Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

31.10.14

Was Kachelmann über seine Ex-Geliebte sagen darf und was nicht

Die Auseinandersetzung zwischen dem Wettermoderator Jörg Kachelmann und seiner Ex-Geliebten beschäftigt die Justiz weiterhin. Das OLG Karlsruhe hat Kachelmann verboten, seine Ex-Geliebte als Kriminelle zu bezeichnen, gleichzeitig aber erlaubt, dass Kachelmann den erhobenen Tatvorwurf der Vergewaltigung öffentlich falsch nennt (Urteil vom 22.10.2014, Az. 6 U 152/13). In der Pressemitteilung des OLG Karlsruhe heißt es hierzu:

Das Landgericht Mannheim hat dem Beklagten untersagt, die Klägerin als „Kriminelle“ zu bezeichnen. Auf die Berufung des Beklagten hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe das Urteil mit der Maßgabe bestätigt, dass das ausgesprochene Verbot auf die konkret beanstandeten Äußerungen bezogen wurde. Nach Auffassung des Senats handelte es sich in beiden Fällen bei der gebotenen Berücksichtigung des jeweiligen Kontexts um komplexe Äußerungen, in denen der Beklagte einerseits die Unrichtigkeit des von der Klägerin gegen ihn erhobenen Vorwurfs bekräftigt und damit eine Tatsachenbehauptung aufstellt, andererseits eine stark abwertende Beurteilung der Klägerin zum Ausdruck bringt. Die Frage der Rechtmäßigkeit des mit der Bezeichnung als „Kriminelle“ einhergehenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht beurteilt sich anhand einer Abwägung der jeweiligen grundrechtlich geschützten Positionen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. In der Konstellation des vorliegenden Falles hat der Senat den Beklagten für berechtigt gehalten, den Tatvorwurf der Vergewaltigung in öffentlichen Äußerungen als unzutreffend zu bezeichnen, obwohl damit notwendigerweise der Vorwurf der falschen Beschuldigung durch die Klägerin verbunden ist, den der Beklagte seinerseits nicht bewiesen hat. Er hat den Beklagten aber nicht für berechtigt erachtet, die Klägerin mit der Bezeichnung als „Kriminelle (aus Schwetzingen)“ persönlich herabzuwürdigen; in der gegebenen Situation, in der nicht nur zugunsten des Beklagten, sondern auch zugunsten der Klägerin die Unschuldsvermutung gelte, sei gegenüber derartigen Zuspitzungen Zurückhaltung geboten.

Die Abwägung des Oberlandesgerichts erscheint mir auf den ersten Blick nicht konsistent, auch wenn die Urteilsgründe noch nicht vorliegen. Denn es hat den Anschein, dass man die Zuspitzung letztlich isoliert und losgelöst vom Gesamtkontext betrachtet. Wenn man – wie der Senat das tut – von einer komplexen Äußerung ausgeht, deren Kernaussage darin besteht, dass der gegen Kachelmann erhobene Vergewaltigungsvorwurf als falsch bezeichnet werden darf, dann muss auch die Zuspitzung erlaubt sein, dass diejenige, die ihn einer schweren Straftat bezichtigt hat, dann wegen dieser aus Sicht Kachelmanns falschen Verdächtigung als Kriminelle bezeichnet wird. Denn bei dieser Zuspitzung geht es nicht allein um die Diffamierung der Person, sondern im Gesamtkontext betrachtet noch um die Auseinandersetzung in der Sache. Das mag man als hart betrachten, liegt aber auf der Linie der Rechtsprechung des BVerfG, die die Grenzen der unzulässigen Schmähkritik äußerst eng zieht, zumal dann, wenn die Auseinandersetzung öffentlich ausgetragen werden. Das Urteil des OLG Karlsruhe überzeugt daher nicht.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe

posted by Stadler at 19:26  

5 Comments

  1. Nun ja, wenn sie ihn dann konsequent als rechtsirrtümlich freigesprochenen Vergewaltiger bezeichnen darf, hat er netto wenig gewonnen …

    Comment by -thh — 31.10, 2014 @ 19:59

  2. Kachelmann und seine Ex-Geliebte dürften doch die Meinung besitzen, dass der jeweils andere ein Krinminller ist.

    Weshalb entscheiden andere darüber, ob man diese Meinung besitzen darf oder nicht?

    Weshalb entscheiden andere darüber, ob man diese Meinung öffentlich kundtun darf oder nicht?

    Wem ist damit gedient, Verbote bzw. Sprachregelungen auszusprechen?

    Die Justiz degradiert zum absurden Theater.

    Es macht tatsächlich riesigen Spaß, in diesem Schauspiel Zuschauer zu sein.

    Die Urteile dieses absurden Justiztheaters werden breit diskutiert, bewertet, auseinadergenommen.

    Stadler ist z.B. eine Srt von viele gelesenen Theaterkritikern.

    Die Justiz in Deutschland ist einfach vorbldlich, weil lustig.

    Comment by Rolf Schälike — 2.11, 2014 @ 12:14

  3. Der Vorwurf mangelnder Konsistenz ist für mich nicht gegeben. Im Gegenteil. Denn es bleibt ein elementarer Unterschied, ob ich ein mir vorgeworfenes strafbares Verhalten zurückweise – oder ob ich die Person, die mich dessen bezichtigt hat, nun ihrerseits als „kriminell“ klassifiziere.

    Das könnte Herr Kachelmann vielleicht, wenn er wegen erwiesener Unschuld freigesprochen worden wäre. Aber so trifft die Nichterweisbarkeit der Vergewaltigungsvorwürfe noch keine Aussage darüber, ob der Freispruch auf eine strafbare Falschaussage der Hauptbelastungszeugin zurückzuführen ist. Umgekehrt darf die Dame Herrn Kachelmann auch nicht mehr als Vergewaltiger bezeichnen – und sich selbst von jedem Lügevorwurf freisprechen.

    Comment by Anonymous — 3.11, 2014 @ 13:10

  4. Weshalb wird die Spracheregelung den Richtern_innen überlassen? Die Richter_innen entscheiden doch nicht nach der materiellen Wahrheit. Das wahre Wissen besitzen die Parteien. Diese bewerten ihr eigenes Wissen. Weshalb muss sich der Bürger bei der Bewertung von Tasachen sicgh der Sichtweise der Richter_innen unterwerfen.

    Es ist wie mit den Kaisers neuen Kleidern. Weshalb darf man nicht sagen, der Kaiser ist nackt, trägt nichts, obwohl alle anderen das anders zu sehen scheinen?

    Comment by Rolf Schälike — 3.11, 2014 @ 15:14

  5. Ich finde beide zum Kotzen. Und das darf ich auch denken, sagen und schreiben.

    Comment by Beobachter!! — 11.11, 2014 @ 20:29

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