Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.12.15

Kein gesetzeskonformes Impressum bei Google+ mehr möglich?

Mit der Frage der Impressumspflicht für Profile in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Xing habe ich mich hier immer wieder auseinandergesetzt. Es wird derzeit von den Instanzgerichten wohl überwiegend davon ausgegangen, dass eine solche Impressumspflicht besteht. Damit ist vor allen Dingen die Gefahr wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen mit Unterlassungsaufforderung verbunden.

Diejenigen, die das soziale Netzwerk Google+ nach wie vor nutzen – es sind noch einige – werden bemerkt haben, dass es dort ein neue gestaltete Oberfläche gibt. Hierbei wurde u.a. die Rubrik „Über mich“ ersetzt durch „i“. Der Kollege Thomas Schwenke vertritt in seinem Blog die Auffassung, dass ein Impressum zwar hinter dem alten „Über mich“ ausreichend war, weil der Verkehr dort Impressumsangaben vermuten wird, aber wohl nicht mehr hinter dem neuen „i“. Nachdem zahlreiche Gerichte bei Impressumsverstößen eher kleinlich sind, steht in der Tat zu befürchten, dass zumindest ein relevanter Teil der Gerichte das nicht als ausreichend ansehen wird.

Mir ist keine Entscheidung bekannt, in der die Frage erörtert wird, wie es sich auswirkt, wenn der Anbieter des sozialen Netzes wie jetzt Google und zeitweise auch Facebook keine ausreichende Möglichkeit bietet, eine gesetzeskonforme Anbieterkennzeichnung zu platzieren. So mancher Richter wird dann aber vermutlich die Auffassung vertreten, dass man solche Dienste dann eben nicht nutzen darf und weiterhin selbst für den Verstoß in Anspruch genommen werden kann.

Gerade deshalb sollte Google seine Nutzer nicht der Gefahr von Abmahnungen wegen unzureichender Anbieterkennzeichnung aussetzen und hier schnellstmöglich nachbessern.

posted by Stadler at 17:16  

9 Comments

  1. Auf der oben verlinkten Seite hat Rechtsanwalt Schwenke ja eine einfache Lösung fürs neue Design genannt. Er merkt hierbei nur ein gewisses Restrisiko an, weil der Verweis zum Impressum auf der eigenen Website nun nicht mehr anklickbar sei – ist das ein Problem?

    Comment by Ralf Ehlert — 4.12, 2015 @ 17:50

  2. Vor der Neufassung des Telemediengesetzes (TMG) ist es erst „in letzter Minute“ gelungen, die generelle Impressumsplicht aus dem Gesetzesentwurf zu entfernen.

    Im Entwurf vom 19.04.05 lautete der § 5 TMG noch:

    Allgemeine Informationspflichten

    (1) Diensteanbieter haben für Telemedien mindestens folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfuegbar zu halten:

    1. ihren Namen und ihre Anschrift sowie
    2. bei juristischen Personen auch den Namen und die Anschrift des Vertretungsberechtigten.

    (2) Diensteanbieter haben für geschäftsmässig angebotene Telemedien mindestens folgende usw …

    In der entgültigen Fassung ist der Absatz 1 von § 5 der Enwurfsfassung gestrichen worden und der Begriff geschäftsmäßig soll nunmehr laut Gesetz und lt. Begründung hierzu so verstanden werden:

    “… enthält § 5 TMG die Ergänzung, dass es sich bei den geschäftsmäßigen Telemedien um solche handeln muss, die in der Regel gegen Entgelt angeboten werden. Diese Vorgehensweise entspricht den Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie. Die Richtlinie gilt für Dienste der Informationsgesellschaft, also nach europäischem Recht für solche Dienste, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden. Das Merkmal der Entgeltlichkeit setzt eine wirtschaftliche Gegenleistung voraus. Damit unterliegen Telemedien, die ohne den Hintergrund einer Wirtschaftstätigkeit bereitgehalten werden (z. B. Homepages, die rein privaten Zwecken dienen und die nicht Dienste bereitstellen, die sonst nur gegen Entgelt verfügbar sind, oder entsprechende Informationsangebote von Idealvereinen), künftig nicht mehr den Informationspflichten des Telemediengesetzes (Zitatende).”

    Danach benötigen reine Selbstdarstellungen – vielleicht sogar solche von Firmen – im Internet kein Impressum genauso wie auch die gedruckten Werbeprospekte lt. Pressegesetzen der meisten Länder keins brauchen.

    Leider ist es „in letzter Minute“ nicht mehr gelungen die Impressumgspflichten lt. Rundfunkstaatsvertrag und TMG aufeinander abzustimmen. Nach dem Rundfunkstaatsvertrag müssen lt. § 55 selbst private Homepage-Betreiber im sogenannten Impressum ihrer Hompape mindestens Namen und Anschrift angeben, soweit ihr Angebot nicht “ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken” dient.

