Was man einst eine Spontanversammlung nannte, heißt jetzt Flashmob und das Thema hat es heute sogar auf die Titelseite der Süddeutschen (Print) geschafft.
Die Entwicklung ist erstaunlich, weil immer mehr Menschen die virtuelle Welt verlassen und sich in diesen Wahlkampf einmischen. Und wenn man sich die inhaltliche Leere des Fernsehwahlkampfs so anschaut, dann ist es höchste Zeit mit ein paar lauten Yeahs der Leblosigkeit einer Angela Merkel etwas Dynamik entgegenzusetzen. Besonders eindrucksvoll wurde das letzte Woche in Hamburg umgesetzt.
Dass das politische Establisment diesen demokratischen Akt der Meinungskundgabe als Störung von Wahlkampfveranstaltungen betrachtet, ist so naheliegend, wie es falsch ist. Es muss manche beunruhigen, dass sich Menschen bewegen, die man bislang für unpolitisch gehalten hat und die mit einem einzigen „Yeah“ mehr transportieren als eine ganze Wahlkampfrede von Merkel und Steinmeier zusammen.
posted by Stadler at 07:00
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Manchmal fehlen mir die Worte, bei Herrn Schäuble ist es dafür eher die rechtsstaatliche Gesinnung die fehlt.
Wir brauchen dringend wieder einen Staat im Staat und dafür ist der BND doch wie geschaffen. Parlamentarische Kontrolle ist dabei natürlich eher störend.
posted by Stadler at 14:12
Kommentare deaktiviert für Schäuble will Geheimdienste nicht mehr, Bürger bekanntlich zunehmend mehr kontrollieren
Dieser Wahlkampf erscheint langweilig, bzw. wird uns von den Mainstreammedien als langweilig verkauft. Es gäbe viele Dinge, über die zu reden wäre. Die Rentenproblematik, die Einschränkung der Bürgerrechte oder die Art und Weise, wie die Bundesregierung auf die Wirtschaftskrise reagiert hat. Aber was sind die Hauptthemen? Zuerst Ullas Dienstwagenaffaire und jetzt Ackermanns Party im Kanzleramt. Diese Vorgänge sind im Grunde eher irrelevant, wäre es nicht so, dass die Bild zwar eine ordentliche Kampagne gegen Ulla Schmidt gefahren hat, aber über das Fest des Herrn Ackermann nicht groß berichtet. Warum? Weil die Champagneros Friede Springer, der Vorstandschef von Springer Mathias Döpfner und Bild-Chefredakteur Kai Diekmann ebenfalls zu Ackermanns handverlesenen Gästen gehörten.
Und bevor mir jetzt jemand erzählt, in meinem Blog hätte nun auch der Wahlkampf begonnen, sollten wir einen Moment innehalten und überlegen, vor welchen Hintergründen in diesem Land die öffentliche Meinung manipuliert wird.
posted by Stadler at 07:00
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Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg hat das „Gesetz zur Ergänzung des Kreditwesengesetzes“ nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vollständig von der Anwaltskanzlei Linklaters ausarbeiten lassen. Offenbar wurde der Entwurf der Kanzlei auch mehr oder weniger unverändert übernommen.
Auch wenn die Gesetzgebung an sich Sache des Parlaments ist, entspricht es der Üblichkeit, dass ein erheblicher Teil der Gesetzesentwürfe von der Ministerialbürokratie verfasst werden. Dass man sich dafür auch externer Unterstützung bedient, ist zwar nicht neu, scheint aber in letzter Zeit zuzunehmen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer eigentlich die Fäden zieht, die Ziele definiert und die Entscheidungen trifft. Dass die Hypo Real Estate gerettet wurde, weil Josef Ackermann und andere Top-Akteure der Finanzwirtschaft der Bundesregierung eingeredet haben, dass andernfalls der Zusamenbruch des europäischen Bankensystems bevorgestanden hätte, passt in Zeiten der Finanzkrise ebenso ins Bild, wie dieses Vorgehen des Wirtschaftsministeriums.
