Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.1.14

EuGH zur Umgehung von Kopierschutz

Eine neue Entscheidung des EuGH (Urteil vom 23.01.2014, Az.: C?355/12) zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen hat zum Teil zu einer erstaunlichen Berichterstattung geführt. Heise-Online titelt beispielsweise „Kopierschutz darf geknackt werden„. Das ist angesichts des Inhalts der Entscheidung des EuGH eine durchaus gewagte These.

Der EuGH definiert den Begriff „wirksame technische Maßnahme“ zum Schutz von urheberrechtlichen Werken zunächst relativ weit. Eine solche technische Maßnahme liegt nach Ansicht des EuGH auch dann vor, wenn sie nicht an das Werk unmittelbar anknüpft, sondern auch dann, wenn hardwareseitig verhindert wird, dass bestimmte Werke – in diesem Fall Computerspiele – installiert bzw. abgespielt werden können.

Weil das natürlich dazu führt, dass der Anbieter proprietärer Lösungen wie im konkreten Fall Nintendo damit auch beliebig Wettbewerber ausschließen kann, hat der EuGH diesen weiten Ansatz anschließend wieder eingeschränkt. Die Gerichte müssen prüfen, ob nicht andere Vorkehrungen zum Kopierschutz zu geringeren Beeinträchtigungen Dritter (also der Wettbewerber) führen würden. Außerdem müssen die Gerichte prüfen, ob die beanstandeten Werkzeuge tatsächlich primär der Umgehung des Kopierschutzes dienen. Die nationalen Gerichte können dabei insbesondere berücksichtigen, wie oft solche Vorrichtungen zur Verletzung des Urheberrechts verwendet werden bzw. wie oft sie zu Zwecken benutzt werden, die keine Urheberrechte verletzen.

Im Falle von Nintendo stellt sich konkret die Frage, ob die Umgehung des Schutzmechanismus vorwiegend dazu dient, die Benutzung raubkopierter Nintendospiele zu ermöglichen oder vielmehr dazu, andere Anbieter von Spielen oder Software von der Nintendo-Plattform auszuschließen.

Der EuGH hat also keineswegs entschieden, dass Kopierschutz künftig geknackt werden darf, sondern nur, dass das nationale Gericht bei der Auslegung darauf zu achten hat, ob eine Umgehungstechnik wirklich vorwiegend dazu dient, einen urheberrechtlichen Schutzmechanismus zu knacken und auch überwiegend zu diesem Zweck benutzt wird.

Oder anders formuliert: Kopierschutzmaßnahmen müssen primär dem Schutz von Urheberrechten dienen und dürfen nicht vorwiegend den Ausschluss von Wettbewerbern oder eine Marktabschottung bezwecken.

posted by Stadler at 10:05  

8 Comments

  1. Also darf ich weiterhin meine gekauften BluRay-Filme nicht als Kopie auf meiner Festplatte speichern, wenn ich dabei einen Kopierschutz umgehe?

    Comment by Nico — 24.01, 2014 @ 11:05

  2. So sieht es aus, allerdings dürfen Sie trotzdem auch weiterhin Abgaben auf Speichermedien für Privatkopien bezahlen ;-).

    Comment by Trollfresser — 24.01, 2014 @ 12:58

  3. Nico, soweit ich weiß ist das Kopieren auch kopiergeschützter Filme nicht strafbar. Allerdings kann der Rechteinhaber Schadenersatz verlangen. Zumindest ein Teil davon dürfte mit der Abgabe auf Leermedien abgegolten sein. Den Rest kann er ja verlangen, wenn er davon erfährt :-), so sehe ich das…

    Comment by jos — 24.01, 2014 @ 16:16

  4. Nein, es wird ja von rechtswidrigem Verhalten gesprochen. Die Privatkopie an sich ist aber nicht rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit sei nach deutschem Recht ja gerade das Umgehen des Kopierschutzes, was der EuGH aber aufhebt.

    Comment by Der dicke Hecht — 24.01, 2014 @ 16:18

  5. Die Entscheidung des EuGH wird keinen Bestand haben. Offensichtlich kennt der EuGH § 108b II UrhG nicht.

    Comment by BrainBug2 — 24.01, 2014 @ 22:15

  6. @BrainBug2… Ein Verstoß gegen § 108b II scheidet aus, wenn schon kein Verstoß gegen § 95a vorliegt. Mit anderen Worten: wenn die Umgehung nicht dazu dient, gegen Urheberrechte zu verstoßen, dann scheidet sowohl ein Verstoß gegen § 95a als auch in der Folge einer gegen § 108b aus.

    Comment by le D — 24.01, 2014 @ 22:50

  7. „Im Falle von Nintendo stellt sich konkret die Frage, ob die Umgehung des Schutzmechanismus vorwiegend dazu dient, die Benutzung raubkopierter Nintendospiele zu ermöglichen oder vielmehr dazu, andere Anbieter von Spielen oder Software von der Nintendo-Plattform auszuschließen.“

    Ich glaube, dieser Satz ist kaputt. Gemeint ist wohl ungefähr: „…oder vielmehr dazu, eine Vorrichtung zu unterlaufen, die ihrerseits dazu dient, andere Anbieter von Spielen oder Software von der Nintendo-Plattform auszuschließen.“ — oder?

    Comment by sPa — 25.01, 2014 @ 12:31

  8. Bleibt noch die Frage, ob eine Kopierschutzmaßnahme wirksam ist, wenn sie umgangen werden kann. Bei CDs mit DRM geht das ja ganz leicht.

    Comment by Robert aus Wien — 28.01, 2014 @ 10:13

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