Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Persönlichlichkeitsrechtsverletzung ist nicht vererblich
Der BGH hat mit Urteil vom 29.04.2014 (Az.: VI ZR 246/12) entschieden, dass der Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts grundsätzlich nicht auf den Erben übergeht. Im konkreten Fall hatte noch der Erblasser die Klage erhoben, war aber bereits vor Zustellung der Klage verstorben. Der Prozess ist dann vom Erben fortgeführt worden.
Gegen die Vererblichkeit des Geldentschädigungsanspruchs spricht nach Ansicht des BGH vor allem seine Funktion, bei der der Genugtuungsgedanke im Vordergrund steht. Im Urteil wird dazu u.a. folgendes ausgeführt:
Bei der Zuerkennung einer Geldentschädigung im Falle einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung steht regelmäßig der Genugtuungsgedanke im Vordergrund (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 10. Januar 2006 – VI ZB 26/05, VersR 2006, 673 Rn. 16; Senatsurteile vom 6. Dezember 2005 – VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 206; vom 5. Oktober 2004 – VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302; vom 15. November 1994 – VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 – VI ZR 332/94, VersR 1996, 339, 340; vom 4. Juni 1974 – VI ZR 68/73, VersR 1974, 1080, 1082 – Fiete Schulze). Da einem Verstorbenen Genugtuung für die Verletzung seiner Persönlichkeit nicht mehr verschafft werden kann, scheidet nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Zuerkennung einer Geldentschädigung im Falle der Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes aus (Senatsurteile vom 6. Dezember 2005 – VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 206 f. mwN; vom 4. Juni 1974 – VI ZR 68/73, VersR 1974, 1080, 1082 – Fiete Schulze). Erfolgt die Verletzung des Persönlichkeitsrechts zwar noch zu Lebzeiten des Verletzten, stirbt dieser aber, bevor sein Entschädigungsanspruch erfüllt worden ist, verliert die mit der Geldentschädigung bezweckte Genugtuung regelmäßig ebenfalls an Bedeutung. Gründe, vom Fortbestehen des Geldentschädigungsanspruchs über den Tod des Verletzten hinaus auszugehen, bestehen unter diesem Gesichtspunkt im Allgemeinen mithin nicht.
Der von der Revision herangezogene Gedanke der Prävention kann vorliegend zu keiner anderen Beurteilung führen. Zwar trifft es zu, dass der Geldentschädigungsanspruch auch der Prävention dient (Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, VersR 2014, 381 Rn.38; vom 6. Dezember 2005 – VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 207 mwN; vom 5. Oktober 2004 – VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302; Müller in: Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 51 Rn. 7, 10; jeweils mwN). Der Präventionsgedanke vermag die Gewährung einer Geldentschädigung – auch in dem von der Revision vorliegend für gegeben erachteten Fall der Zwangskommerzialisierung – aber nicht alleine zu tragen (…).
Auf dem Totenbett kriegt man vom BGH noch eine reingewürgt? Wenn ich es richtig sehe, haben wir hier den Fall des österreichischen Unterhaltungskünstler Neumayer, der dafür bekannt war ab seinem Rückzug aus dem aktiven Berufsleben konsequent darauf zu achten, nicht mehr in der Öffentlichkeit zu stehen. Der BGH scheint zu übersehen, dass bereits mit der Möglichkeit mutmaßlich berechtigte Klage zu erheben und somit effektiv gegen mutmaßliche Verletzungen vorzugehen, eine erste Genugtuung liegen kann. Diese wird ja wohl dadurch beeinträchtigt, dass der Kläger, wenn er die Klage einreicht, davon ausgehen muss, dass der mutmaßliche Rechtsverletzer seiner Strafe entgeht, wenn der Kläger das Pech hat vorher zu sterben. Im Hinblick darauf, dass die Boulevardhyänen gerade dann, wenn bekannt wird, dass eine (ehemals) Prominenter an einer schweren Krankheit leidet, gern alle illegalen Register ziehen, um auf höhere Auflage/Klickzahl zu kommen, scheint der BGH diese schutzlos stellen zu wollen, da die Betroffen ja nicht nur in seltensten Fällen damit rechnen müssen, dass sie vor Verfahrensabschluss sterben. Nach dem Sinn des Persönlichkeitsrechtsschutzes wäre darauf abzustellen, dass die Klage ohne schuldhaftes Zögern erfolgt.
Comment by ThorstenV — 23.05, 2014 @ 08:15
Nein, es handelt sich um Peter Alexander, der gegen den Heinrich Bauer Zeitschriften Verlag KG geklagt hat.
Mein Bericht dazu:
http://buskeismus-lexikon.de/27_O_145/11_-_21.06.2011_-_Aus_f%C3%BCr_die_Zensur_von_Peter_Alexander,_Pech_fuer_RAin_Dr._Patricia_Kinzel
Comment by Rolf Schälike — 25.05, 2014 @ 19:07
@2 Bei der Gelegenheit: Danke. Die Pseudoöffentlichkeit verschafft manchen Einblick, auch wenn ich nicht immer ihrer Meinung bin.
Lt. http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Alexander schreibt man den Herrn Neumayer mit Ah Üpsilon.
„Richter Dr. Himmer: Sie leben davon.“
Die Aussage, es gehe immer nur um’s Geld damit zu begründen, dass die Klägeranwältin von ihrem Beruf lebt ist wirklich steil. Ich weiß ja nicht, wie sich der Hr. Richter vorstellt, wovon Anwälte leben sollen. Aber vielleicht will er das ja gar nicht. Das (Richter-)Leben könnte so einfach sein, ohne http://shakespeare.mit.edu/2henryvi/2henryvi.4.2.html
Comment by ThorstenV — 27.05, 2014 @ 11:12
Als juristischer Laie bin ich ja gespaltener Meinung, was das angeht. Das Argument, die Boulevard-Blätter stürzen sich auf Totkranke in der Hoffnung, die sterben weg bevor der Prozess verloren ist, kann ich mir BILDlich vorstellen.
Auf der anderen Seite erinnert mich das an den Fall im Jura-Unterricht von den gleichzeitig verunfallten Partnern einer Zweitehe. Da müssen die Rettungskräfte protokollieren, ob der gleichzeitige Tod vielleicht doch nicht so gleichzeitig war, damit die Erbfolge das geerbte Geld in die Familie des später verstorbenen drängt.
Das gegenseitige Testament dient ja auch „nur“ dazu, dass dem Partner das gemeinsame Vermögen nicht entrissen wird, und nicht um eine Hälfte zu enterben.
Comment by Christian Krause — 27.05, 2014 @ 22:00