Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

22.6.15

Wird der Journalismus der Zukunft gemeinnützig sein?

Daniel Bouhs hat den Blogger Moritz Tschermak interviewt, dessen Unternehmergesellschaft (UG), die das Blog „Topf voller Gold“ betreibt, jetzt als gemeinnützig anerkannt worden ist. Tschermak erläutert in dem Interview, dass Journalismus nicht als gemeinnützig gilt, weshalb man für den Antrag beim Finanzamt die Bildungstätigkeit in den Vordergrund gestellt hat.

Dieses Beispiel wirft die Frage auf, ob Gemeinnützigkeit nicht ein Weg wäre, um die aktuelle Krise des Journalismus aufzulösen. Vielleicht sollte und könnte der Journalismus der Zukunft also gemeinnützig sein. Das würde seinem Auftrag, die Meinungsvielfalt zu sichern und die Öffentlichkeit zu informieren, entsprechen. Hierzu müsste allerdings zunächst der Gesetzgeber tätig werden, denn die journalistische Tätigkeit bzw. die Förderung des Journalismus gehören bislang nicht zu den gemeinnützigen Zwecken im Sinne von § 52 AO.

Journalismus wird in Deutschland traditionell von gewinnorientiert agierenden Verlagen betrieben. Den Journalismus als Tätigkeit zu betrachten, die dem Gemeinwohl dient und ihn auch mit entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen auszustatten, ist bisher noch nicht einmal andiskutiert worden. Aber warum nicht? Weil das nicht ins Bild einer Gesellschaft passt, in der die Marktwirtschaft regiert? Was spricht gegen Non-Profit-Organisationen als Träger moderner Medien? Bei vernünftiger Betrachtung vermutlich nicht viel.

Die großen Verlage, die trotz der seit Jahren herrschenden Zeitungskrise, faktisch nach wie vor über die Meinungshoheit verfügen, würden dies vermutlich als Angriff auf ihre Existenz betrachten und alle lobbyistischen Hebel in Bewegung setzen, um eine derartige Gesetzgebung zu verhindern. Und wer sich beispielsweise mit der Entstehung des Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse befasst hat, wird schnell erkennen, über welch enormen Einfluss auf die Politik Springer, Burda und Co. nach wie vor verfügen.

Dennoch gehört die Diskussion auf die politische Tagesordnung.

 

posted by Stadler at 09:11  

4 Comments

  1. Also ich fände es jedenfalls sehr gut, wenn ein werbefreies, unabhängiges journalistisches Medium wie „Krautreporter“ als gemeinnützig eingestuft werden könnte.

    Comment by Ulrich Vos — 22.06, 2015 @ 09:42

  2. Ich tue mich schwer, die Journalisten von der BILD-Zeitung als gemeinnützig zu sehen. Ich sehe die eher als allgemein schädlich. Von daher wird es schwer, den Journalismus als Beruf gemeinnützig einzustufen. Da ist der Ansatz, die Organisation im speziellen Fall als gemeinnützig anzuerkennen wie hier im Beispiel.

    Bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und deren Journalisten steht die Gewinnorientierung meist nicht im Vordergrund.

    Allgemein mindert die Abgabenordnung evtl. die Ausgabenseite. Dürfen dann gemeinnützige sich durch kommerzielle Werbung finanzieren oder ist es dann schon wieder Gewerbebetrieb? Die Gemeinnützigkeit schafft Neidprobleme, wenn man erfolgreich ist, wie wir an der Treberhilfe in Berlin sehen konnten: verballert man alle Erlöse aus der öffentlichen Hand für gemeinnützige Tätigkeit wie die Caritas, ist man der Held. Bleibt noch was über und man arbeitet effizient, so dass man auch investieren kann, dann hat man (als Treberhilfe) die Neidarschkarte bis zur Insolvenz.

    Wenn man an die Erlösseite geht, ist das öffentlich-rechtliche Modell für die Journalisten (ja auch heute schon) attraktiver. Ich könnte mir vorstellen, dass man aus dem Beitragsservice auch Modelle speist, um neue Formen des Journalismus auszuprobieren. Die Journalisten müssen ja auch von was leben und nicht nur die Steuern für das Unternehmen sparen. Bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist ja auch die Frage der gewerbsmäßigen Werbung geklärt.

    Offen ist die Frage der Steuerung solcher Vehikel. Die Steuerung durch Politik und Kirchen hat sich bisher nicht bewährt. Da müsste man Steuerungselemente bauen, die aus Nutzern und Zahlern bestehen. Das kann man ja heute technisch einfacher als durch Präsenzsitzungen machen.

    Wichtig aber ist, dass wir uns überhaupt Gedanken machen, wie es mit dem Journalismus weitergehen kann, weil wir einerseits die Insolvenzen, Konzentrationen und den kommerziellen Niedergang sehen, und andererseits wir erhebliche Qualitätsprobleme haben, wie sie unter dem Stichwort „Lügenpresse“ offenbar wurden.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 22.06, 2015 @ 11:10

  3. Gegenwärtig wird die absolut Entgegengesetzte Linie gefahren. Auch das Zensurverbot wird kommerzialisiert. Im GG ist das Zensurverbot noch etwas Soziales. Art. 10 der EMRK ist ein reiner kommerzieller Artikel.

    Das Verbot, dass die öffentlichen Fernsehanstalten in der Mediathek etwas länger als eine Woche vorhalten, zeugt von einem anderen politischen Willen der GroKo, als dass der Journalismus als etwas Gemeinnütziges gesehen wird.

    Gilt auch für Menschenrechte, Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte etc. Alles nur Kommerz.

    Versuche,m Betsxrebungen, diese menshcneverachtende Herangehensweise zu ändern, werden mit den Begriffen, man wolle den Sozialismus, den Kommunismus à la DDR, UdSSR niedergedrückt.

    Alles Wahnsinn, was uns umibt.

    Comment by Rolf Schälike — 22.06, 2015 @ 20:09

  4. Warum ist eigentlich der Bild-Blome nach kurzem Gastspiel beim Spiegel wieder rausgeflogen (im so genannten beiderseitigen Einvernehmen)? Weiß da einer mehr drüber? Wenn es in einer Redaktion nur noch kracht, hat keiner Lust mehr auf das Angebot. Beim Spiegel knallt es schon seit Jahren. Ein Chef nach dem anderen wird gefeuert. Nervös? 4,60 Euro kann ich auch anders verjubeln.

    Comment by Tront Olsen — 23.06, 2015 @ 18:44

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