Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.3.15

Abmahnfalle Facebook Share-Button?

Die Anwaltskanzlei Wilde Beuger Solmecke hat gestern mit einem Blogbeitrag über eine Abmahnung eines Facebooknutzers, der ein Bild geteilt hat, für Aufregung gesorgt. Zum ersten Mal sei ein Internetnutzer nur für das Drücken des Teilen Buttons abgemahnt worden, schreibt Rechtsanwalt Solmecke. Diese Aussage ist insofern falsch, als über solche Abmahnungen bereits vor über zwei Jahren berichtet worden ist. In einem Blogbeitrag aus dem Jahre 2013 habe ich die Rechtslage bereits etwas ausführlicher erläutert.

Durch die Betätigung des Share-Buttons bei Facebook wird von Facebook ein Vorschaubild erzeugt, das in der Timeline des Facebooknutzers erscheint. Dieser Vorgang stellt eine Vervielfältigung dar, die meines Erachtens sowohl dem Nutzer als auch Facebook zuzurechnen ist. Ob der Nutzer haftet, hängt davon ab, ob man die Vorschaubilderrechtsprechung des BGH auch auf diese Konstellation übertragen kann oder nicht.

Der BGH hat in der Entscheidung „Vorschaubilder I“ ausgeführt, dass ein Urheber, der eine Abbildung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ins Internet einstellt, ohne technisch mögliche Vorkehrungen gegen ein Auffinden und Anzeigen dieser Abbildung durch Suchmaschinen zu treffen, durch schlüssiges Verhalten seine (schlichte) Einwilligung in eine Wiedergabe der Abbildung als Vorschaubild durch eine Suchmaschine erklärt. Eine solche schlichte Einwilligung liegt nach der Entscheidung „Vorschaubilder II“ (Urteil vom 19.10.2011, Az.: I ZR 140/10) auch dann vor, wenn die Abbildung eines urheberrechtlich geschützten Werkes nicht vom Urheber des Werkes, sondern mit seiner Zustimmung von einem Dritten ins Internet eingestellt wird.

Wenn das Foto also vom Fotografen oder zumindest mit seiner Zustimmung ins Netz gestellt worden ist, dann muss er auch mit Vorschaubildern bei Suchmaschinen und wohl auch bei sozialen Medien wie Facebook rechnen und hat hierzu stillschweigend auch seine Zustimmung erteilt.

Lesenswert zum Thema ist auch der Blogbeitrag des Kollegen Ulbricht, der die Rechtslage zutreffend und ausführlich erläutert.

Update:
Stefan Niggemeier bezeichnet die Meldung von RA Solmecke als gelungene Anwalts-PR.

posted by Stadler at 10:49  

12 Comments

  1. „… ohne technisch mögliche Vorkehrungen gegen ein Auffinden und Anzeigen dieser Abbildung durch Suchmaschinen …“

    Warum gilt diese vernünftige Überlegung nicht auch für blossen Text. Dann wäre z.B. das Leistungsschutzgesetz überflüssig.

    Comment by GustavMahler — 24.03, 2015 @ 15:57

  2. @GustavMahler Weil diese Überlegung absoluter Unsinn ist. Alles was ein beliebiger Nutzer finden kann, kann auch eine Suchmaschine finden und anzeigen. Und etwas, das ein beliebiger Nutzer nicht finden kann, ist auch nicht ins Internet gestellt, sondern in private Netze. Und ein Bild nicht als Bild, sondern als Flash anzuzeigen (oder ähnliche Maßnahmen, um Menschen zu ärgern), schützt auch nicht, weil eine Suchmaschine daraus problemlos das normale Bild berechnen kann.

    Comment by Heinz Handtuch — 24.03, 2015 @ 16:50

  3. Zum Hinweis auf “Vorschaubilder II” (Urteil vom 19.10.2011, Az.: I ZR 140/10): Auch Vorschaubilder von Raubkopien sollten erlaubt sein.

