Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.8.14

CSU fordert Entlassung von Bundestagsjuristen

Die CSU hat doch tatsächlich gefordert, den Mitarbeiter des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, der den von der CSU initiierten Mautplänen in einem Rechtsgutachten Europarechtswidrigkeit bescheinigt hat, zu entlassen. CSU-Generalsekretär Scheuer wird von der SZ dahingehend zitiert, dass dieser Jurist niemals mehr für den Wissenschaftlichen Dienst arbeiten dürfe.

Soll der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages also künftig keine neutralen Gutachten und Stellungnahmen mehr verfassen, sondern nur noch die (rechtswidrigen) Meinungen von Parteien wiederkäuen? Wird jetzt jedes mal, wenn die Aussagen des Wissenschaftlichen Dienstes einer Fraktion oder Partei nicht passen, die Entlassung des verantwortlichen wissenschaftlichen Mitarbeiters gefordert?

Dass die Mautpläne der Bundesregierung in ihrer jetzigen Form gegen europäisches Recht verstoßen, ist in juristischen Fachkreisen nahezu einhellige Ansicht. Nur politische Schaumschläger wie Scheuer oder Dobrindt behaupten etwas anderes. Der Staats- und Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler erläutert in einem Beitrag für die LTO, wie eine europarechtskonforme Gestaltung aussehen müsste.

Der Versuch, den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages aus politischen Gründen einzuschüchtern, ist schändlich.

posted by Stadler at 16:08  

12 Comments

  1. Wenn ein Politiker etwas sagt, hat er entweder keine Ahnung, wovon er redet oder er lügt. Trifft beides gleichzeitig zu, ist er Regierungsmitglied. Von dieser Regel gibt es keine Ausnahme.

    Comment by Rangar — 5.08, 2014 @ 16:28

  2. Wenn die CSU mal so strenge Maßstäbe an die eigenen Mitglieder anlegen würde…

    Comment by Tom — 5.08, 2014 @ 16:42

  3. Ich fordere den Rücktritt von Scheuer… ;-)

    Comment by Falk — 5.08, 2014 @ 16:52

  4. So pauschal ist die Aussage falsch und genau so reisserisch wie die von Dobrindt.
    Ich habe das Interview bei NDR Info selbst in voller Länge gehört. Dobrindt war einfach nur sauer darüber, dass der Jurist sein Urteil auf grobfalschen Annahmen getroffen habe.
    Egal ob das ein kleiner Fehler oder Absicht des Juristen war, kann ich Dobrindts Haltung nachvollziehen, auch wenn ich die Maut in der angedachten Version trotzdem für Blödsinn halte.

    Comment by Ich — 5.08, 2014 @ 16:56

  5. Sorry, nicht Dobrindt – das war Scheuer. Irgend ein CSUler halt ;)

    Comment by Ich — 5.08, 2014 @ 16:57

  6. @ Ich
    Naja, man ist sich doch einig, dass, trotz angeblich *grob falscher* Annahmen, letztlich ein richtiges Ergebniss rausgekommen ist (anderswo wird übrigens von einem für Ergebniss unerheblichen, kleinen Fehler gesprochen).

    Die CSU hingegen kommt (laut einhelliger juristischer Meinung) zu einem falschen Ergebniss, von daher gibts für die wirklich keinen Grund hier nach von außen nachträglich zu verschlimmbessern.

    Comment by doc-rofl — 5.08, 2014 @ 17:31

  7. Selbst wenn niemand entlassen wird ist es doch eine Warnung für alle, die in Zukunft Gedenken nicht regierungskonforme Gutachten zu erstellen.

    Will ich möglicherweise keinen Ärger bekommen? Naja, ich kann es ja auch anders, neutraler und harmloser formulieren.
    Nächsten Monat habe ich Urlaub und will mit meiner Familie in Ruhe in den Urlaub fahren.
    Ach egal, schreibe ich halt rein was die wollen. Ich habe meine Ruhe, einen sicheren gut bezahlten Arbeitsplatz, die haben was sie wollen.
    Wo liegt das Problem?

    Comment by Mike — 5.08, 2014 @ 20:07

  8. @Mike
    Dein Name steht unter absolutem Blödsinn.

    Comment by Mirco — 6.08, 2014 @ 07:57

  9. Es ist bezeichnend, dass ein Projekt wie die Maut auf Deibel komm raus durchgeboxt werden soll, anstatt sich das Ganze nochmals anzuschauen und anzupassen, wenn Juristen aller Couleur unisono dessen – mom, ich such da mal n Wort – ah – Europarechtskonformität anzweifeln.
    Stattdessen wird der Bote bestraft.

    Comment by JoyntSoft — 6.08, 2014 @ 08:33

  10. Das Gutachten ist „geleakt“ worden und hier http://www.br.de/nachrichten/pkw-maut-automaut-100.html
    als PDF-Datei einsehbar.
    Eine kursorische Durchsicht lässt nicht erkennen, dass hier grob fehlerhaft gearbeitet worden ist. Insbesondere weißt der Autor zu Beginn darauf hin, wie sehr die Materie noch im Fluss sei und auf welcher Grundlage die europarechtliche Prüfung stattfindet.
    Im Übrigen ist m.E. die mittelbare Diskriminierung auch gegeben, wenn man die Annahmen der CSU zu Grunde gelegt hätte. Das Projekt ist einfach für den Eimer, finanziell, verkehrspolitisch und europäisch.

    Comment by Remission — 6.08, 2014 @ 10:52

  11. Der Prophet gilt nichts im eigenen Land!

    Comment by Hesse — 6.08, 2014 @ 14:13

  12. Ach aber wer nicht auf den Sachverständigenrat der Bundesregierung hört nur um Wahlversprechen zu erfüllen, der braucht doch den wissenschaftlichen Dienst auch nicht. Am besten ist aber das Beispiel NSA Untersuchungsausschuss. Der Hammer: 3 Rechtsprofessoren werden dort gehört. Von der Uni Mannheim „Ich habe eine Juniorprofessur. Ich finde das schlimm!!

    Comment by GD — 7.08, 2014 @ 06:40

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