Notariell beurkundete Unterlassungserklärung beseitigt Wiederholungsgefahr nicht
Vor einigen Jahren ist die Idee entstanden, im Falle der Verletzung von Schutzrechten oder von Wettbewerbsverstößen anstelle einer schriftlichen Unterlassungserklärung mit Vertragsstragsstrafeversprechen eine notariell beurkundete Unterwerfungserklärung abzugeben. Der Schuldner der Unterlassungserklärung unterwirft sich in der Notarurkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung. Aus diesem Titel kann der Gläubiger im Falle eines Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vollstrecken. Die Vor- und Nachteile einer solchen notariellen Unterwerfung sind im ZPOBlog ausführlich erläutert.
Die Rechtsprechung tendiert in jüngster Zeit dazu anzunehmen, dass durch eine solche Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt wird. Das bedeutet, dass der Unterlassungsanspruch bestehen bleibt und auch eine einstweilige Verfügung möglich bleibt. In diesem Sinne hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 04.05.2016 (Az.: I-15 W 13/16) entschieden und zur Begründung ausgeführt:
Ist es – wie hier – zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen, besteht eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr. Ihre Fortdauer kann nur unter sehr engen Voraussetzungen widerlegt werden. Im Allgemeinen bedarf es dazu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Verletzers (vgl. BGH, GRUR 1997, 379 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II m. w. N.; Bornkamm in: Köhler/ Bornkamm, Kommentar zum UWG, 34. Aufl., § 8 UWG Rn. 1.34 und 1.38 m. w. N.). Eine notariell beurkundete Unterlassungserklärung, mit der sich der Schuldner hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, ist damit nicht gleichzusetzen, weil eine Vollstreckung aus diesem Unterlassungstitel noch die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO voraussetzt und der Gläubiger bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses gegen Verletzungshandlungen nicht geschützt ist (OLG Köln, GRUR-RR 2015, 405 m. w. N.; Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 3. Aufl., Rn. 100; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, aaO, § 12 UWG Rn. 1.112d m. w. N.). Es gibt keinen überzeugenden Grund, warum die zeitliche Lücke zwischen dem Zugang der notariellen Urkunde und der Zustellung des Androhungsbeschlusses zu Lasten des Gläubigers gehen soll. Das gilt umso mehr, als der Schuldner alternativ die sogar gesetzlich in § 12 Abs. 1 UWG vorgesehene Möglichkeit zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung besitzt (OLG Köln, GRUR-RR 2015, 405 m. w. N.). Die Fortdauer der Wiederholungsgefahr richtet sich auch nicht danach, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schuldner den Zeitraum bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses für weitere Wettbewerbsverstöße nutzen wird. Bei Abgabe einer Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen wird eine solche zusätzliche Voraussetzung zu Recht deshalb nicht aufgestellt, weil der Gläubiger keine Möglichkeit besitzt, den Unterlassungsanspruch durchzusetzen. Bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses ist die Interessenlage bei einer notariell beurkundeten Unterlassungserklärung vergleichbar, weil der Schuldner solange ebenfalls sanktionslos gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen kann. Der Gläubiger darf somit in diesem Zeitraum nicht deshalb schlechter gestellt werden, weil der Schuldner diese Form der Unterlassungserklärung gewählt hat.
Es ist vor diesem Hintergrund davon abzutraten, derartige notariell beurkundete Unterlassungserklärungen abzugeben.
Der BGH scheint das genauso zu sehen, jedenfalls hat er die Revision gegen das Urteil des OLG Köln vom 10. April 2015, Az. 6 U 149/14 als unbegründet zurückgewiesen (BGH, Urteil vom 21. April 2016, Az. I ZR 100/15, zitiert nach juris). Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Dort ging es aber um ein Hauptsacheverfahren und ich bin sehr gespannt auf die Ausführungen zum Rechtsschutzbedürfnis.
Comment by Ronny — 6.06, 2016 @ 22:51
Weshalb eine solche Eile bei Äußerungsdelöiokten, welche so und so im Netz bleiben bzw. von anderen geäußert werden dürfen?
