Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.9.14

Neue Regelungen zur Strafbarkeit von Persönlichkeitsrechtsverletzungen

Vor ein paar Monaten habe ich über den Referentenentwurf des BJM berichtet, der u.a. zum Ziel hatte, die Herstellung, Übertragung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung von bloßstellenden Bildaufnahmen oder von Bildaufnahmen einer unbekleideten Person unter Strafe zu stellen.

Hierzu liegt jetzt ein offizieller Gesetzesentwurf der Bundesregierung vor, der die geplante Änderung des § 201a StGB nochmals geringfügig anders formuliert als der Referentenentwurf. Die aktuell geplante Fassung von § 201a Abs. 1 S. 2 StGB lautet folgendermaßen:

Ebenso wird bestraft, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, oder unbefugt eine Bildaufnahme von einer unbekleideten anderen Person herstellt oder überträgt.

Im Referentenentwurf war von bloßstellenden Bildaufnahmen die Rede, was zu erheblicher Kritik geführt hatte. Dies hat man nun dahingehend eingeschränkt, dass die Bildaufnahme geeignet sein muss, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden. In der Gesetzesbegründung ist freilich weiterhin von einer bloßstellenden Bildaufnahme die Rede, was die Frage aufwirft, ob der Gesetzgeber „bloßstellend“ und „geeignet erheblich zu schaden“ synonym verwendet. Wörtlich heißt es im Entwurf der Bundesregierung zur Begründung:

Unter bloßstellenden Bildaufnahmen versteht man solche, die die abgebildete Person in peinlichen oder entwürdigenden Situationen oder in einem solchen Zustand zeigen, und bei denen angenommen werden kann, dass üblicherweise ein Interesse daran besteht, dass sie nicht hergestellt, übertragen oder Dritten zugänglich gemacht werden.

Die Frage, wann insbesondere bei einer Person der Zeitgeschichte (public figure) eine peinliche oder entwürdigende Situation vorliegt, bleibt offen, zumal eine peinliche Situation ja nicht unbedingt ein Berichterstattungsinteresse ausschließt.

Die grundsätzliche Kritik zum unklaren Verhältnis insbesondere zu den vorhandenen Vorschriften des KUG, die ich hier ausführlich erläutert habe, wurde in dem neuen Entwurf nicht berücksichtigt.

posted by Stadler at 11:51  

13 Comments

  1. Falls das so durchgeht, wird es der Zunft der schwarzen Kittel an neuen Mandanten nicht mangeln und die Gerichte werden noch mehr überlastet werden.
    Ist das eine Arbeitsbeschaffungsmassnahme? Ich kann das Gefühl nicht unterdrücken, erst Recht nicht weil es ja eine EU Direktive gibt.

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 17.09, 2014 @ 12:03

  2. Ist es nicht peinlich oder entwürdigend, z.B. die Niebels oder Pofallas bei ihren neuen Arbeitgebern zu zeigen? Oder manches interessante Lobbyisten-Dinner mit MdBs? Gewährt ein Viertel Wein dann Schutz vor der Presse?

    Und wer nicht pariert, dem droht Strafe?

    Oder eine Nummer kleiner: Wie soll man denn von einem örtlichen Schützenfest berichten? Und wer ist eigentlich „befugt“?!?

    Da kommt schon wieder dieses kranke „amtlicher-Presseausweis“-Denke unserer schwarz-roten Junta durch. Diese ganzen freien Meinungsäußerer im Internet am besten ganz schnell vor der Zensurkammer Hamburg wegklagen…

    Comment by Fran Kee 【Ƿ】 — 17.09, 2014 @ 12:27

  3. Fefe ist der Meinung auch prügelnde Polizisten bekommen Schutz. Währe das denn eventuell wirklich unbefugt? Zum Glück kann man das ganze ja umgehen in dem man wie die NSA alles über das Ausland reinwäscht. Zumindest sollange die dort nicht die selbe Gesetzgebung einführen, dürften dort ja weiterhin die Bilder veröffentlicht werden dürfen.

