Zugangsnachweis durch Sendebericht eines Faxes?
Die Rechtsprechung des BGH geht bekanntlich (bislang) davon aus, dass durch den OK-Vermerk im Sendeprotokoll eines Telefaxes nicht der Nachweis geführt werden kann, dass das Fax beim Empfänger auch tatsächlich (korrekt) zugegangen ist. Ob es bei dieser Rechtsprechung bleiben wird, hat der BGH in einer neuen Entscheidung (Urteil vom 19.02.2014, Az.: IV ZR 163/13) ausdrücklich offen gelassen.
Der BGH weist in dieser Entscheidung allerdings ergänzend darauf hin, dass der OK-Vermerk immerhin das Zustandekommen einer Verbindung mit der in der Faxbestätigung genannten Nummer belegt. Angesichts dieses Umstands kann sich der Empfänger laut BGH nicht auf ein bloßes Bestreiten des Zugangs beschränken, sondern muss sich vielmehr im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast näher dazu äußern, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal führt und dieses gegebenenfalls vorlegen. Die Beweiskraft des im OK-Vermerk liegenden Indizes ist sodann unter Berücksichtigung dieses Vorbringens zu würdigen.
Der BGH geht also von einer Art Vermutung der Richtigkeit des OK-Vermerks aus, die der Empfänger dann durch konkreten Sachvortrag erschüttern muss.
Ein wunderschöner Anachronismus zu dem Irrsinn der De-Mail.
Comment by Aljoscha Rittner — 12.03, 2014 @ 16:52
Nettes Urteil, aber in der Praxis bei Unternehmen schon lange eingebürgert. Das Ok im Sendebericht reicht aus. Hier krücken die Gerichte der jahrelangen Praxis hinterher. Wer möchte als Unternehmer einen Rechtsstreit beginnen, wenn er einen Sendebericht des Kunden erhält? Er wird immer im Sinne des Kunden handeln. Die gleiche Diskussion findet auch in Bezug auf Mails statt. Gültig ohne Unterschrift und so weiter.
Was Behörden betrifft, so sind sie auf Kundenzufriedenheit nicht angewiesen. Da kann man schon mal peinlich genau hinschauen.
Diese Kleingeisterei ist typisch deutsch und begründet eine Fremdscham nebst Kopfschütteln bei Menschen mit einem gesunden Verstand.
Heutzutage Mangelware.
Comment by Prof. — 12.03, 2014 @ 20:06
@Prof: „Diese Kleingeisterei ist typisch deutsch“ – möglicherweise, aber in anderen Ländern wird diese feine Differenzierung genauso gesehen. Das US Appeals Court beispielsweise entschied „the fax confirmation generated by the sender’s machine will constitute strong, if not conclusive, evidence of actual receipt“ – Laouini v CLM Freight Lines (Fax-Sendebericht ist starker aber nicht zwingender Beweis).
Comment by Dreizack — 13.03, 2014 @ 07:47
„Der Unternehmer..wird immer im Sinne des Kunden handeln! Wow! Leider kann man fehlenden gesunden Menschenverstand nicht mit fehlender Erfahrung ersetzten.
Im Übrigen sagt so eine Faxbestätigung nun wirklich nicht viel aus. Der BGH sieht das ganz richtig, er bestätigt nur die Kontaktaufnahme. Was aber tatsächlich übertragen wurde, insb. viel Seiten leserlich auf der Emfpängerseite ankamen, kann die Sendermaschine nicht besätigen.
Comment by M — 13.03, 2014 @ 08:31
@ Prof.
Von welchen Unternehmen reden Sie denn da?
Aus der täglichen Praxis, so oder so ähnlich:
„Eine Kündigung per Mail ist nicht möglich. Eine dem Schriftformerfordernis genügende Kündigung liegt uns nicht vor.“
„Eine Vertragsbeendigung ist nur per Einschreiben mit Rückschein möglich“ (!)
„Ihr Fax konnte nicht zur Kenntnis genommen werden, da dies hier offensichtlich nicht korrekt eingegangen ist.“ (Wohlgemerkt, es wurde zusätzlich per Post verschickt) usw. usf.
Gerade wenn es um die Vertragsbeendigung oder um Einforderung nicht erfüllter, aber versprochener Leistungen geht, handeln die Unternehmen zunächst nur, wie es Ihnen passt. Für den Vertragsschluss reicht es natürlich, wenn man einmal am Telefon zu oft JA sagt.
Ohne Anwalt erreichen viele Kunden oft gar Nichts mehr, und das betrifft nicht zuletzt gerade die Big Player durch alle „Dienstleistungsbranchen“.
Comment by Chris — 13.03, 2014 @ 09:53
Sämtliche Unternehmen, die Wert auf Kundenzufriedenheit legen, sind im Bereich des Schriftverkehrs schon weitergekommen, als Ihr, M. und Chris. Sie haben ihre Kulanzen.
Ein Einschreiben mit Rückschein ist übrigens ebenfalls keine Alternative. Dazu hat es auch ein BGH-Urteil gegeben, welches ich jetzt aus Gründen der Faulheit nicht rausfische.
Es besagt: Der Rückschein bedeutet den Zugang eines Schreibens, nicht etwa, welches Schreiben im Briefumschlag war. Daher haben Verbraucherzentralen bereits darauf hingewiesen, daß selbst ein Einschreiben mit Rückschein keine Beweiskraft hat. Sie empfehlen daher den Zugang durch Boten mit Eingangsbestätigung auf dem Original durch das Unternehmen, wobei die Kopie dann dem Versender zurückgeschickt wird. Das ist sicher, alles andere ist vor Gericht schon lange gescheitert.
Die Unternehmenswirklichkeit von Großkonzernen zum Beispiel kann sich derlei Kleingeistigkeit aufgrund des Massengeschäftes gar nicht leisten. Sie sind, wie oben angemerkt, kulant.
Daher halten Verbraucherzentralen das so genannte Einwurfeinschreiben für kostengünstiger für die Versender, als die Anforderung eines Rückscheines, der nur einen Zugang von „Irgendwas“ belegt.
Sonst noch Fragen? Immer gerne!
Comment by Prof. — 14.03, 2014 @ 15:38
Ah, eine axiomatische Festlegung, dass Großkonzerne kulant sind.
Na gut, das überzeugt natürlich.
Comment by Trollfresser — 14.03, 2014 @ 21:38
Aha, die Axiome, das neue Modewort. Es entlarvt, wer gerade den neuen „Sarrazin“ liest. :-)
Comment by Prof. — 17.03, 2014 @ 13:02
Das Beste um einen Zugang nachzuweisen ist und bleibt der gute alte Bote. Der Bote stellt das Schridtstück zu und steht im Nachhinein als Zeuge zur Verfügung.
Comment by Anwalt Verkehrsrecht — 20.03, 2014 @ 20:35
Auch ich kann nur positives von der Zustellung per Bote berichten. In der Regel buchen wir zudem noch einen Zustellungszeugen, damit der Zugangs zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Hier arbeiten wir bundesweit mit SecuTrans (https://www.secutrans.org/rechtssichere-zustellung), sehr zu unserer Zufriedenheit.
Comment by Peter Schönhauser — 8.04, 2016 @ 22:47