Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.10.14

Innenansichten aus dem Verfassungsschutz

WDR und SWR senden nächste Woche die Dokumentation „Spitzel und Spione – Innenansichten aus dem Verfassungsschutz“ (WDR 13.10. 22:00 Uhr und SWR 15.10. 20:15 Uhr). Ich hatte Gelegenheit mir den sehenswerten Film von Holger Schmidt und Egmont R. Koch vorab anzuschauen.

Für den Film wurden insgesamt 40 Mitarbeiter von Verfassungsschutzbehörden interviewt, die für die Interviews z.T. maskiert worden sind. Die ARD-Journalisten führen u.a. auch ein Interview mit der Präsidentin des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg, die jedenfalls im Filmbeitrag mit dem Fahrrad und Rucksack auf dem Rücken zum Dienst fährt, wodurch offenbar Normalität ausgedrückt und ausgestrahlt werden soll.

Das Bundesamt hatte, anders als einige Landesämter, eine Mitwirkung an dem Filmprojekt abgelehnt, weil Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen in keinem Film auftreten will, in dem der frühere Mitarbeiter und jetzige Kritiker des Bundesamts Winfried Ridder ebenfalls zu Wort kommt. Auch das ist eine interessante Haltung.

Der Filmbeitrag zeichnet ein Bild von z.T. selbstkritischen Verfassungsschützern, die allerdings ihrem Anspruch – wie es der Kritiker Winfried Ridder formuliert – ein Frühwarnsystem für Gefährdungsentwicklungen zu sein, nicht gerecht geworden sind.

Kritisch wird in dem Film auch der Umstand hinterfragt, dass der Verfassungsschutz für Informationen aus der rechten Szene Geld bezahlt und hierbei nicht auszuschließen ist, dass diese Zahlungen des Staates wiederum dazu dienen können, rechte Organisationen und Strukturen auf- und auszubauen. Der V-Mann als klassisches Mittel der Arbeit des Verfassungsschutzes wird damit letztlich in Frage gestellt.

Der Film befragt die Verfassungsschützer außerdem auch zu der Person und Rolle Edward Snowdens. Die Antworten sind uneinheitlich. Anders als zu erwarten, wird Snowden nicht von allen Verfassungsschützern (nur) als Verräter betrachtet.

Der Film stellt einige bereits bekannte Fragen, liefert aber wenig konkrete Antworten, was vermutlich aber auch nicht die Zielsetzung der Macher gewesen ist. Die hohe Interviewdichte vermittelt vor allem ein Stimmungsbild und Einblicke in die Selbsteinschätzung der Verfassungsschützer. Man muss an diesem Punkt allerdings auch die Frage stellen, ob und in welchem Umfang die befragten Mitarbeiter für dieses Filmprojekt von ihrer Behörde gebrieft wurden. Denn zumindest bei einigen Verfassungsschutzbehörden scheint man mittlerweile erkannt zu haben, dass eine positive Außendarstellung nötig ist, weil die Reputation und Akzeptanz der Verfassungsschützer speziell nach den NSU-Morden nicht gerade hoch ist.

Die Dokumentation ist in jedem Fall sehenswert.

posted by Stadler at 11:21  

4 Comments

  1. „Für den Film wurden insgesamt 40 Mitarbeiter von Verfassungsschutzbehörden interviewt, die für die Interviews z.T. maskiert worden sind.“

    Auf dem Weg von der Arbeitsstelle nach Hause sicher nicht mehr maskiert.

    „Denn zumindest bei einigen Verfasusngsschutzbehörden scheint man mittlerweile erkannt zu haben, dass eine positive Außendarstellung nötig ist, weil die Reputation und Akzeptanz der Verfassungsschützer speziell nach den NSU-Morden nicht gerade hoch ist.“

    Sie ist nicht nur „nicht gerade hoch“, sondern ganz unten am Arsch, sogar darin. Die NSU-Morde haben durch das „Schweigen der Lämmer“ vor Gericht nur noch mehr dafür gesorgt, daß der Verdacht der Mittäterschaft des BND zementiert wurde. Mörder und Mittäter im BND, das wird gedacht. Meines Erachtes vollkommen zu Recht!

    Comment by Eckhard — 11.10, 2014 @ 14:19

  2. Dass der Polizist, der gerne in Nazi-Kreisen verkehrte, selber der Mörder ist, konnte nicht bewiesen werden. Wie immer, wenn Geheimdienste und Polizeitäter gegen sich selber ermitteln. Da wird der Mörder sicher bald gefunden, gelle?

    Für die Öffentlichkeit ist klar, dass Andreas T. den Kioskbesitzer selber ermordet hat!

    Comment by Infothek — 11.10, 2014 @ 16:28

  3. Gibts im Film auch Infos über die Zusammenarbeit der einzelnen Landesämter? In einem ganz aktuellen Fall haben die Kollegen aus Bayern wohl ihre Mails von den Kollegen aus Brandenburg nicht gelesen. Und so konnte es geschehen, dass ein mutmaßlicher Rechtsextremist Richter in Oberfranken wird.

    Comment by Moki — 12.10, 2014 @ 17:52

  4. Vielen Dank für den Hinweis Herr Stadler. Egmont Koch kenne ich…Die Drohung am Ende war gut. Eigentlich hat Ridder beim Thema V-Mann Recht. Wenn die Purschis überleben wollen, müssen sie Ihr V-Mann Konzept komplett schliessen. Die Bärte und Perücken sind übrigens sinnlos. Einige der Mitarbeiter müssten sofort für das was sie gesagt haben, den Adler abgeben weil sie untragbar sind. Ein wirklich interessanter Film.

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 14.10, 2014 @ 00:54

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