Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

8.4.15

Haftung von sozialen Netzwerken und Microbloggingdiensten für Nutzerpostings

Das OLG Dresden hat mit Urteil vom 01.04.2015 (AZ.: 4 U 1296/14) entschieden, dass Anbieter von Mikrobloggingdiensten verpflichtet sind, rechtswidrige Äußerungen von Nutzern zu entfernen und hat gegen den Anbieter einen Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Persönlichkeitsrechts bzw. des Unternehmenspersönlichkeitsrechts bejaht. Das Urteil ist in den Medien z.T. als überraschend bewertet worden, bei Chip.de ist beispielsweise von einem krassen Urteil die Rede.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts haftet der Anbieter nach den Grundsätzen der Störerhaftung. Der Betreiber könne, so das OLG,  verpflichtet werden, zukünftige derartige Verletzungen zu verhindern, wenn der Betroffene ihn auf die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hinweist. Das OLG Dresden hat die Rechtsprechung des BGH zu Informationsportalen auf diese Konstellation angewendet (vgl. BGH, Urt. v. 27.03.2012 – VI ZR 144/11 und BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10). Ein Tätigwerden des Hostproviders ist aber nur dann veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst wird, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer, d.h. ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung, bejaht werden kann. Der Anbieter muss nicht von vorneherein eine eigene Prüfung und Abwägung der betroffenen Rechte durchführen. Er muss aber prüfen, ob – die Richtigkeit der Beanstandung unterstellt – möglicherweise fremde Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Dazu soll er dem Nutzer die Gelegenheit geben, zu den Beanstandungen innerhalb angemessener Frist Stellung zu nehmen. Das OLG hat die Revision zum BGH zugelassen.

Die Entscheidung ist auf den ersten Blick nicht sonderlich spektakulär, sondern bestätigt nur die Rechtsprechung der letzten Jahre. Grundsätzlich ist in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH allerdings davon auszugehen, dass den Anbieter zunächst nur eine Löschpflicht trifft. Der Anbieter wird erst dann zum Störer, mit der Konsequenz einer vollen Unterlassungsverpflichtung, wenn er den beandstandeten Inhalt trotz konkreter Kenntnis nicht löscht bzw. sperrt. Das lässt sich u.a. den Entscheidungen des BGH vom 17.08.2011 (Az.: I ZR 57/09) und vom 30.06.2009 (Az.: VI ZR 210/08) entnehmen und ist auch vom OLG Stuttgart so entschieden worden. In dem Fall den das OLG Dresden zu entscheiden hatte, hatte der Anbieter aber vermutlich nicht gelöscht und wurde deshalb zur Unterlassung verurteilt. Nachdem bislang aber nur die Pressemitteilung vorliegt, muss insoweit das vollständige Urteil abgewartet werden.

posted by Stadler at 15:24  

2 Comments

  1. -> „Nach Ansicht des Oberlandesgerichts haftet der Anbieter nach den Grundsätzen der Störerhaftung. Der Betreiber könne, so das OLG, verpflichtet werden, zukünftige derartige Verletzungen zu verhindern, wenn der Betroffene ihn auf die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hinweist.“

    Wo ist das Problem? Das genau ist endlich mal die richtige Rechtsprechung. Wie sollte es anders sein? Keine Verhinderung der zukünftigen Rechtsverletzung??? Was glaubt Ihr eigentlich, wer Ihr seid??

    Comment by Ilja — 13.04, 2015 @ 19:31

  2. Wenn der Siter hier in Deutschland sitzt, dann haftet er eben mal hier und da. Wahrscheinlich ist auch mal ein Huni zu zahlen. Wenn er in den USA sitzt, seinen Server auf Schnurzegal-Insel deponiert, dann hat sich das mit dem Löschen und der Haftung erledigt.

    Was deutsche Ermittler betrifft, so gibt es auch große Unterschiede im Elan. Es gibt Staatsanwaltschaften, die gar keine Wehwehchen und Auerlein wie Beleidigung und Co. mehr ernstnehmen, sondern im Usus nach sechs Wochen das Standardschreiben raussenden, was den Titel hat: Der Täter konnte nicht ermittelt werden, das Verfahren wurde eingestellt.

    Irgendwann hat auch der fleißigste Staatsanwalt mal die Nase voll von diesen Anzeigen der zartbesaiteten Klampfen.

    Hey, entspannt Euch!

    Comment by Gonzo — 16.04, 2015 @ 13:22

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