Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

3.2.16

Zugang der Erben zum Facebookaccount

Nach einem ausführlich begründeten Urteil des Landgerichts Berlin haben die Erben gegenüber Facebook grundsätzlich Anspruch auf Zugang zum Facebook-Account des verstorbenen Erblassers (Urteil vom 17.12.2015, Az.: 20 O 172/15).

Der Nutzungsvertrag zwischen Facebook und dem Erblasser geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB auf die Erben über. Der Erblasser hat aufgrund eines Vertrages mit Facebook das Recht, auf seinen bei Facebook gehosteten Account zuzugreifen und dieses Recht geht zusammen mit dem bestehenden Vertragsverhältnis auf die Erben über.

Das Gericht betont auch, dass eine unterschiedliche Behandlung des digitalen und des „analogen“ Nachlasses nicht zu rechtfertigen ist, weil dies ansonsten dazu führen würde, dass Briefe und Tagebücher unabhängig von ihrem Inhalt vererblich wären, E-Mails oder private Facebook-Nachrichten und -Inhalte hingegen nicht.

Nach einer aktuellen Meldung von Heise hat Facebook gegen das Urteil Berufung eingelegt. Es stellt sich umgekehrt auch die Frage, mit welchem Recht Facebook meint, den Erben den Zugriff auf die dem Erblasser zugeordneten Inhalte und Daten verweigern zu können.

posted by Stadler at 16:54  

16 Comments

  1. Mit dem hoechsten Recht ueberhaupt: der Gewinnerwartung. Gefolgt von der Faehigkeit, es einfach mal zu tun und den Rechtsstreit aus der Portokasse zu bezahlen, bis zur allerletzten Instanz.

    Comment by h s — 3.02, 2016 @ 17:09

  2. Es gibt einen Gesichtspunkt, der oft übersehen wird:

    Ohne den Nutzer-Content gäbe es keinen Cent Werbeeinahmen, und auch nur einen marginalen Börsen – Wert von Xxxx. Daher (oh) ist die Ablieferung von Content / Daten u. a. für Werbezwecke Xxxxs eine geldwerte Leistung.
    Eine bestimmte Datenmenge entspricht x Dollar Werbeeinnahmen.

    Wem gehört diese ?

    Heutzutage dürfte in vielen Fällen eine Nachlassverwaltung ohne Zugriff auf den Account bei Xxxx nicht möglich sein. Wer sollte ihn schliessen und die Daten löschen – wenn nicht die Erben ?

    Ach ja: die Daten werden gar nicht gelöscht. ..

    Comment by Arne Rathjen RA — 3.02, 2016 @ 18:16

  3. Es ist ja wohl völlig klar, dass die Erben als Rechtsnachfolger Zugriff auf den Account inklusive aller hinterlegten Daten bekommen müssen. Es ist völlig klar, dass die Erben den Vertrag kündigen d.h. den Account löschen können müssen. Aber es ist doch auch völlig klar, dass Facebook das Recht hat, den Vertrag zu kündigen. Und zumindest mein. Grundverständnis von Facebook besagt, dass dort nur tatsächliche, d.h. lebende, und juristische Personen zu finden sind. Allein das Authentizitätsbedürfnis in sozialen Netzwerken bedingt dies. Für Informationen über tote Personen, die vielleicht wichtig waren, gibt es Wikipedia.

    Es erscheint mir also durchaus richtig, wenn facebook sagt: „Hier ist der Datenbankauszug ihres Verstorbenen. Wir kündigen den Vertrag. Der Account ist gelöscht. Und tschüss.“

    Comment by Heinz Handtuxh — 3.02, 2016 @ 18:22

  4. Fraglich ist auch, ob Facebook dem Accountinhaber selbst den Zugriff verweigern oder den Contentdistributionsvertrag kündigen kann.
    Denn (oh nein): Facebook hat bei bestimmten sozialen Netzen fast eine Monopolstellung und für viele Leute ist Facebook so wichtig wie Zigaretten für Raucher. Oder die Milch zum Frühstück.

    Etwa das neue App-Upgrade führt zu Abstürzen der App: Functions terminated. UND NUN ?

    Comment by Arne Rathjen RA — 3.02, 2016 @ 18:51

  5. Hauptargumentation von Facebook ist wohl, dass eine Weitergabe der Zugangsdaten die Privatspäre anderer Nutzer betreffen würde, von welchen insbesondere private Nachrichten offengelegt würden, für welche die Eltern nicht Adressaten waren.
    Siehe:
    http://www.spiegel.de/netzwelt/web/facebook-gerichtsstreit-benutzerkonten-sollen-nicht-vererbbar-sein-a-1075090.html

    Comment by Para — 4.02, 2016 @ 09:10

  6. Nur ist das keine Neuigkeit: Erben erhalten regelmaessig Zugriff auf private Daten wie zB Briefe. Auch hier stellt sich die Frage, warum Facebook anders gestellt sein sollte.

    Comment by h s — 4.02, 2016 @ 17:48

  7. So einfach ist das nicht, sonst würde FB nicht in Berufung gehen. Außerdem ist es kein Wunschkonzert, bei dem der Sitz der Firma und das DORT geltende Recht vollständig egal ist. Bei FB spielen noch ganz andere rechtliche Vorgaben eine Rolle, nämlich deren AGB. Da schätzungsweise 97% aller User diese nicht durchlesen, kommt es zur Verwirrung. FB hat nämlich sämtliche Rechte an ALLEM, was dort erscheint, auch über den Tod hinaus. Aber so ist es, wenn Typen 24 Stunden einen Dienst nutzen, ohne sich auch nur eine Stunde mit den AGB zu befassen. Eigentlich sollten die User entmündigt werden, da sie offensichtlich nicht in der Lage sind, die abgeschlossenen Verträge zu verstehen.

