Leistungsschutzrecht: VG Media will 6 % des Deutschlandumsatzes von Google
Nach einem Bericht der LVZ Online fordert die VG Media, die das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse für verschiedene Verlage geltend macht, 6 % des Umsatzes, den Google in Deutschland erzielt.
Nach den Berechnungen der VG Media beträgt der Umsatz von Google allein in Deutschland zwischen 3 und 5,8 Milliarden Euro.
Nachdem der pauschale Regelvergütungssatz für Verwertungsgesellschaften 10 Prozent des Umsatzes betrage und es bei digitalen Verwertungen einen Zuschlag von einem weiteren Prozent gebe, müsste Google nach Ansicht der VG Media 11 % seines Umsatzes an die Verlage abführen. Da die VG Media bei der Geltendmachung des Leistungsschutzrechts derzeit nach eigenen Angaben aber nur etwa die Hälfte der deutschen Verlage vertritt, fordert die Verwertungsgesellschaft vorerst (nur) 6 Prozent des Umsatzes von Google.
Der Beitrag aus der Leipziger Volkszeitung, deren Verleger die Madsack Mediengruppe sich ebenfalls an der VG Media beteiligt hat, ist inhaltlich verlegerfreundlich verzerrt.
In dem Beitrag wird behauptet, das Leistungsschutzrecht ermögliche den Verlagen, von Suchmaschinen wie Google eine Vergütung zu erhalten. Genau das ist allerdings der große Streitpunkt.
Die VG Media hat am 13.06.2014 einen “Tarif Presseverleger für die öffentliche Zugänglichmachung von Ausschnitten aus Online-Presseerzeugnissen zu gewerblichen Zwecken gem. § 87 Abs. 1 S. 1 UrhG“ im Bundesanzeiger veröffentlicht. Den für die Vergütungspflicht maßgeblichen Ausschnitt aus Presseerzeugnissen definiert das Tarifwerk der VG Media folgendermaßen:
Als Ausschnitt im Sinne dieses Tarifs gelten solche Teile von Online-Presseerzeugnissen i. S. des § 87f Abs. 2 S. 1 UrhG, wie sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Tarifs verkehrsüblich in Ergebnislisten von Suchmaschinen und von News-Aggregatoren angezeigt werden.
Dem liegt eine Gesetzesauslegung zugrunde, die mit dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar ist. Denn das Gesetz nimmt in § 87f Abs. 1 UrhG kleinste Textausschnitte ausdrücklich vom Schutzbereich des Leistungsschutzrechts aus. Die verkehrsübliche Suchmaschinenfunktionalität soll nach dem Willen des Gesetzgebers nämlich gerade frei vom Leistungsschutzrecht bleiben. Diese wesentliche Einschränkung, die gerade zum Schutz der normalen Suchmaschinenfunktionalität in das Gesetz aufgenommen wurde, findet sich im Tarifwerk der VG Media nicht. Die VG Media versucht ganz im Gegenteil gerade die üblichen Ergebnislisten von Suchmaschinen, die der Gesetzgeber ausdrücklich ausnehmen wollte, als vergütungspflichtig darzustellen. Die Verlage versuchen ihr Leistungsschutzrecht also mit einer mehr als fragwürdigen Gesetzesauslegung durchzusetzen.
In der juristischen Literatur wird bislang angenommen, dass das Leistungsschutzrecht nur dann eingreift, wenn längere Textpassagen oder ganze Artikel übernommen werden. Die Verwendung von Snippets in einer Länge, wie sie in Suchmaschinen wie Google, Bing oder Yahoo üblich ist, unterfällt dem Leistungsschutzrecht gerade nicht.
Von einer ausgewogenen und kritischen Berichterstattung hätte man sich eine Darstellung dieser Hintergünde wohl erwarten dürfen. Einmal mehr findet man zum Leistungsschutzrecht aber nur eine verlagsfreundliche und einseitige Presseberichterstattung vor. Dazu passt auch die Aussage in dem Artikel, Google würde Links zu Angeboten von Verlagen, die darauf pochen, von Google Geld zu bekommen, einfach auslisten. Das ist unzutreffend. Google hat zwar kurzzeitig von einigen Verlagen keine Snippets mehr angezeigt, die Links auf die Verlagsinhalte wurden in den Ergebnislisten aber weiterhin präsentiert.
