Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.2.14

Die Forderungen nach Verschärfung des Straftatbestands der Kinderpornografie

Die Affäre um den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy hat zu Forderungen nach einer erneuten Ausweitung und Verschärfung des Straftatbestandes „Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften“ (§ 184b StGB) geführt, weil der Fall gezeigt habe, dass insoweit Gesetzeslücken bestünden. Auch Justizminister Maas hat sich hierzu geäußert und einen Gesetzesentwurf angekündigt.

Im Beck-Blog findet sich ein hochinteressanter Beitrag des Kollegen Marc Liesching, der ein ausgewiesener Experte im Bereich des Jugendschutzrechts ist, insbesondere zu dem Problem des sog. Posings. Ihm widerspricht in den Kommentaren der Strafrechtler Henning-Ernst Müller. Ich möchte die spannende Diskussion dieser beiden von mir sehr geschätzten Juristen gar nicht kommentieren, sondern lediglich auf sie hinweisen.

Es bleibt in jedem Fall die Frage offen, wie der bloße Besitz und/oder der nichtgewerbliche Tausch von Bildern, die nackte Kinder zeigen und die nach geltendem Recht nicht strafbar sind, unterbunden werden soll, ohne gleichzeitig sozialadäquates und nicht strafwürdiges Verhalten ebenfalls zu pönalisieren. Die emotional aufgeladene politische bzw. öffentliche Debatte erkennt nicht in ausreichendem Maße, dass die Möglichkeiten der gesetzlichen Differenzierung in diesem Bereich an eine Grenze stoßen, mit deren Überschreitung die Gefahr besteht, dass auch sozial-adäquates Verhalten, das tatsächlich keinen pädophilen Hintergrund hat, unter Strafe steht. Zu diesem Thema bin ich auf einen nichtjuristischen Blogbeitrag gestoßen, der das grundlegende Problem ganz gut umreißt.

Gesetzgeberische Schnellschüsse, die nicht ausreichend sorgfältig durchdacht sind, werden in diesem Bereich sicherlich keine Probleme lösen, sondern nur neue verursachen.

posted by Stadler at 12:28  

81 Comments

  1. @93

    Nicht nur Komplex, sondern (meine Meinung) so ein Gesetz lässt sich gar nicht formulieren ohne dass es
    a) „an die Verfassung aneckt“
    b) Kollateralschäden verursacht
    c) zum zahnlosen Papiertiger wird.

    zu a) Art 5 Abs. 3 GG Kunst usw. sind frei…
    zu b) Familienbilder usw. sollen ausgenommen sein
    zu c) gilt nur in De. Ausland scheißt drauf d.h. um wirksam zu sein, müsste der Besitz pönalisiert werden was zu b) führt….

