf einen neuen Beitrag bei MOGIS ist hinzuweisen, weil dort versucht wird, über die Zahlen und Fakten der Kriminalitätsstatistik zu sprechen. Und es zeigt sich letztlich, dass selbst die Zahlen und angeblichen Fakten, die in der Begründung des Gesetzesentwurfs stehen, teilweise falsch sind.

Update: Interessant dazu ist auch die gestrige Meldung des Heise-Newstickers, wonach die britische Internet Watch Foundation (IWF) einen Rückgang kinderpornografischer Websites um 10 % verzeichnet hat.

Vermutlich zählt das BKA aus politischen Gründen anders. Das BKA ermittelte ja angeblich bei der Verbreitung von Bildern und Videos über das Internet, die den sexuellen Missbrauch von Kindern darstellen, von 2006 auf 2007 einen Zuwachs von 111 Prozent. Das betont Frau von der Leyen auch in jedem zweiten Interview. Die offizielle Kriminalitätsstatistik weist diese Steigerung nicht aus, die Ergebnisse des IWF stützen die Angaben des BKA auch nicht.

posted by Stadler at 07:24  
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