Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

9.10.14

LG München I legt Fragen zur Haftung beim Betrieb eines offenen W-LANs an EuGH vor

Das Landgericht München I hat ein anhängiges Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof verschiedene Fragen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines offenen W-LANs vorgelegt (Beschluss vom 18.09.2014, AZ.: 7 O 14719/12).

Das Landgericht neigt dazu, eine Störerhaftung des W-LAN-Betreibers und somit eine Verpflichtung zur Unterlassung in Erwägung zu ziehen, weil er sein W-LAN ohne technische Sicherungsmaßnahmen betrieben hat. Der Betreiber eines W-LANs ist nach Auffassung des Landgerichts grundsätzlich zur Ergreifung technischer Sicherungsmaßnahmen im Rahmen des jeweils technisch Möglichen verpflichtet. Weil diese Ansicht aber mit den Haftungsprivilegierungen der E-Commerce-Richtlinie – die in Deutschland im TMG umgesetzt sind – unvereinbar sein könnte, möchte das Gericht vom EuGH zunächst wissen, ob die Haftungserleichterungen überhaupt greifen, wenn es sich im Einzelfall um eine unentgeltliche Dienstleistung handelt. Diese Vorlagefrage halte ich bereits deshalb für problematisch, weil die Anwendung des deutschen TMG überhaupt nicht voraussetzt, dass eine Dienstleistung in der Regel gegen Entgelt erbracht wird, weshalb es für das vom Gericht anzuwendende TMG auf diese Frage gar nicht ankommt.

Das Landgericht fragt den EuGH darüber hinaus, ob die Bereitstellung eines offenen W-LANs ein Anbieten eines Dienstes im Sinne der E-Commerce-Richtlinie darstellt und ob die Haftungsprivilegierung mit der Formulierung “nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich” besagt, dass Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Zahlung der Abmahnkosten und Gerichtsgebühren des durch eine Urheberrechtsverletzung Betroffenen gegen den Zugangs-Provider grundsätzlich oder jedenfalls in Bezug auf eine erste festgestellte Urheberrechtsverletzung ausgeschlossen sind.

Diese Frage ist auch deshalb von Interesse, weil der BGH bislang davon ausgegangen war, dass die Haftungsprivilegierungen des TMG Unterlassungsansprüche nicht umfassen.

posted by Stadler at 08:35  

5 Comments

  1. Kurze Frage an die Fachleute hier zu dem Absatz mit: “nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich”:

    Wenn der Betreiber eines offenen WLANs nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich wäre, dann würde doch eigentlich eine Hausdurchsuchung weil über Anschluss XY zB KiPos heruntergeladen wurden, auch nicht zulässig oder maximal auf den Router beschränkt.
    Würde man trotzdem das Haus durchsuchen und alle möglichen elektronischen Geräte beschlagnahmen, dann würde das voraussetzen, dass man davon ausginge, dass der Anschlussinhaber der Täter war. Das wäre dann aber, wenn offene WLANs normal würden, gar nicht mehr so wahrscheinlich und man bräuchte für eine Durchsuchung, die mehr als den Router betrifft weitere konkrete Hinweise, dass es tatsächlich der Anschlussinhaber war.

    Sehe ich das richtig?

    Comment by maSu — 9.10, 2014 @ 09:45

  2. Es wird vielleicht dazu führen, dass die Router Logdateien führen müssen, die belegen, welches Gerät was besucht hat. Das lässt schnell darauf schließen, wer der Besitzer des Gerätes ist (Smartphone, Tab, Laptop oder PC).
    Dank der Flash-Speicher ist keine Festplatte mehr nötig und dazu noch bezahlbar.

    Comment by Frank — 9.10, 2014 @ 12:17

  3. Ach, herje, wirklich nichts gegen den Autor des Artikels!

    Aber mir hängt diese Störerhaftung derart zum Hals raus. Man spricht von „Digitaler Agenda“, Netz-Initiativen und weiß-der-Teufel was, alles natürlich „ausgedacht“ und am Schluss Milliarden-schwer finanziert, dabei könnte die Abschaffung der Strörerhaftung „umsonst“ das Netz und die digitale Entwicklung voranbringen:
    * Einfach surfen im Kaffee
    * Einfach Angebote und neue Dienste in Läden nutzen
    * Einfach Netzwerke einrichten
    Da sind andere Länder schon weit, weit weiter…!

    Comment by Genervter — 9.10, 2014 @ 12:46

  4. Das mit dem Logging ist im TMG auch geregelt: Der Nutzer der TMG-Dienstleistung hat Anspruch darauf, zu erfahren, was über ihn gespeichert wird. Also, wenn man was speichert, muss man das den Nutzern mitteilen. Mitteilen an einem offenen WLAN geht nicht. Daraus folgt für mich ein klares Speicher- und damit Logging-Verbot.

    Das Errichten eines Überwachungsstaates ist zudem ein Verstoß gegen Artikel 1 und 20 GG, und sollte endlich auch mal richtig unter Strafe gestellt werden. Das betrifft sowohl Richter, die meinen, das Urheberrecht dahingehend auslegen zu dürfen, als auch Nachrichtendienste wie den BND.

    Comment by Bernd Paysan — 9.10, 2014 @ 14:24

  5. Finanziert wird diese Klage übrigens von der Piratenpartei, ich koordiniere hier alle Aktivitäten. Wer also mehr erfahren will, kann sich an mich wenden (ValiDOM).

    Comment by ValiDOM — 10.10, 2014 @ 12:44

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