    bombjack

    Comment by bombjack — 22.02, 2014 @ 21:55

  2. Es ist echt erschreckend, wie ausfällig und beleidigend die „aufgeschlossene“ Fraktion sich hier gibt. Ich hoffe, dass ich (und noch mehr meine Kinder) Menschen, die so über Kinder denken, nicht kennenlernen muss. War aber sehr lehrreich für mich.
    Lasst uns bitte keinen ausgrenzen oder schlechter stellen, lasst nur keinen zurück! Diskriminiert nur keinen, ermutigt ihn lieber Bildchen zu kaufen als um Gottes willen auf einen Arzttermin zu warten! Befremdlich, mit Verlaub.
    Die Opfer sind wohl nur Ausdruck eines Schreis nach Liebe der armen Verwirrten.
    Ich habe Kommentare hier von maSu, der ziemlich aggressiv reagiert (ich wette, er sagt das Gleiche über mich, die südeuropäische, hysterische Glucke) und sich in der Materie besser auskennt als ich, mal im Freundeskreis empfohlen, um zu zeigen, dass in den letzten Jahrzehnten unter dem Deckmantel der Toleranz ein Desinteresse gegenüber den Schwächsten salonfähig geworden ist.
    Hier ist Aufklärung nötig um die Mauer des Verharmlosenes zu durchbrechen.
    Diese Gesellschaft hat in weiten Teilen ihre Werte verloren, besonders bei denen, die sich für intellektuell und gebildet halten.
    Nicht nur Edathy, sondern viele Postings zeigen Abgründe in Deutschland auf, nach allem, was ich in den letzten Tagen lesen musste, bin ich jetzt für eine Verschärfung des Strafarechts um das Unrechtsbewustsein wieder zu wecken.
    In so weit waren die Kommentare für mich meinungsbildend, vielen Dank an die „Verharmloser“-Fraktion.
    Die merkwürdigen hinkenden Vergleiche mit Waffenschränken und Barockkunst sind keiner Antwort wert.
    Dass Strafrecht kein Moralrecht ist, ist natürlich Blödsinn, es gibt eine Menge Dinge, mit denen ich niemandem physisch schade, die aber aus Gründen der gesellschaftlichen „Erziehung“ strafrechtliche Folgen haben, siehe Antidiskriminierung. Die Kommentatoren in der „Süddeutschen“ inclusive Chefredaktion verteidigen Edathy mit diesem Argument bis aufs Messer, jede Abweichung vom „Schöner-Denken“ erwiedern sie jedoch mit Schnappatmung. Offensichtlich ist Strafrecht nur dann kein Moralrecht, wenn die Deutungselite das so deutet und es ihnen in den Kram passt.
    Kinder haben keine finanzkräftige Lobby.
    Strafrecht dient sehr wohl einer Moral, es gibt den Rahmen für ein zivilisiertes Miteinander vor.
    Kompliment an „internet-law“, dass sie es als Fachblog schaffen, den Finger oft auf Wunden zu legen und auch Laien zu einer Debatte herausfordern. Einer oft entlarvenden Debatte.

    Comment by Silvia — 23.02, 2014 @ 18:26

  3. Silvia, eine kleine Korrektur:
    Antidiskriminierung wird gerade nicht im Strafrecht geregelt, sondern im Zivilrecht.
    Somit ist dieses Argument, Strafrecht sei ein Moralrecht, hinfällig.
    Es ist ein erstrebenswertes Ziel, Strafrecht gerade nicht zum Moralrecht werden zu lassen.

    Comment by Jos — 23.02, 2014 @ 18:36

  4. Silvia: Ziemlich platter Rundumschlag, der keinerlei Argumente enthält. Ihre billige Empörung hilft leider keinem weiter noch kann man auf so einer Basis Gesetzesverschärfungen oder ähnliches diskutieren.

    Sie sind ein Paradebeispiel dafür, dass bei vielen Menschen alle Sicherungen durchbrennen, wenn es um irgendwas in Richtung Kinderpornos zu gehen scheint.

    Auch wüsste ich, wie sie die ziemlich flachen Unterstellungen mir gegenüber rechtfertigen wollen.

    Ich pers. glaube ja eher, dass es sich wieder um eine gespaltene Persönlichkeit handelt, die hier schon unter der Verwendung von XX Nicknames irgendwas gepostet hat, was weder inhaltlich richtig, noch sonstwie konstruktiv war.

    Comment by maSu — 23.02, 2014 @ 18:47

  5. @34 Jana „Masu, ein anderes, noch größeres Unrecht kann keine Rechtfertigung sein für die Bloßstellung von Kindern.“
    Will man die bloße (mögliche) Bloßstellung von Kindern ahnden, braucht man eine Dezenzbehörde, die festlegt, kontrolliert und durchsetzt, was Eltern mit ihren Kinder machen dürfen http://de.wikipedia.org/wiki/Heimvideo-Sendungen Außerdem passt es einfach nicht, das größere Unrecht mit den den geringeren Mitteln und den sanfteren Eingriffen zu verfolgen. Das ist keine Rechtfertigung, sondern ein Hinweis auf die Widersprüchlichkeit der Politiker.

    Inzwischen sind wir dabei FKK-Fotos im Vorfeld von erotischen Posingfotos im Vorfeld von Pornofotos im Vorfeld von Kindesmissbrauch zu verbieten. Nach derselben Logik müsste man Eltern, die ihre Kinder anschreien strafrechtlich belangen, denn wer so die Kontrolle verliert lässt sich wohl auch eher zu Schlägen hinreißen, als jemand, der stets stoische Ruhe bewahrt.