Jeder Jurastudent hat die sog. Wesentlichkeitstheorie vermittelt bekommen, die als Ausfluss des Demokratieprinzips besagt, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen zu treffen hat. Die tatsächliche Situation könnte von der staatsrechtlichen Theorie gar nicht weiter entfernt sein. Denn der Bundestag entscheidet eigenständig vielfach gar nichts mehr, sondern nickt nur noch das ab, was ihm die Bundesregierung vorsetzt. Und die reicht offenbar in manchen Fällen eins zu eins das durch, was externe Berater ihr präsentieren. Irgendwie stelle ich mir parlamentarische Demokratie anders vor.
posted by Stadler at 20:35
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Es gibt da so eine Plattform, die sich CDU-POLITIK.DE nennt. Vermutlich handelt es sich doch um eine Satire-Site, aber ich bin mir noch unschlüssig. Denn dort wirft man der SPD vor, Justizministerin Zypries würde umfassende Zensurmaßnahmen planen. Kann eigentlich nur Spaß sein, wenn es von Anhängern einer Partei kommt, die so lupenreine Demokraten wie Schäuble und von der Leyen in ihren Reihen hat.
Die Site hat übrigens auch noch ein lustiges Impressum. Keine Abmahnung ohne vorherige Kontaktaufnahme steht dort zu lesen. Ist doch klar.
posted by Stadler at 19:51
Kommentare deaktiviert für Gehts noch?
Die Bundesregierung hat ohne Beteiligung des Bundestags und unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit den USA ein völkerrechtliches Abkommen über den gegenseitigen Austausch von Daten abgeschlossen.
Der Vertrag beinhaltet den automatisierten gegenseitigen Zugriff auf daktyloskopische Daten und DNA-Profile zu Strafverfolgungszwecken und zur Gefahrenabwehr. Zudem soll auch ein Austausch von Informationen zu Personen erfolgen, die in Verdacht stehen, künftig terroristische Straftaten zu begehen. Dazu werden personenbezogene Daten wie u.a. Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Fingerabdrücke dieser Personen ausgetauscht.
Der deutsche Staat übermittelt also personenbezogene Daten von Bürgern in die USA, die (nur) in dem Verdacht stehen, dass sie terroristische Straftaten begangen haben oder künftig begehen werden. Wer weiß, wie schnell ein Anfangsverdachte bejaht ist, der wird eine Vorstellung davon haben, was das bedeutet. Eigentlich müssten die Datenschützer auf die Barrikaden gehen. Weiß Herr Schaar was hier gespielt wird?
Der Bundestag, der vor Abschluss dieses völkerrechtlichen Vertrags nicht informiert und beteiligt worden ist, soll dies heute nur noch abnicken, wozu es sicherlich auch kommen wird. Man fragt sich langsam, ob dieses Parlament überhaupt nicht etwas zu sagen hat.
Quellen:
NDR Info
Antrag der FDP-Fraktion vom 07. 05. 2008
posted by Stadler at 14:32
Kommentare deaktiviert für US-Behörden sollen direkten Zugriff auf Daten beim BKA erhalten
Vor einigen Wochen habe ich an dieser Stelle die Krise der parlamentarischen Demokratie beklagt. Passend zum Thema schreibt Heribert Prantl in der SZ pointiert über „Das Parlament als Farce„. Und man muss sich darüber eigentlich auch nicht wundern, wenn man weiß, dass es Abgeordnete gibt, die ihre Zustimmung zu einem verfassungswidrigen Gesetz damit rechtfertigen, dass das Bundesverfassungsgericht Teile des Gesetzes ohnehin wieder kassieren wird. Der Begriff der Farce ist wirklich der einzige, der diese Vorgänge und Zustände angemessen beschreibt.
posted by Stadler at 12:27
Kommentare deaktiviert für Die Krise der parlamentarischen Demokratie II
Das Bundesverfaassungsgericht hält das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon vor allem deshalb nicht für verfassungswidrig, weil durch die Zustimmung der Charakter Deutschlands als souveräner Staat noch nicht verloren geht. Das muss man m.E. nicht so sehen.
Gleichzeitig betont das Gericht aber, dass für den Beitritt zu einem europäischen Bundesstaat in Deutschland eine Verfassungsneuschöpfung notwendig ist, mit der ein
erklärter Verzicht auf die vom Grundgesetz gesicherte souveräne Staatlichkeit einherginge. Einen solchen Akt sieht das Gericht im Vertrag von Lissabon aber noch nicht.
