Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.3.14

Himbeer-Vanille Abenteuer ganz ohne Himbeeren und Vanille?

Teetrinker und Joghurtesser, die auch einen Blick auf die Inhaltsliste werfen, kennen das Problem, das den BGH jetzt zu einer Vorlage an den EuGH bewogen hat (Beschluss vom 26.02.2014, Az.: I ZR 45/13 – Himbeer-Vanille Abenteuer).

Ein Tee wurde unter der Bezeichnung „Himbeer-Vanille Abenteuer“ vertrieben, mit dem Vermerk „nur natürliche Zutaten“. Auf der Packung waren zudem Himbeeren und Vanilleschoten abgebildet. Tatsächlich enthielt der Tee aber keinerlei Bestandteile oder Aromen von Vanille oder Himbeere.

Der BGH geht davon aus, dass der Verbraucher aufgrund der sprechenden Bilder (Himbeeren und Vanilleschoten) auf der Verpackung davon ausgeht, dass diese Bestandteile auch enthalten sind und deshalb gar keine Veranlassung mehr sieht, dies anhand des Zutatenverzeichnisses zu überprüfen. Aus diesem Grund möchte der BGH eine Irreführung im Sinne der Richtlinie über die Etikettierung von Lebensmitteln annehmen.

In der Pressemitteilung des BGH heißt es:

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 der Richtlinie über die Etikettierung von Lebensmitteln durch das Aussehen, die Bezeichnung oder bildliche Darstellung den Eindruck des Vorhandenseins einer bestimmten Zutat erwecken dürfen, obwohl die Zutat tatsächlich nicht vorhanden ist und sich dies allein aus dem Verzeichnis der Zutaten gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 dieser Richtlinie ergibt. Der EuGH hat in der Vergangenheit in Fällen, in denen sich die zutreffende Zusammensetzung eines Lebensmittels aus dem Zutatenverzeichnis ergab, die Gefahr einer Irreführung als gering eingestuft, weil er davon ausgeht, dass der mündige Verbraucher die ihm gebotenen Informationsmöglichkeiten wahrnimmt. Nach Ansicht des BGH können diese Grundsätze aber dann nicht gelten, wenn – wie im Streitfall – der Verbraucher aufgrund der Angaben auf der Verpackung bereits die eindeutige Antwort auf die Frage erhält, ob der Geschmack des Produkts durch aus Himbeerfrüchten und Vanillepflanzen gewonnene Aromen mitbestimmt wird. In einem solchen Fall hat auch der mündige Verbraucher keine Veranlassung mehr, sich anhand des Zutatenverzeichnisses zusätzlich zu informieren.

posted by Stadler at 09:24  

11 Comments

  1. SCNR, aber ‚Abenteuer‘ scheint drin zu sein…

    Comment by Philip Engstrand — 4.03, 2014 @ 12:58

  2. Meine Empfehlung: Joghurt pur, Früchte rein, ein wenig Honig.

    Probleme einer degenerierten Überflussgesellschaft. Wird Zeit für eine richtig gute Nachkriegszeit. Da wußte man die leere Bohnendose noch als Kochtopf zu nutzen.

    Man mag es nicht glauben, aber es gab mal eine Zeit ohne „gelben Sack“.

    Comment by Prof. — 4.03, 2014 @ 18:50

  3. Ey Leute, jetzt reichts aber. Schaltet eure Köpfe ein und macht mal eine billige Analogie.

    Original: „[…] Wenn der Verbraucher aufgrund der Angaben auf der Verpackung bereits die eindeutige Antwort auf die Frage erhält, ob der Geschmack des Produkts durch aus Himbeerfrüchten und Vanillepflanzen gewonnene Aromen mitbestimmt wird, […] hat auch der mündige Verbraucher keine Veranlassung mehr, sich anhand des Zutatenverzeichnisses zusätzlich zu informieren.“ (Himbeer-Vanille-Abenteuer)

    Analogon: „[…] Wenn der Verbraucher aufgrund der Angaben auf der Verpackung bereits die eindeutige Antwort auf die Frage erhält, ob der Geschmack des Produkts durch aus Kindern gewonnene Aromen mitbestimmt wird, […] hat auch der mündige Verbraucher keine Veranlassung mehr, sich anhand des Zutatenverzeichnisses zusätzlich zu informieren.“ (Kinder-Schokolade)

    Alternativ könnt ihr auch einfach mal auf der _Vorderseite_ der Verpackung nach der Antwort auf die Zutatenfrage suchen. Da steht nirgendwo: „Dieses Abenteuer (?) enthält Himbeeren und Vanille.“

    Ein Bild sagt mehr als tausend Worte? Ja, aber welche?

    Comment by Der dicke Hecht — 5.03, 2014 @ 08:53

  4. Vorneweg: ich bin auch der Meinung, dass in einem Vanille-Himbeer-Joghurt Himbeere und Vanille drin sein sollen.

    Frage: Wenn für dieses Produkt (ist ja legitim, gibt ja sogar scheinbar abnehmer dafür) nicht mehr mit Vanille und Himbeere geworben werden darf, was dürfte man dann draufmalen ? Eine junge gutaussehende Person, die gerade Spass daran hat, einen Löffel dieser Pampe einzufahren ? Ist ja auch nicht drin.

    Comment by Manuel — 5.03, 2014 @ 16:45

  5. @2:
    Bei der Packung Joghurt-Abenteuer aber bitte auch auf die Zutatenliste gucken. Nicht, dass man eine Packung Xanthan mit künstlichem Aroma erwischt…
    scnr

    Comment by gant — 6.03, 2014 @ 08:12

  6. @2 Was glaubst du, was in Joguhrt pur ist?

    Comment by Christian — 6.03, 2014 @ 08:32

  7. @3

    Irgendwo sollte man differenzieren. Es soll ja mit den Bildern (Himbeer/Vanille) genau der Eindruck erweckt werden, diese Planzen sind drin.Wer allerdings assoziiert mit einem Kinderbild, das das Kinder drin sind. Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich

    Comment by Christian — 6.03, 2014 @ 08:39

  8. @7: Nein, es soll eben nicht unbedingt dieser Eindruck erweckt werden. Es können eben auch „Serviervorschläge“ sein. Die Analogie mit Kinderschokolade verdeutlicht genau das: Es ist nicht immer das drin, was vorne abgebildet ist. Warum auch?

    Comment by Der dicke Hecht — 6.03, 2014 @ 14:52

  9. Seviervorschlag? Himbeer-Vanille-Tee serviere ich mit Himbeeren und Vanille? Man kann alles krude begründen….Gott sei Dank sah hier mal ein Gericht die Realität

    Comment by Jochen — 7.03, 2014 @ 06:26

  10. @9: Das Gericht kann gerne die Realität sehen, aber das hat nichts damit zu tun, davon auszugehen, dass die Welt nur aus Minderbemittelten besteht.

    Comment by Der dicke Hecht — 7.03, 2014 @ 14:59

  11. Es ist doch genau das beabsichtigt. Abgebildet werden Früchte, drin ist Chemie. Der Kunde denkt es sind Frücht. Unabhängig, was im Kleingedruckten steht. Was ist den nun Werbung? Bisher je wie es gerade passt entweder „KundenInfo“ oder „Nur Werbung“. Da sollte sich die Wirtschaft mal festlegen

    Comment by Christian — 10.03, 2014 @ 06:55

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