    Comment by ThorstenV — 24.02, 2014 @ 04:41

  6. @72 Silvia
    „Ich hoffe, dass ich (und noch mehr meine Kinder) Menschen, die so über Kinder denken, nicht kennenlernen muss.“
    Wie denke ich denn über Kinder, was ist daran falsch und woran kann man erkennen, dass es falsch ist?

    Comment by ThorstenV — 24.02, 2014 @ 04:44

  7. @34 Jana…

    Da die Frage an mich gerichtet war…

    […]Bombjack, ein anderes, noch größeres Unrecht kann keine Rechtfertigung sein für die Bloßstellung von Kindern.
    […]

    Jein….es wird aber so etwas, wenn getan wird, als wäre diese Bloßstellung (über die man durchaus streiten kann, denn welcher Fremde erkennt einen noch auf Kinderbildern?) das ultimative Vergehen….und man auf den gleichen Weg einschwenkt wie beim §184b StgB wo man fast meinen könnte die Bilder wären ein größeres Verbrechen als die eigentliche Tat (§176 und Co.) selber, zum dem der größte Teil der Taten (§176 usw.) passiert ohne das eine Kamera dabei ist.

    Der andere Punkt ist, dass dieses Unrecht (und da sind wir wahrscheinlich einer Meinung, dass die Beschneidung erst erlaubt werden sollte, wenn die Person sich bewusst dafür entscheiden kann und es keinen Druck der Familie gibt) hoch offiziell vom deutschem Staate im Namen des deutschen Volkes legalisiert worden ist….indem die Entscheidung die Eltern treffen dürfen….für mich besteht da durchaus ein Unterschied zwischen Veröffentlichung von (Nackt)-Bildern (inzwischen geht es zum Teil ja schon um Kinderbilder) und einer Verstümmelung aka Körperverletzung. Letzteren Eingriff halte ich für deutlich gravierender und trotzdem wird den Eltern zugestanden dies über den Kopf der Kinder oder gar des Säuglings hinweg zu entscheiden.

    […]
    Ich werde dem Fotolaboranten niemals das Recht zugestehen, besagte Fotos an Edathys weiterzuleiten.
    […]

    Das fordert auch keiner…zum einen hätte der Fotolaborant auch jetzt schon dieses Recht nicht d.h. er bekäme eine dafür auf den Deckel….und damit ist das die falsche Frage….

    […]
    Erkunden Sie sich selbst, ob es in Rumänien legal ist Nacktbilder von fremden Kindern zu schießen und zu vertreiben.
    […]

    Warum sollte ich das? Mir kann es egal sein ob das dort legal ist oder nicht, denn es liegt an den einzelnen Staaten was die auf ihrem Staatsgebiet tolerieren und was nicht….so wie in den USA z.B. derbste Rechte Propaganda und damit auch dementsprechende Internetseiten legal sind….Es steht natürlich der Staatengemeinschaft frei sich auf internationale Standards zu einigen wie es z.B. bei illegalen Drogen mit den UN-Konventionen gemacht wurde.

    Ferner sollte die Aussage aus dem Buch
    http://www.droemer-knaur.de/buch/7875471/deutschland-misshandelt-seine-kinder?utm_source=Google&utm_medium=Search&utm_content=Text&utm_campaign=Tsokos
    stimmen:
    […]Jeden Tag werden in Deutschland mehr als 500 Kinder von Erwachsenen aus ihrem familiären Umfeld misshandelt. Fast jeden Tag wird ein Kind durch körperliche Gewalt getötet.
    […]
    stimmen, dann sind (Nackt)Bilder von Kindern und Leute die dieses Material legal bestellen oder sammeln und sich u.U. auf dieses Material einen vor der Palme wedeln, wohl ein sehr marginales Problem, außer man möchte natürlich vom Versagen der gesamten Gesellschaft und des sozialen Umfelds ablenken und wie man sieht funktioniert dieses Strategie ja vorzüglich….

    bombjack

    Comment by bombjack — 24.02, 2014 @ 07:27

  8. Eine scharfe Gesetzeslage ist nun natürlich unerlässlich. Allerdings wird es ja immer wieder genannt: Wann genau fängt Kinderpornographie an? Was ist den Medien kusiert ist dem natürlich zuzuornden! Aber wo genau ist die ethnische Grenze? Diese zu benennen ist mehr als nur schwierig!