    Der Orakelspruch aus Vorschaubilder II (Leitsatz b) lautet: „Eine vom Urheber oder mit seiner Zustimmung von einem Dritten erklärte Einwilligung in die Wiedergabe der Abbildung eines Werkes als Vorschaubild erstreckt sich auch auf die Wiedergabe von Abbildungen dieses Werkes, die nicht vom Urheber oder mit seiner Zustimmung von einem Dritten ins Internet eingestellt worden sind.“

    Die letzten Absätze in der Urteilsbegründung lassen etwas deutlicher erscheinen, was der BGH sagen will: „… Es ist allgemein bekannt, dass Suchmaschinen, die das Internet in einem automatisierten Verfahren unter Einsatz von Computerprogrammen nach Bildern durchsuchen, nicht danach unterscheiden können, ob ein aufgefundenes Bild von einem Berechtigten oder einem Nichtberechtigten ins Internet eingestellt worden ist. Deshalb kann der Betreiber einer Suchmaschine die Einwilligung in die Wiedergabe von Abbildungen eines Werkes oder Lichtbildes als Vorschaubild nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt nur dahin verstehen, dass sie sich auch auf die Wiedergabe von Abbildungen des Werkes oder der Fotografie erstreckt, die nicht vom Berechtigten oder mit seiner Zustimmung von einem Dritten ins Internet eingestellt worden sind … Dem Kläger ist es allerdings unbenommen, diejenigen wegen einer Verletzung seiner nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte an der Fotografie in Anspruch zu nehmen, die Abbildungen der Fotografie unberechtigt ins Internet eingestellt haben.“

    Dem Argument, dass nach dem Wortlaut des Urteils für die Abbildung eines Fotos auf mindestens einer Internetseite die Zustimmung des Urhebers vorliegen muss – so klingt der Eiertanz des BGH ja fast – halte ich entgegen, dass auch dies die Suchmaschinen gar nicht erkennen können. Hilfsweise füge ich hinzu, dass selbst wenn ein Urheber bisher noch keine Internetpräsentationen seines Werkes erlaubt hat, er legale Zitate im Internet nicht unterbinden kann. Von denen sollten die Suchmaschinen dann wieder – m. e. legale – Vorschaubilder ableiten dürfen.

    Die „schlichte Einwilligung“ ist für die Sanktionierung der Vorschaubilder zwar gut gemeint aber eigentlich das falsche Konstrukt. Die Erlaubnis muss durch eine Schrankenregelung im Gesetz geregelt werden.

    Comment by Schmunzelkunst — 24.03, 2015 @ 17:58

  4. Abwegig ist der Hinweis im ersten Kommentar von GustavMahler nicht. Nur ein Beispiel:

    http://leistungsschutzrecht.info/stimmen-zum-lsr/fachpublikation/snippets-im-lichte-des-geplanten-leistungsschutzrechts-fuer-presseverlage

    „In der Fachzeitschrift Kommunikation & Recht untersucht der Internetrechtler Stephan Ott den rechtlichen Status von Snippets und die möglichen Auswirkungen des Leistungsschutzrechts. Er kommt zum Ergebnis, dass man von einer Einwilligung der Verlage in die Nutzung von Snippets ausgehen kann.“

    Comment by Schmunzelkunst — 24.03, 2015 @ 18:36

  5. Ist es denn nicht auch so, dass es dem Facebook-Nutzer, der auf einen Like-Button klickt, gar nicht möglich ist, den Vertrag zwischen der BILD-Zeitung und dem Fotographen zu kennen? Und dass es die BILD erst ermöglicht bzw. sogar dazu auffordert, das Bild auf Facebook zu verlinken, indem sie beim Bild einen Like-Button auf der Seite einbaut?
    Wieso soll die Axel Springer SE in diesem Fall an gar nichts schuld sein, sondern nur der Facebook-Nutzer und Facebook?
    Ohne BILD Like-Button kein Facebook-Like.

