Das schnelle Ende der Autoflirt-Abmahnungen
Heise hat vor einigen Tagen über dubiose Abmahnungen eines Autoflirt e.V. aus der Wortmarke „Autoflirt“ berichtet. In der mir vorliegenden Abmahnung – meine Mandantin betreibt eine Suchmaschine! – war der angebliche Verstoß gegen Markenrechte des Vereins nicht ansatzweise nachvollziehbar dargestellt, weshalb die Abmahnung durch unsere Kanzlei zurückgewiesen wurde. Wie sich außerdem herausgestellt hat, ist der abmahnende Autoflirt e.V. überhaupt nicht Inhaber der Marke Autoflirt. Die in der Abmahnung angegebene Marke ist vielmehr auf die Herren Jobst von Korff und T. Niedermaier in das Markenregister eingetragen. Bei Herrn von Korff handelt es sich laut eines älteren Berichts von Heise um den Gründer des Vereins, der bereits 2005 mit fragwürdigen Abmahnungen aus dieser Marke aufgefallen ist.
Die abmahnende Anwaltskanzlei Leitmann & Braun-Noviello teilt nun mit Schreiben vom 20.01.2014 mit, dass sie den Autoflirt e.V. nicht mehr vertritt und, dass das Abmahnschreiben „von unserer Kanzlei vor seiner Absendung nicht vollumfänglich geprüft und auch nicht zur Übersendung autorisiert“ war. Das wirft allerdings Fragen auf, denn das Abmahnschreiben ist von Rechtsanwalt Leitmann unterzeichnet.
Die Abmahnung aus einer Marke, deren Inhaber man nicht ist und die auch nicht ansatzweise die Schilderung einer nachvollziehbaren Verletzungshandlung enthält, ist rechtsmissbräuchlich.
Das ist ja das Problem: Abmahnungen sind eigentlich als nützliches Instrument gedacht, dass man viele Streitigkeiten ohne einen Prozess beilegen kann, zumindest ist so mein Verständnis als Laie.
Mittlerweile wird dieses Instrument aber als Lizenz zum Gelddrucken gesehen und es wird kreuz und quer alles mögliche abgemahnt.
Comment by Trollfresser — 20.01, 2014 @ 10:55
„Die Abmahnung aus einer Marke, deren Inhaber man nicht ist (…), ist rechtsmissbräuchlich.“
Hmm, Thomas,
nein, das ist nicht rechtsmißbräuchlich, das ist in meinen Augen betrügerisch. Ich bin zwar selber in dem Bereich unterwegs und auch aktiv, aber das Überprüfen der Inhaberschaft ist das allererste, was ich mache; das haben die Kollegen augenscheinlich nicht gemacht und damit die GoA fehlerhaft erledigt. Die spannende Frage spielt sich mE jetzt im 677 BGB und der Frage nach einem Integritätsschaden ab…
Comment by le D — 20.01, 2014 @ 11:40
@RA Stadler — warum rechtsmissbräuchlich und nicht betrügerisch? Setzt Abmahnung nicht wahre Mandantschaft bzw. wahre Betroffenheit des Mandanten voraus?
Comment by Wolf-Dieter — 20.01, 2014 @ 12:21
Wäre ich betroffen, würde ich gegen den Abmahnenden Strafanzeige wegen Verdachts des Betrugs erstatten.
Comment by Carmina Burana — 20.01, 2014 @ 12:30
@2 u. 3: Vielleicht ist es einfach auch nur in betrügerischer Absicht rechts-missbräuchlich.^^ Etwas zu einem bestimmten Zweck zu tut ist nichts was sich gegenseitig ausschließt, sondern etwas was, was sich bedingt, auch wenn der Zweck nur sinnloses Handeln ist. ;)
Comment by Ursus — 20.01, 2014 @ 12:31
Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung (BGH GSZ 1/4) – Kosten beim Gegner und der Kanzlei einklagen (die dürften mit dem Antwortschreiben gleich die Steilvorlage dafür geliefert haben) und schick ist.
Comment by HugoHabicht — 20.01, 2014 @ 14:34
Naja, das man nicht im Register steht, heißt ja nicht, dass man nicht Eigentümer der Marke sein kann, vgl. konstitutive und deklaratorische Wirkung des Registers.
Comment by PA — 20.01, 2014 @ 16:40
Jetzt ist wirklich zu hoffen, dass das den Urhebern dieser Abmahnung und den Helfern noch richtig weh tun wird! Der eigentliche Skandal ist ja, dass man so etwas machen kann, und kaum bekommt man kalte Füße, zieht man sich raus und das ganze bleibt folgenlos. Dabei darf es nicht bleiben. Wenn es keine wirksame Abschreckung gibt, hört das nie auf!
