Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

27.9.16

BGH zur Veröffentlichung von Fotos, die einen Politiker in privater Situation zeigen

Der BGH hat mit Urteil vom 27.09.2016  (Az.: VI ZR 310/14) Entscheidungen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts aufgehoben und eine Klage des früheren Regierenden Bürgermeisters von Berlin Klaus Wowereit auf Unterlassung der Veröffentlichung von Fotos, die den Politiker bei einem Barbesuch zeigen, abgewiesen.

Entscheidend war für den BGH, dass die Veröffentlichung in einen politischen Kontext eingebunden war und in Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein bedeutendes politisches Ereignis stand. In der Pressemitteilung des BGH heißt es hierzu:

Im Zusammenhang mit der Presseberichterstattung über ein bedeutendes politisches Ereignis (hier: Misstrauensabstimmung im Berliner Abgeordnetenhaus) kann die ohne Einwilligung erfolgende Veröffentlichung von Fotos, die den davon betroffenen Regierenden Bürgermeister am Vorabend in einer für sich genommen privaten Situation zeigen, durch das Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein. Die Bilder zeigten, wie der – von ihm unbeanstandet – als „Partybürgermeister“ beschriebene Kläger in der Öffentlichkeit am Vorabend des möglichen Endes seiner politischen Laufbahn mit dieser Belastung umging und zwar – wie im Kontext beschrieben – entspannt „bei einem Drink“ in der Paris-Bar. Durch die beanstandete Bildberichterstattung wurden auch keine berechtigten Interessen des abgebildeten Klägers im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG verletzt. Sie zeigte den Kläger in einer eher unverfänglichen Situation beim Abendessen in einem bekannten, von prominenten Personen besuchten Restaurant. Er konnte unter diesen Umständen – gerade am Vorabend der Misstrauensabstimmung – nicht damit rechnen, den Blicken der Öffentlichkeit und der Presse entzogen zu sein.

Politiker müssen, auch wenn sie sich privat im öffentlichen oder halböffentlichen Raum bewegen, häufig mit einer Bildberichterstattung leben, weil sie zu den Personen des öffentlichen Lebens zählen, deren Persönlichkeitsrecht oftmals dem Informationsinteresse der Allgemeinheit weichen muss.

posted by Stadler at 11:06  

4 Comments

  1. Ab wann besteht denn dieses öffentliche Interesse.
    Müssen sachkundige Bürger oder Ratsherren dies auch dulden? Oder erst (Ober)Bürgermeister, Landräte und höher?

    Comment by UA — 27.09, 2016 @ 11:41

  2. Das ist euine Klatsche für die Kanzlei Schertz Bergmann mit dem Porf. Dr. Christian Schertz als Zensurguru.

    Geklagt vwurde gegen ASpringer AG.

    Comment by Rolf Schälike — 27.09, 2016 @ 13:02

  3. zu UA:“Öffentliches Interesse“ ist staatliches Interesse. Das besteht tatsächlich nicht.

    Darum geht es aber nicht. Nicht der Staat hat zu entsceiden, was zu zensieren ist.

    Ein Interesse der Öffentlchkeit, zumindest eines Teils der Öffentlichkeit, besteht an solchen Informationen. Der Staat darf das nicht verbieten.

    So hat der BGH entschieden.

    Wir kennen andere Entscheidungen, schon aus DDR-Zeiten in der DDR. Privates der Politbonzen war geheim. Menschlich verständlich, aber in einer pluralistischen Gesellschaft eben nicht angebracht.

    Comment by Rolf Schälike — 27.09, 2016 @ 13:09

  4. Nachvollziehbare und vernünftige Begründung.

    Comment by Wolf-Dieter — 27.09, 2016 @ 19:12

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