Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

12.9.12

Entwurf der Berliner Piraten zum Urheberrechtsgesetz ist enttäuschend

Die Berliner Piratenfraktion hat einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vorgelegt, der in der Piratenpartei vor allen Dingen deshalb für Diskussionen gesorgt hat, weil es sich um einen unabgestimmten Vorstoß des Abgeordneten Christopher Lauer gehandelt haben soll.

Nachdem Adrian Schneider den Entwurf bereits kritisch beleuchtet hat, möchte ich einige Aspekte ergänzen, die mir bei der Durchsicht aufgefallen sind.

Wesentlicher als die Dinge die drinstehen, sind vermutlich die, die nicht drinstehen.

Schmerzlich vermisst habe ich beispielsweise einen Vorschlag zur Neuregelung des Urhebervertragsrechts. Worüber wir insoweit gerade vor dem Hintergrund der aktuellen öffentlichen Diskussion reden müssen, habe ich bereits vor Monaten erläutert. Auch beim Thema Open Access herrscht komplette Fehlanzeige, obwohl gerade dieses Thema seit vielen Jahren intensiv diskutiert wird.

Die vorgeschlagene Änderung in § 31 Abs. 1 UrhG, wonach der Urheber die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts nach 5 Jahren zurückrufen kann, erscheint mir einem Entwurf der LINKEN entlehnt zu sein, ist aber sachlich wenig sinnvoll. Stellen Sie sich einfach vor, Sie lassen sich für Ihre Website von einem Webdesigner, Grafiker oder Fotographen ausschließliche Nutzungsrechte einräumen. Sie müssten dann von vornherein damit rechnen, dass Sie nach fünf Jahren erneut für die Rechtseinräumung bezahlen müssen und im Zweifel noch nicht einmal Anspruch auf diese Rechtseinräumung haben. Auch der Urheber hat nicht unbedingt ein Interesse daran, dass der Gesetzgeber  mit einer solchen Regelung seine Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt. Es kann durchaus auch aus Sicht des Urhebers das Bedürfnis geben, sein Werk praktisch vollständig zu veräußern, solange er dafür nur angemessen bezahlt wird. Die Lösung dieses Problems liegt also nicht bei der Einschränkung der Rechtseinräumung, sondern bei der Sicherstellung einer angemessenen Vergütung. Dazu müsste man allerdings das bereits angesprochene Urhebervertragsrecht neu regeln, was der Entwurf aber nicht vorsieht.

Die Vorschläge zum Thema Abmahnkosten und Filesharing kratzen nur an der Oberfläche und sind zudem handwerklich schlecht umgesetzt. Nach der Entscheidung des BGH hätte man zuerst einmal fragen müssen, welcher Handlungsbedarf bei § 101 UrhG besteht und wie man den Auskunftsanspruch gegen Provider gesetzlich so formuliert, dass er tatsächlich auf Fälle gewerbsmäßigen Handelns beschränkt bleibt. Der Gesetzgeber wird hier einerseits endlich, den Begriff des gewerblichen Ausmaßes näher definieren – und zwar anders als die Gerichte das bislang tun – und zudem die doppelte Gewerbsmäßigkeit als Voraussetzung einer Auskunft deutlich festschreiben müssen. Auch hierzu enthält der Entwurf leider nichts. Die vorgeschlagene Änderung des § 97a UrhG ist, wie Adrian Schneider zu Recht anmerkt, regelungstechnisch dann allerdings katastrophal, weil wiederum nur bislang unbekannte, unbestimmte Rechtsbegriffe geschaffen werden, bei denen zu befürchten steht, dass sie von den Gerichten ganz anders ausgelegt werden als gedacht.

Man hat den Eindruck als würde der Entwurf von Leuten stammen, an denen weite Teile der Urheberrechtsdebatte der letzten Monate und Jahre vorübergegangen ist.

posted by Stadler at 14:52  

2 Comments

  1. Zum Thema lese man auch meine Urheberrechtsfibel
    http://ebooks.contumax.de/02-urheberrechtsfibel.pdf

    Comment by Klaus Graf — 12.09, 2012 @ 17:33

  2. Danke Herr Stadler,

    ich hoffe jedenfalls, dass Die betreffenden Personen sich Ihren Beitrag gut durchlesen und ihn als Hilfe begreifen, statt beleidigt zu sein und/oder sich angegriffen zu fühlen.

    Comment by Alexander Schwarz — 12.09, 2012 @ 17:34

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