    Siehe hierzu aber “Rockstroh, Sebastian: Impressumspflicht auf Facebook-Seiten, MMR 10/2013”. Danach dürften, wenn sich die Kennzeichnungspflicht nicht aus § 5 TMG , sondern nur aus § 55 Abs. 1 RStV ergibt, Verstöße hiergegen in der Regel nicht abmahnfähig sein. Der Autor begründet dies damit, dass § 55 Abs. 1 RStV nicht der Umsetzung von Art. 5 Abs. der E-Commerce-RL dient und daher § 4 Nr. 11 UWG bei einem Verstoß nicht anwendbar ist.

    Comment by Schmunzelkunst — 4.12, 2015 @ 20:12

  3. Ist die Fa. Google nicht in der Lage, das Wort Impressum ausgeschrieben anzubieten? Oder steht der Buchstabe I nicht international für INFO?? Muss man für IIIIIdioten alles ausschreiben?

    Worum geht es als Nächstes, für die Mülltrennung online?

    Comment by Lobbyist — 5.12, 2015 @ 11:56

  4. Gilt für Flughäfen und Bahnhöfe bald auch die Ausschreibungspflicht des Buchstaben I für Info?? Wie kommt es, dass Menschen aus aller Welt auf das I achten, wenn sie einen Infostand suchen? Weil sie meinen, I steht für Idiot?

    Wann wird „ok“ ausgeschrieben, damit es jeder versteht? Wer denkt sich sowas aus?

    Comment by Lobbyist — 5.12, 2015 @ 12:12

  5. „Ist die Fa. Google nicht in der Lage, das Wort Impressum ausgeschrieben anzubieten?“

    Die Firma ist der Name unter dem ein Unternehmen firmiert.

    Soviel mal in aller Kürze zur „Mülltrennung online“.

    Comment by doc-rofl — 5.12, 2015 @ 13:07

  6. Man muss ja den Murks wie Facebook & Co ja nicht nutzen. Und wenn es jetzt eben gesetzeskofnrom wohl nicht möglich, dann muss man eben warten oder gegenüber dem Anbieter aktiv werden.

    Comment by Christian — 5.12, 2015 @ 19:09

  7. Die User sollten sich weniger wegen des I sorgen, sondern eher mal die Geschäftsbedingungen von Google durchlesen. Ich bin sicher, selbst Juristen haken alles ungelesen ab, wenn sie diese Dienste nutzen.

    Um Google macht man einen großen Bogen.

    Comment by Lobbyist — 8.12, 2015 @ 19:06

  8. Die Regelungen des TMG über die Impressumspflicht sind überholt.

    Ich hoffe, dass sie irgendwann einmal an die aktuellen Erfordernisse angepasst werden. Weite Teile des TMG sind auch gar nicht verfassungsgemäß.

    Es fehlt insbesondere an einer Geeignetheit, den gesetzgeberischen Zweck zu erreichen. Bei der Frage, wie denn Verstöße gegen das TMG zu sanktionieren sind, fehlt es an einem Minimum der Bestimmtheit.

    Wenn man sich ein bisschen anstrengt, kann man also durchaus bei Google+ ein rechtsgültiges Impressum fabrizieren. Die gegenwärtige Rechtslage hat im Übrigen die merkwürdige Auswirkung, dass man dann, wenn man im Internet als Unternehmer Telefonverzeichniseinträge schaltet, auch noch ein Impressum hinterher liefern muesste, man bietet ja über das Internet Waren und Leistungen an.

    Das TMG in seiner jetzigen Form ist eher das Ergebnis eines Überwachungswahns, und nicht Ausfluss des Bestrebens, einen freien Markt zu gewährleisten. So ist etwa das Erfordernis, seine E-Mail-Adresse im Impressum anzugeben, gelinde formuliert überflüssig. Denn: das BSI, das BKA und sogar das FBI raten seit geraumer Zeit, keine öffentliche E-Mail-Adresse mehr vorzuhalten, sowie E-Mails von Unbekannten nicht zu öffnen. Die Verseuchungsgefahr ist im Übrigen weit angestiegen, völlig außer Kontrolle geraten. Möchte man also elektronischen Selbstmord begehen, halte man eine öffentliche E-Mail-Adresse vor, und öffne jede einzelne. Es kann natürlich sein, dass man für die Bestrebung, sich abzusichern, eine Abmahnung erhält.

    Comment by Arne Rathjen RA — 9.12, 2015 @ 17:48

  9. Ach ja: Hochgradig seltsam, dass ein Weltkonzern , dessen + App ca. 1.000.000.000 Mal heruntergeladen wurde, ein solches Upgrade produziert.

    Comment by Arne Rathjen RA — 12.12, 2015 @ 19:13

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