Leistungsschutzrecht – Burda kümmert sich selbst einen ScheiX um Urheberrecht und Co!
https://twitter.com/CHIP_online/status/592560046522916865
Comment by Andreas — 28.04, 2015 @ 12:22
Wie kommt die VG Media auf die abstruse Idee, Internet-Content auf deutschen Seiten hätte immer etwas mit Verlagen und Presse zu tun?
WER macht den Content?
Comment by Frank — 28.04, 2015 @ 12:22
Na, dann werden Verlage ja demnächst kräftig von Google bedient. Plus minus 300 Millionen Euro für Leistungsschutzrechte. Und dann noch ein paar schicke Millionen im Rahmen der Innovationsinitiative, mit der Google für freundliche Berichterstattung sorgt.
Comment by Thierry Chervel — 28.04, 2015 @ 12:58
dreist, dreister, VG Media?! Oder wie soll das heißen?! Besonders krass: Die Verlage berichten bewusst verfälschend um ihre Position nach außen gut zu verkaufen und lügen dabei den Endkunden an, der dann die Verlage noch mehr meidet, sodass diese Lügenverlage noch mehr auf die Millionen von Google angewiesen sind… irre.
Comment by maSu — 28.04, 2015 @ 13:58
Läuft wohl unter dem Motto „Versuchen kann man es ja mal“. Erst die Forderung aufblasen (11%), dann wohlwollend verkürzen (6%) und letztendlich auf außergerichtliche 1-2% spekulieren.
Denn eins dürfte wohl sicher sein: Bei DEM Prozesskostenrisiko geht das nicht in ein Verfahren.
Comment by mcbexx — 28.04, 2015 @ 14:40
Die VG-Media wird ihre Pseudoforderungen nicht durchsetzen können da sie rechtlich unhaltbar und illegal sind. die VG-Media wird sicherlich sehr bald straf- und zivilrechtlich verfolgt. Google wird alle Verlage aus dem Index löschen und das wars dann. Das Leistungsschutzrecht ist nur eine Gelddruckmaschine für die untergehenden Verlage von denen alle unseriös und unprofessionell sind. Fakt ist die VG-Media erhebt Ansprüche die es nicht gubt. Es wird Zeit, das die VG.Media gestoppt und geschlossen sowie strafrechtlich belangt wird. Aus meiner Sicht ist dies Betrug im gewerbsmäßigen Umfang unterstützt durch die Regierung die Koffer voller Geld von den Verlagen erhalten haben (mene Vermutung) es wird Zeit, das Strafanzeige gegen VG-Media erstattet wird und gegen die Verlage!
Comment by Hans Müller — 28.04, 2015 @ 14:56
Als nächstes bleibt der VG Media nur noch ein folgerichtiger Schritt: Alle Bürger verklagen, jeweils wegen jedes juristisch definierten Delikts. Und dann warten, wer freiwillig zahlt. Das scheint ja nun das neue Geschäftsmodell zu sein.
Welchen Grad von Dummdreistheit muss man hier denn noch annehmen, damit kein Prozessbetrug vorläge?
Das Zeitungssterben verliert momentan viel von seinem Schrecken.
Comment by Thomas R. — 28.04, 2015 @ 15:44
Stefan Niggemeier hat hierzu ein aufschlussreiches Interview mit Christoph Keese (Springer) geführt:
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/20597/christoph-keese-erklaert-warum-das-leistungsschutzrecht-vielleicht-auch-ueberschriften-umfasst/
Es geht wohl darum, dass man den Superlativ „kleinste“ im Gesetzestext gerne so restriktiv wie möglich auslegen möchte. Komplette Überschriften sollen so nicht mehr unter kleinste Textausschnitte fallen. Sie müssten manuell aus das kleinst mögliche Minimum gekürzt werden.