Interessant sind auch die Ausführungen zum Europäischen Parlament und zum vielfach angesprochenen Demokratiedefizit der EU. Das Gericht betrachtet im Rahmen der bisherigen Strukturen weitere Integrationsschritte als kritisch und geht davon aus, dass solche ohne ein echtes Parlament, das tatsächlich repräsentative Mehrheitsentscheidungen treffen kann, nicht denkbar sind.
Das Urteil klingt also ein bisschen nach einem bis hierher und nicht weiter.
Dass das Begleitgesetz als nicht verfassungskonform eingestuft wurde, wird nur zu einer Verzögerung der deutschen Zustimmung führen.
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG vom 30.06.09; Az.: 2 BvE 2/08, 2 BvE 5/08, 2 BvR 1010/08, 2 BvR 1022/08, 2 BvR 1259/08, 2 BvR 182/09
posted by Stadler at 10:25
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Die deutliche Zustimmung des Bundestages zum Zugangserschwerungsgesetz hat mich, obwohl nichts anderes zu erwarten war, erschreckt.
Erneut hat der Deutsche Bundestag ein Gesetz, das vielleicht noch deutlicher als andere verfassungswidrig ist, auf den Weg gebracht. Sehr viele grundrechtsbeeinträchtigende Gesetze wurden in den letzten Jahren erst nachträglich vom Bundesverfassungsgericht gestoppt, weil das Parlament augenscheinlich nicht mehr dazu in der Lage ist, den Grundrechtsschutz der Bürger ausreichend zu gewährleisten und verfassungswidrige Gesetze bedenkenlos durchgewunken werden.
Was die Zustimmung einer breiten Mehrheit des Bundestags zum sog. Zugangserschwerungsgesetz offenbart, ist nichts weniger als eine Krise der parlamentarischen Demokratie. Sie ist die Folge einer politischen Unkultur, die sich über Jahrzehnte hinweg etabliert hat und die man Fraktionsdisziplin nennt. Gewählte Abgeordnete werden zu bloßen Abnickern degradiert und müssen dies offenbar sogar noch verteidigen.
Von einem Fraktionszwang steht freilich nichts im Grundgesetz, wohl aber davon, dass der Abgeordnete dem Wohl des ganzen Volkes zu dienen hat und nur seinem Gewissen verpflichtet ist. Trotzdem tut das politische Establishment so, als würde ohne Fraktionsdisziplin unser Staat zusammenbrechen.
Es wird Zeit, dass sich die Bürger gegen diese Arroganz der Macht stellen, denn sie gefährdet unsere parlamentarische Demokratie. Wir brauchen in diesem Punkt einen Paradigmenwechsel. Dies erfordert ein neues Selbstverständnis der gewählten Parlamentarier, eine Neudefinition ihrer Tätigkeit, die stärker an Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG ausgerichtet ist. Danach sind Abgeordeneten an keine Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen verpflichtet. Im Widerspruch zur Verfassung hat sich ein Weisungsrecht von Parteien und Fraktionen etabliert, das man gerne als Fraktionsdisziplin bezeichnet. Es mag gute Gründe geben- vor allem wenn man Wahlen gewinnen will – den Eindruck der Geschlossenheit zu vermitteln. Die Grenze ist aber dort erreicht, wo der Gesetzgeber spürbar in Grundrechte eingreift.
Das Parlament wird einen solchen Sinneswandel nicht von selbst vollziehen, dafür ist das etablierte System zu verkrustet. Der Bürger wird es dazu zwingen müssen. Und hier war der Widerstand gegen das Zugangserschwerungsgesetz aus dem Netz heraus und die Petition, die mehr als 130.000 Menschen unterstützt haben, ein deutliches Zeichen. Ohne jeden organisatorischen Unterbau ist es gelungen zu zeigen, dass sich eine gut informierte Gegenöffentlichkeit nicht ohne weiteres durch eine Placebo-Politik die Wahlkampfzwecken folgt, hinters Licht führen lässt.
Der vor wenigen Tagen verstorbene große liberale Geist Ralf Dahrendorf hat vor einigen Jahren gesagt: „Jetzt sind wir in einer Phase der Unsicherheit. Ein neues Profil sehe ich noch bei keiner Partei. Aber ich sehe neue Fragen, bei denen es alle Parteien mit der Angst kriegen.“
posted by Stadler at 11:50
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