Dass die Beseitung der Wiederholungsgefahr nur durch eine strafbewehrte UVE erreicht werden kann, dürfte in den meisten Zensurverfahren nicht mit der Eile einer Vollstreckung begründet sein.
Comment by Rolf Schälike — 7.06, 2016 @ 19:34
Was ich nicht verstehe:
Nun gibt es ein Urteil. Wie beseitigt dieses Urteil die Wiederholungsgefahr? Und ist dies wirklich eine bessere Beseitigung als eine notarielle Unterlassungserklärung?
Comment by Stefan — 8.06, 2016 @ 12:51
Ich frage mich – unabhängig von der Rechtsunsicherheit, die sich aus den genannten Entscheidungen ergibt – ernsthaft, wo der Vorteil notariell beurkundeter Unterwerfungserklärungen gegenüber schriftlicher Unterlassungserklärungen mit Vertragsstragsstrafeversprechen liegt. Zumal die notariell beurkundete Unterwerfungserklärung zusätzlich noch Notargebühren erzeugt. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?
Comment by Ernst Hagen — 9.06, 2016 @ 09:03
Da hier gar nichts mehr läuft, Traffic gleich null, möchte ich internet-law.de kaufen. In so ein Board muss Leben rein. Was kostet es?
Comment by Bernd — 10.06, 2016 @ 17:25
Ich biete für die Adresse 20 000 Euro.
Comment by Söldert — 10.06, 2016 @ 17:34
25000, mehr ist es nicht wert, mehr geht nicht!
Comment by Bernd — 10.06, 2016 @ 17:45
25 001 Euro
Comment by Söldert — 10.06, 2016 @ 17:55
:D Nicht übel. Ich gebe auf. Darf ich nach dem Kauf Ehrengast werden? Im Voraus Danke.
Comment by Bernd — 10.06, 2016 @ 18:10
Du bekommst eine VIP-Karte. Es gibt nur einen Haken, Stadler verkauft nicht, wahrscheinlich macht er Urlaub oder ist einfach faul. Ich arbeite gerade an zwei Boards, die juristische Probleme online behandeln, in Echtzeit. Da ich auf Datenschutz größten Wert lege, ist das Vorhaben nicht mal eben online zu bringen. Wir arbeiten daran. Nur Bestes geht online, ansonsten geht es in die Tonne.
Comment by Söldert — 10.06, 2016 @ 18:26
Ps. Warum gibt es auf internet-law keine Sicherungssysteme? Alle Leute können hier offenbar schreiben, was sie wollen. Auch miese Typen wie ich :)). Schafft Euch einen Türsteher an, es soll auch böse Menschen geben.
Ansonsten biete ich mittlerweile 40 000 Euro.
Na? Wie wär´s?
Comment by Söldert — 10.06, 2016 @ 18:57
@Söldert
Trotz des Linksdralls und der Linkskiste in diesen Blogs, (die Du verachtest), meldest Du Internet-law bei allen Awards an seit ca. zehn Jahren. Du hasst es nicht, Du liebst es. Wir lieben Dich dafür.
Comment by Hübsche — 10.06, 2016 @ 21:26
Seit acht Jahren, Madame. Wenn überhaupt, ich bestreite das. Oder ist es so, dass die Zeit verfliegt wie Sand in der Sanduhr? Ist es so lange her? Wir werden alt? Nein, wir sind alt. Steinalt, wir sterben bald. Was soll`s.
Schönes Wochenende
Comment by Söldert — 10.06, 2016 @ 21:42
@Ernst Hagen Im Zweifel, dass Ordnungsgelder, die auf die notarielle UVE fällig werden, auf Risiko des Gläubigers zu Gunsten der Staatskasse durchgesetzt werden müssen, wohingegen die Vertragsstrafe an den Gläubiger fließt. Das Verfolgungsinteresse ist im ersten Fall mutmaßlich deutlich geringer.
Die Kosten für den Notar sind überschaubar und geringer als die Gerichts- und Anwaltsgebühren für ein Eilverfahren.
Comment by Dominik Boecker — 11.06, 2016 @ 14:17