Comment by Klaus — 28.04, 2015 @ 15:53
Hab mal nachgesehen. Ich bin heute über Heise, den Blog hier oder via Bookmarks auf Nachrichtenseiten gekommen. Es fand sich kein einziger Klick via Google (und Co.) auf Nachrichtenseiten; auf die von VG-Wort sowieso nicht..
Ich kann mich auch an keinen solchen Klick seit Ewigkeiten erinnern.
Es gibt Ausnahmen. Ab und an suche ich mit „site:….“, weil die Suchfunktionen der Nachrichtenseiten einfach unzureichend sind. Meine Hauptquelle sind verlinkende Blogs.
Muss jetzt Heise zahlen (wenn ich da nur minimal x% repräsentativ bin)? Dann bekommen die maximal
6%/100 * x%. In meinem Fall mit x nahe 0 also nahezu nichts.
Aber z.B. Blogs oder technische Infos habe ich gesucht. Bekommen die (echten Informationsseiten) nun von Google Geld?
Wie kommt die VG-Media darauf, dass sie die Hälfte der von Google gefundenen ausmachen? Was ist mit den Kochrezepten oder Auto/Krankheiten/sonstwas-Suche?
Zuletzt stellt sich die Frage, was Google mit Google-News denn überhaupt verdient. Ich sehe da keine Werbung bei Google-News. Gibt es das da?
Mit scheint, die sind einfach größenwahnsinnig.
Comment by Joachim — 28.04, 2015 @ 15:59
Google und acht Verlage starten Digital-Initiative
von Michael Hanfeld
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/online-journalismus-google-und-acht-verlage-starten-digital-initiative-13562801.html
Google fördert europäische Medien mit 150 Millionen Euro
http://www.zeit.de/digital/internet/2015-04/google-medien-innovationsfonds
Comment by RA Michael Seidlitz — 28.04, 2015 @ 17:35
„Der Beitrag aus der Leipziger Volkszeitung, deren Verleger die Madsack Mediengruppe sich ebenfalls an der VG Media beteiligt hat, ist inhaltlich verlegerfreundlich verzerrt.“
Dann wundert man sich, dass ein Begriff wie „Lügenpresse“ in Bezug auf die etablierten, kommerziellen Pressehäusern die Runde macht.
Desinformation ist schließlich nichts anderes als Lügen.
Comment by Ich — 28.04, 2015 @ 18:24
Als regelmäßiger Leser des Online-Angebots der LVZ war ich ja sehr bestürzt auf einen Artikel verwiesen zu werden, den ich noch nicht gelesen hatte… Im Augenblick kann ich ihn nämlich auf der Webseite nicht verlinkt finden, deshalb würde mich mal interessieren wie der Artikel hier aufgetaucht ist… :-D
Comment by Patrick — 28.04, 2015 @ 21:40
…also, eins verstehe ich nicht. Warum orientieren die sich an Googles Gesamtumsatz? Das ist doch in dem Moment verfälscht, wo ich den ersten Begriff bei Google eingebe, der nichts mit Nachrichten zu tun hat. Nun könnten sie natürlich von Google die Information haben wollen, wie viele Suchanfragen sie kriegen und wie viele davon Ergebnisse von LSR-Inhabern enthalten. Und Google kann einfach sagen „das erfassen wir nicht, und wenn wir es erfassen wollten, würde das uns Kosten verursachen -> warum sollten wir?“
Naja in real wird es wohl eher darauf hinauslaufen, wie das bisherige Enforcement vom LSR auch abging. Verleger wollen Geld, Google sagt „wollt ihr nun verlinkt werden oder nicht“ und die Verleger lassen ab. Die ganze Idee LSR beruht ja darauf, dass man Google dazu zwingen kann eine Dienstleistung (zu selbst festgelegten Preisen!) zu kaufen.
Comment by Gully — 29.04, 2015 @ 09:09
Der Bundesgerichtshof hat heute im Streit um die Tagesschau-App den Zeitungsverlegern Recht gegeben und gegen die ARD entschieden.
Pressemitteilung des BGH:
http://tinyurl.com/k5ophsn
BGH-Urteil v. 30.04.2015:
http://goo.gl/bxZw2H
..das Urteil liegt bislang nur noch nicht vor.
Comment by sascha — 30.04, 2015 @ 18:33