Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

21.3.14

Twitter-Sperre in der Türkei verstößt gegen Art. 10 MRK

Die Türkei sperr bzw. blockiert Twitter. Beim Aufruf der Website erhält man laut Tagesschau.de in der Türkei einen Hinweis auf einen Gerichtsbeschluss zur Schließung von Twitter. Auf einer Wahlkampfveranstaltung hatte Minsiterpräsident Erdogan zuvor angekündigt, seine Regierung werde Twitter und andere Netzwerke vernichten und es sei ihm egal, was die internationale Gemeinschaft dazu sagen wird.

Twitter wird in der Türkei wesentlich intensiver genutzt als beispielsweise in Deutschalnd und stellt für viele Internetnutzer dort ein zentrales Kommunikationsmittel dar, wie diese Grafik zeigt.

Selbst die Bundesregierung reagiert in diesem Fall ungewöhnlich deutlich. Regierungssprecher Seibert twitterte folgendes:

In einer freien Gesellschaft ist es die Entscheidung der Bürger, wie sie kommunizieren wollen, nicht des Staates.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte die Türkei bereits im Jahre 2012 wegen einer generellen Sperrung des Zugangs zu Google Sites verurteilt und festgestellt, dass diese Maßnahme gegen Art. 10 MRK (Recht auf freie Meinungsäußerung) verstößt. Die Gesamtblockade von Google Sites auf Basis eines türkischen Gerichtsbeschlusses hatte der EGMR zudem als willkürlich angesehen. Eine gute Zusammenfassung (in deutscher Sprache) dieser Entscheidung findet sich bei e-comm.

Türkische Gerichte und türkische Behörden verstoßen mit der jetzigen Totalblockade von Twitter also erneut und sehenden Auges gegen die Menschenrechtskonvention. Denn die Sperrung von Twitter stellt ebenfalls eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des Informationszugangs dar, von der ein erheblicher Teil der türkischen Internetnutzer betroffen ist.

posted by Stadler at 10:46  

10 Comments

  1. Schön das es auch bei Rechtsanwälten Tippfehler gibt. Wo ist dieses Deutschalnd? ;-)

    Comment by Leser — 21.03, 2014 @ 10:53

  2. Nun, was erwartet man denn von der türkischen Regierung, einer lupenreinen Diktatur religiöser Spinner?
    Es ware langsam wirklich an der Zeit, diese schwachsinnige Idee einer Aufnahme der Türkei in die EU endgültig zu begraben.

    Comment by Rangar — 21.03, 2014 @ 10:55

  3. Durch den EMRK-widrigen Eingriff der Türkei erfährt twitter als politisches Medium nebenbei eine enorme Aufwertung.

    Comment by Regierungs4tel — 21.03, 2014 @ 10:56

  4. Aussagekräftiger wäre die Grafik allerdings, wenn das Verhältnis Twitter User zu Einwohner des Landes dargestellt werden würde.

    Ich mag mich täuschen, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass die Anzahl der Einwohner der Türkei, die das Internet überhaupt nutzen, deutlich geringer ist als in Deutschland und das könnte die Aussage schon wieder relativieren, oder?

    Comment by Soph — 21.03, 2014 @ 11:00

  5. So oder so empfinde ich die Sperrungen zwar als Verstoß gegen die Menschenrechte, doch möglicherweise sollte man zwischen dem was Erdogan sagt und was die Gerichte entschieden haben, unterscheiden. Es ist unklar, ob die von Erdogan vorgegebene Begründung irgend etwas mit dem Gericht zu tun hat.

    Auch in Deutschland sind bestimmte „Aussagen“ im Netz nicht erlaubt und diese „Verbote“ werden von Hardlinern für eigene Zwecke „übersetzt“.

    Wer also genau verstößt weshalb genau gegen die EGMR?

    Comment by Joachim — 21.03, 2014 @ 12:19

  6. @Joachim: Die Totalblockade von Twitter lässt sich im Lichte der Rechtsprechung des EGMR nicht rechtfertigen, egal mit welcher Begründung.

    Comment by Stadler — 21.03, 2014 @ 12:27

  7. Die Sperrung ist eine Katastrophe. Zum Glück unterstützt Twitter die Leute mit einer Anleitung zur Umgehung der Sperre. Das macht es nicht besser, zeigt aber, dass es zwecklos ist.

    Comment by Georg Schneider — 21.03, 2014 @ 12:28

  8. Wo ist eigentlich Frau Roth und bricht wieder eine Lanze für den EU-Betritt der Türkei?

    Comment by Keiner — 21.03, 2014 @ 12:49

  9. @Stadler (6),
    absolut korrekt, doch nicht die Bewantwortung meiner Frage.

    Die Blockade ging von Anzeigen durch Bürger aus. Das Gericht entschied wohl, es gäbe keine andere Möglichkeit die Bürger zu schützen. Genau das ist Aufgabe eines Gerichts!

    Unter der Vorraussetzung, dass dieses Gericht nach türkischem Recht korrekt entschieden hat, kritisieren wir also ein türkisches Gesetz.

    Genau dann, mit einer konkreten Begründung, ggF. unter genauer Nennung der Norm, ist ein Protest sinnvoll und nur so ist Abhilfe möglich. Nur so kann Erdogan nicht weiter instrumentalisieren und ablenken.

    Freilich, Betroffenen, die sich nicht wehren können, ist die Ursache egal…

    (Was nun alles nicht bedeuten soll, Du hättest hier etwas „Falsches“ gesagt. Ist schon recht…)

    Comment by Joachim — 21.03, 2014 @ 13:05

  10. Deutschalnd

    Comment by name — 25.03, 2014 @ 09:30

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