    Comment by Wurzelsepp — 26.03, 2015 @ 07:19

  6. @Wurzelsepp
    Die Benutzung des TEILEN-Buttons selbst ist nicht das Problem des Falls. Man darf wie oben erklärt davon ausgehen, dass hier BILD sich ausreichend Rechte gesichert hat und der Urheber damit rechnen und einverstanden sein muss, dass das BILD in Verbundung mit dem Text auch durch Dritte veröffentlicht wird (Vorschautext/Suchmaschine, soziale Netzwerke).

    Allerdings wendet sich der Urheber des Bildes gegen die Veröffentlichung ohne Urhebernennung. Für PRIVATE Teiler dieses Beitrages dürfte das Weglassen der Urhebernennung kein Problem darstellen. Geschäftlich operierende Facebooknutzer hingegen sollten zur Urhebernennung verpflichtet sein.

    Comment by Shual — 26.03, 2015 @ 07:42

  7. Die Namen der Kanzleien sind immer wieder köstlich. „Wilde Beuger Solmecke“. In Sachen NSU auch wunderbar. Wie heißen die drei nochmal? :-)

    „Update: Stefan Niggemeier bezeichnet die Meldung von RA Solmecke als gelungene Anwalts-PR.“

    Ich halte sie eher für misslungen.

    Comment by Holger — 2.04, 2015 @ 16:48

  8. Ich freue mich, wenn der Richter verkündet, wer durch wen vertreten wird:

    Nazis: Sturm, Stahl, Heer
    Facebook: Wilde, Beuger, Solmecke
    Obdachlose: Penner, Biermann, Dose
    Politiker: Champansky und Partner
    Fileshare: Teiler, Findig, Vielmann

    Etc.

    Comment by Holger — 2.04, 2015 @ 17:07

  9. @Holger

    Bei mir hätten Sie jedenfalls gute Karten aufgrund Ihrer erfrischenden Art.

    Herzlichen Gruß

    Comment by Richtertrottel — 2.04, 2015 @ 20:34

  10. Sicher gibt es auch nette Richter @Richtertrottel. Die meisten aber sind sich ihrer Macht bewußt und lassen oft genug den Freisler raushängen.

    Ich bin dafür, Richter alle fünf Jahre auf den Prüfstand zu bringen. Deren Urteile sollten aufgelistet und geprüft werden. Deren Fähigkeiten sollten immer neu beurteilt werden durch eine externe Stelle. Das gilt vor allem für Amtsrichter, die über Entmündigungen und Einweisungen von Alten oder vermeintlich Kranken entscheiden. Diese Amtsrichter versagen oft genug, das ist nachgewiesen. Genauso lesen sie Durchsuchungsbefehle gar nicht mehr, sondern haken alles ab, was ihnen die Polizei liefert. Das haben verantwortungsbewußte und kritische Richter selber öffentlich gemacht.

    So wie das bei Berufspiloten auch üblich ist, wenn sie Verantwortung für Menschen und deren Leben übernehmen sollen, muß es eine Richterkontrolle geben. Es darf keine Allmacht geben in einer Demokratie.

    Alle Juristen tragen eine hohe Verantwortung! Sie sollten sich dessen bewußt sein.

    Comment by Holger — 4.04, 2015 @ 17:56

  11. @Holger

    Gründlich gelesen, zustimmend beurteilt und sogar als Richter alles verstanden. Sie stechen gerne und ausgefeilt gut in Wespennester, das mag ich.

    Herzlichen Gruß

    Comment by Richtertrottel — 4.04, 2015 @ 19:27

  12. Sei ein guter Mensch und Richter.
    Das reicht. Sei die Ausnahme von der Regel.

    Frohe Ostern.

    Comment by Holger — 4.04, 2015 @ 20:45

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