    Comment by Fabian — 24.02, 2014 @ 11:38

  9. Was die Vorzensur bei mir betrifft: „Kinder“ und „Islam“ gehören zu den Suchbegriffen oder Anklicks, die ich in den letzten Jahren gewissentlich vermieden habe, damit ja kein Geheimdienst oder Staatsanwalt mir zu nahe trete. (Ich ahnte es doch längst: die überwachen total.)

    Zur Sache kommend: wo sind Grenzen, wo finden Tabuisierungen statt, also wo darf über Dinge nur noch andeugungsweise, besser gesagt, gar nicht mehr geredet werden? Vor welchen bösen Blicken wollen wir uns absolut schützen, und läuft das schließlich nicht auf eine „geschlossene“ Gesellschaft hinaus (im Gegensatz zu einer halbwegs „offenen“)?

    Also: seit ein paar Jahren liegt bei mir eine Kopie des Buches von Leo Steinberg „The Sexuality of Christ in Renaissance Art and in Modern Oblivion“ (1983) herum, und ich habe es deswegen nur noch nicht gelesen, weil mein Englisch letztlich dafür viel zu schlecht ist. Ich zitiere aber mal aus den Eingangssätzen, nämlich dass es Fakt sei:

    „that Renaissance art, both north and south of the Alps, produced a large body of devotional imagery in which the genitalia of the Christ Child, or of the dead Christ, receive such demonstrative emphasis that one must recognize an *ostentatio genitalium* [Anzeige der Genitalien] comparable to the canonic *ostentatio vulnerum*, the showing forth of the wounds. In many hundreds of pious [frommen], religious works, from before 1400 to past of the mid-16th century, the ostensive unveiling [hinweisende Enthüllung] of the Child’s sex, or the touching, protecting or presentation of it, is the main action.“ — Ich gebe keine Link an, sondern nenne z.B. nur das Bild von Hans Baldung Grien, Heilige Familie (1511), um dieses Zitat zu belegen.

    Dazu wäre sehr sehr viel zu sagen. Ich spitze bloß mal dahingegend zu, dass unsere noch einigermaßen freiheitliche Gesellschaft aufpassen muss, dass nicht bald die Darstellung des gekreuzigten Jesus als Gewaltpornografie eingestuft wird (nackter Körper, der gemartert wird).

    Ich habe mich gelegentlich gefragt, wie es zu so erbitterten Kämpfen wie im 8. Jahrhundert in Byzanz kommen konnte, wo Bilderstürmer gegen Bilderverehrer sich auf den Tod bekämpften: langsam begreife ich das, vielleicht sind wir ja mittendrin in einem solchen „Diskurs“.

    Comment by Franz Krojer — 25.02, 2014 @ 22:19

  10. Oh, ihr Pharisäer!

    Körperverletzung Schutzbefohlener geht in Ordnung im Namen Gottes. (Beschneidung)

    Frage wieso darf ein niederraniges Recht ein höherraniges aus hebeln? Ach so ja da geht es ja um Religion und die darf bekanntlich alles das sollte ich als Nachfahre von Kathetern eigentlich gelernt haben.

    Bilder von kindlicher Nacktheit ist Sünde.

    Ich empfehle dringend alle Bilder von Babys auf dem Bärenfell zu vernichten, denn niemand weiß wo die grenze liegt.
    Und Fanatiker kennen bekanntlich keine Grenzen.

    Comment by Zorin — 27.02, 2014 @ 18:33

  11. Ergänzung:

    http://www.vorwaerts.de/115954/maas_will_nacktbilder_verbieten.html

    bombjack

    Comment by bombjack — 4.03, 2014 @ 07:50

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