    Comment by mark — 17.09, 2014 @ 13:18

  4. Der Mist geht noch viel tiefer….und enthält noch viel mehr Sprengstoff:

    Im §184b als §184c StgB wird folgender Passus eingefügt: […]die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes bzw. […]die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten jugendlichen Person[…] in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung […]
    was dann bedeutet, dass eine Menge Bilder die sich über die Suchfunktionen von Suchmaschinen auffinden lassen bzw. dort auftauchen und/oder auf ausländischen Servern gehostet werden, zu in Deutschland strafbarer Kinder- bzw. Jugendpornographie werden. In Verbindung mit dem dort im Entwurf neu eingeführtem §184d Abs. 2 wird damit das surfen bzw. die Bildersuche ein Minenfeld, besonders weil im Kommentar zu dem Gesetz auch explizit von „auch unwillkürlich eingenommene geschlechtsbetonte Körperhaltungen, etwa durch ein schlafendes Kind, strafrechtlich in § 184b StGB zu erfassen“ die Rede ist.
    Es zählt nicht mehr das tatsächliche Geschehen, sondern das was u.U. der Betrachter denken könnte….und da diese Aufnahmen dann auch unter das Besitzverbot fallen, dürften auch diverse private Fotoalben egal ob als Hardcopy im Schrank oder bei einem Bilderhoster gespeichert darunter fallen.

    bombjack

    Comment by bombjack — 17.09, 2014 @ 13:47

  5. Wie würde man Pinkel August heute publizieren? Ebenso seine anderen Gewaltausbrüche. Da gibts ja genug Fotos und alle stellen ihn in entwürdigender Weise dar. Den Beleidigung ist es erst wenn das Opfer sich beleidigt fühlt. Einem Juden zu sagen das er ein Jude ist dürfte höchstens ein Stirnrunzeln auslösen. Einem Nazi sollte man es nicht ins Gesicht sagen.

    Also ist das mehr oder weniger ein Gesetz das man dazu nutzt, die Wahrheit zu unterdrücken. Den gegen Unwahrheit hätte man kein neues Gesetz machen müssen. Das man manchmal die Wahrheit nicht unbedingt aussprechen muss ist auch verständlich. Wenn mir der Reifen platzt und ich deswegen einen Mensch töte bin ich zwar dran schuld, aber kein Killer. Wenn ich aber rotzbesoffen mit 100 durch die Stadt fahre und jemanden töte sieht das anders aus.

    Das Gesetz würde aber beides gleich behandeln. Der Suff tut mir hinterher sicher leid. So wie diesem Menschen

    http://www.sueddeutsche.de/sport/grosskreutz-debatte-beim-dfb-ausser-tresen-nix-gewesen-1.1975199

    Und das dürfte man dann wohl auch nicht mehr publizieren. Oder lieg ich da voll daneben?

    Comment by chefin — 17.09, 2014 @ 13:56

  6. @bombjack
    Ich erkenne deine Beiträge bereits, ohne deinen Namen gelesen zu haben ;) #thumbsup

    Zur Sache:
    Sehe ich das richtig, dass opferlose sog. „Kinderpornografie, also Schriften, Zeichnungen, Mangas, und Anscheinjugendpornografie etc. immer noch Straftatbestand sind?

    Comment by Bernd Fachinger — 17.09, 2014 @ 14:17

  7. Wie ist eigentlich die Definition von „teilweise unbekleideten“?

    Reicht barfuß aus?
    Bademode zeichnet sich auch eher dadurch aus, dass man teilweise unbekleideten ist?

    Comment by tmi — 18.09, 2014 @ 09:18

  8. Es wird Zeit, dass man jedem Menschen erstmal die Grundsätzlichkeit erklärt:

    Wenn man Fotos von Privatpersonen macht, ist vorher deren Erlaubnis einzuholen.

    Wer die Fotos dann auch noch Dritten zugänglich macht, bekommt noch einen fetten Strafzuschlag.

    Wer dann noch meint, die Fotos im Netz zu veröffentlichen zu müssen, ist fällig für eine Haftstrafe auf Bewährung.