    Comment by Birger — 4.02, 2016 @ 20:24

  8. Sorry aber hier kann ich entgegen, dass es auch kein Wunschkonzert für Facebook gibt.
    Wer seinen Dienst oder seine Dienstleistung hier in Deutschland anbietet, der hat sich auch an die geltende Gesetzeslage in Deutschland zu halten. Punkt. Da kann in den AGB von Facebook stehen was will. So lange die AGB mit deutschem Recht nicht vereinbar sind, sind diese AGB ganz oder teilweise nichtig.
    Da die verstorbene Person um deren Facebook-Account es geht MINDERJÄHRIG war, stellt sich sowieso die Frage ob diese minderjähre Person überhaupt wirksam den AGB von Facebook zustimmen durfte und diese überhaupt Vertragsbestandteil wurden. Hieraus würde dann die Frage resultieren, ob Facebook überhaupt sämtliche Rechte an ALLEM, was dort erscheint von einer minderjährigen erhalten kann.
    Ich denke aber das dies für eine gerichtliche Betrachtung nach deutschem Recht unrelevant ist, da der gesamte Nachlass vom Erblasser (minderjährige Tocher) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB auf die Erben (Eltern und Erziehungsberechtigte der minderjährigen Tochter) übergeht.

    Comment by Bolle — 4.02, 2016 @ 21:01

  9. Das fällt den Eltern aber früh auf, dass ihre „minderjährigen“ Blagen sich auf FB herumgetrieben haben. Dazu haben sie sich wohl ebenfalls nicht mit den AGB beschäftigt. Was steht da? Ab welchem Alter darf man teilnehmen? Einfach mal nachlesen.

    FB ist vollständig im Recht und wird dieses auch durchsetzen.

    Comment by Birger — 4.02, 2016 @ 21:54

  10. …und einfach mal die AGB lesen. Wenn FB Bock hat, kann jedes Pic dort für Werbezwecke oder sonstwas genutzt werden. Die User haben alle Rechte abgetreten, wenn sie dort auch nur einen Furz gelassen haben.

    Ich habe die Nase voll von diesen Jammerlappen, die sich jetzt von FB „geschädigt“ fühlen, obwohl sie es besser hätten wissen können. Diese Typen, die zu faul waren, was sie unterschreiben oder abhaken. Sind diese jetzt mündig oder nicht? Wenn nicht, müssen die Gerichte einschreiten, um das Entmündigungsverfahren einzuleiten.

    Oder waren sie mündig und einfach nur faul? Das Jammern im Nachgang ist widerlich. Erst gedacht, dann gemacht.

    Comment by Birger — 4.02, 2016 @ 22:05

  11. „Es stellt sich umgekehrt auch die Frage, mit welchem Recht Facebook meint, den Erben den Zugriff auf die dem Erblasser zugeordneten Inhalte und Daten verweigern zu können.“

    Das Recht der AGB!

    Comment by Birger — 4.02, 2016 @ 22:08

  12. In Deutschland nimmt 86% der Bevölkerung am Internet teil. 17% davon nutzt Facebook.

    Facebook wird überschätzt.

    Comment by Notiz — 4.02, 2016 @ 22:37

  13. Sorry aber nur weil Facebook irgendeinen „blödsinn“ in den AGB zu stehen hat, bedeutet das nicht gleichzeitig das diese Klauseln alle bestand haben. Nach deiner Logik könnte ja dann jede Firma in den AGB gegen treu und glauben verstoßen und seine Vertragspartner unangemessen benachteiligen. So funktioniert das wie bereits geschrieben jedoch nicht.
    Eine Klausel in AGB, die gegen die Regelungen der §§ 307–309 BGB verstößt, ist unwirksam. Der Vertrag im Übrigen bleibt nach § 306 Abs. 1 BGB wirksam. Es gelten dann grundsätzlich nach § 306 Abs. 2 BGB anstelle der unwirksamen Klausel die gesetzlichen Vorschriften. Nur wenn das Festhalten am Vertrag ausnahmsweise mit einer unzumutbaren Härte für eine Vertragspartei verbunden ist (§ 306 Abs. 3 BGB), ist der Vertrag insgesamt unwirksam.

    Comment by Bolle — 5.02, 2016 @ 09:58

  14. Facebook hat vor Kurzem – angeblich – lebenden Accountinhabern den Zugriff ueber die Android App temporaer gesperrt, um zu erforschen, was die Ausgesperrten so tun:
    http://www.theguardian.com/technology/2016/jan/05/facebook-deliberately-breaking-android-apps

    Toll: sie nutzen stattdessen den Zugriff via Browser.

    Comment by Arne Rathjen RA — 5.02, 2016 @ 18:25

  15. Facebook-Nutzer werden von anderen Menschen generell als minderbemittelt, geltungssüchtig und arglos dumm angesehen.

    Sie sind es meistens auch, wie sich immer zeigt.

    Comment by Notiz — 6.02, 2016 @ 13:52

  16. Notiz:

    Im Google Play Store finden sich fast nur Kommentare, in denen empfohlen wird, die App zu deinstallieren, weil sie seit dem letzten Upgrade einfach nicht mehr läuft.

    Da auch andere Komponenten von Android Geräten lahmgelegt werden, sollten man das wohl wirklich tun.

    Hier gewinnt die Frage nach der
    “ Unentgeltlichkeit “ der umfangreichen Datenlieferungen der
    Account – Inhaber eine gewisse Brisanz. Mängelhaftung?

    Immerhin musste sich auch VW dumme Fragen anhören wegen der Kreativ – Software, welche dieses Unternehmen verkauft.

    Comment by Arne Rathjen RA — 6.02, 2016 @ 18:58

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