    Das ist die heutige Gesetzeslage. Man mag es nicht glauben, aber es gibt ein Recht am eigenen Bild.

    Comment by Rüdiger — 18.09, 2014 @ 18:02

  9. Abgesehen von dem „Recht am eigenen Bild“ gibt es die „informationelle Selbstbestimmung“, die im Grundgesetz verankert ist. Unterlassungsklagen, Abmahnungen und Strafanzeigen sind daher heute schon Usus. Jetzt kommt noch die Beleidigung, die Ehrverletzung hinzu, die schon immer vorhanden war und ist.

    Eine Gesetzesänderung zielt vor allem auf Kinder ab, deren Nacktbilder nicht veröffentlicht werden sollen. Das halte ich für selbstverständlich. Ich plädiere für eine Haftstrafe von mind. fünf Jahren!

    Comment by Eckhard — 18.09, 2014 @ 18:26

  10. Für mich stellt sich dann die Frage, wann die Anfertigung solcher Aufnahmen *unbefugt* geschieht.

    Prügelnde Polizisten? Wenn ich befugt bin, diese zu fotografieren, bin ich doch wohl auch befugt, diese bei kritikwürdiger Dienstausübung zu fotografieren.

    Wann bin ich dazu nicht befugt? Sicherlich dann, wenn bereits andere Regelungen mir allgemein nicht erlauben, diese Leute zu fotografieren.

    Comment by gant — 18.09, 2014 @ 21:23

  11. […]Wenn man Fotos von Privatpersonen macht, ist vorher deren Erlaubnis einzuholen.[…]

    Hm….das gilt dann auch für Eltern, die ihre Kinder ablichten?

    Zeigst Du mir den Text wo explizit steht, dass eine Erlaubnis zum photographieren nötig ist?

    Der §22 http://www.gesetze-im-internet.de/kunsturhg/__22.html bezieht sich nur auf das Verbreiten, nicht auf das photographieren…vgl.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild#Rechtslage_in_Deutschland

    Ansonsten was die Sache für Auswirkungen haben könnte vgl.
    http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Geschlechtsbetonte-Koerperhaltungen/forum-285657/msg-25820543/read/

    bombjack

    Comment by bombjack — 19.09, 2014 @ 07:33

  12. Im entfernten Zusammenhand würde mich mal brennend interessieren, wie die Juristen-Welt eigentlich den Konflikt von „Recht am eigenen Bild“/“Informationelle Selbstbestimmung“ und Google Glass sieht? Wäre es nicht mindestens ratsam, dass der Gesetzgeber erzwingt, dass der Vorgang des Fotografierens/Filmens/Audioaufzeichnung bei Gogle Glass äußerlich deutlich signalisiert für Dritte erkennbar sein muss?

    Comment by Frank Topel — 20.09, 2014 @ 08:00

  13. Ich finde, dass wenn man nicht will das Bilder von einem veröffentlicht bzw. gemacht werden, dann soll es auch so sein! Wenn ich tum Beispiel ein Bild mit Freunden mache und nicht will, dass es auf irgendwelchen sozialen Netwerken landet, dann soll es auch so sein! Ich habe eine Bekannte, von der intime Fotos veröffentlicht wurden, was meiner Meinung nach einfach nur unnötig ist. Wir haben uns auch im Internet auf die Suche begeben um evtl. Tipps zu finden, dabei sind wir auf einen interessanten Artikel eines Rechtsanwaltes gestoßen, in dem es darum geht, dass z.B. intime Fotos nach dem Beenden der Beziehung auch zu löschen sind. https://www.aid24.de/rechtsblog/intime-fotos-bzw-videos-sind-nach-ende-der-liebesbeziehung-zu-loeschen Ich meine es ist ja nicht irgendein Gesicht auf dem Foto, sondern das von einem selbst und man weiß ja, was sich mit Bildern heutzutage alles anstellen lässt.

    Comment by Lejla Avdic-Muicic — 19.02, 2015 @ 11:11

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