Comment by Branjo — 20.01, 2014 @ 17:17
@PA: gute, richtige Anmerkung. Trotz der denkbaren Lösung hat das durch das Zurückrudern IMO „ein Geschmäcke“.
Comment by le D — 20.01, 2014 @ 21:09
@le D: Da stimme ich mit Ihnen überein, insbesondere wenn gar keine markenmäßige Benutzung behauptet wurde.
Mir ging es eher darum, dass nach Blogeintrag die Nicht-Inhaberschaft der Marke durch den Abmahnenden anscheinend auf eine anderslautende Registereintragung gestützt wurde. Und dieser Schluss offenbart Unkenntnis über die Wirkung des Registereintrags.
Comment by PA — 21.01, 2014 @ 12:27
@PA und @le D:
Wenn jemand aus einer Marke abmahnt, die laut Register nicht auf ihn eingetragen ist, muss er zumindest darlegen, dass die Marke entweder auf ihn übertragen wurde oder, dass er aufgrund eines Lizenzvertrags zur Nutzung und zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen berechtigt ist. Ansonsten würde man spätestens im Prozess in solchen Fällen natürlich zunächst die Inhaberschaft bestreiten.
Comment by Stadler — 21.01, 2014 @ 15:36
@Stadler: Ja, das ist richtig. Nur erweckt der ursprüngliche Blogeintrag den Eindruck, dass dem Register eine konstitutive Wirkung zugeschrieben wird, die es nun einmal nicht hat.
Ferner ist es zumindest strittig, ob bereits in der Abmahnung die Aktivlegitimation nachgewiesen werden muss(s. z. B. LG Köln Az.: 28 O 688/09).
Comment by PA — 21.01, 2014 @ 16:40
Ob die Aktivlegitimation außergerichtlich nachgewiesen worden muss, mag strittig sein. Sie sollte aber zumindest schlüssig behauptet werden. Der Registerinhalt spricht erst mal dafür, dass der Abmahnende nicht Markeninhaber ist.
Comment by Stadler — 21.01, 2014 @ 16:51
Die Abmahnung wurde nach telefonischer Information der Kollegen Leitmann & Braun-Noviello mit gefälschter Unterschrift vom Autoflirt e.V. ohne Wissen und Wollen der Kanzlei verschickt. Aus dem Stempel auf dem Briefumschlag ergibt sich, dass die Schreiben tatsächlich von Süddeutschland aus versandt worden, nicht vom Sitz der Kanzlei in Hamburg. Die Kollegen erwägen, gegen den Verein strafrechtlich vorzugehen.
Comment by Strömer — 21.01, 2014 @ 23:01
Noch ein Hinweis: Die Marke ist von 1994 – wird sie denn rechtserhaltend genutzt? Wenn das nicht innerhalb der letzten 5 Jahre der Fall war besteht kein Markenschutz mehr – trotz Registermarke.
Comment by RaMü — 22.01, 2014 @ 09:03
@RaMü: Löschungsantrag wegen Verfalls haben wir schon gestellt ;-)
Comment by Strömer — 22.01, 2014 @ 11:07
“ mit gefälschter Unterschrift vom Autoflirt e.V. ohne Wissen und Wollen der Kanzlei verschickt.“
Dafür war das Blatt Papier aber ziemlich echt, wie kamen die wohl an ein Blankoformular?
„Diese Woche ruderte die abmahnende Kanzlei nun zurück. Die Versendung der Abmahnung sei ein Versehen gewesen und nicht richtig geprüft worden. Das Mandat hätte man mittlerweile niedergelgt, alles Weitere sollte man bitte mit „Autoflirt“ direkt klären.“
Quelle: 123recht.net
Sehr dubios. Das zweite Schreiben sagt jedenfalls etwas anderes, als die oberste Aussage dieses Kommentares. Interessanterweise scheint es unterschiedliche ZurückmarschMarsch-Schreiben zu geben. Bei mir steht nichts von: alles weitere mit dem Verein selber klären.
Ich glaub, ich fordere meine Anwaltsgebühren auch zurück.
Comment by Theo — 24.01, 2014 @ 16:26
@Strömer:
und das glauben Sie denen tatsächlich?
Comment by Anonymous — 27.01, 2014 @ 13:39
@Anonymous: Wenn man die Vorgeschichte des Autoflirt e.V. kennt, scheint das immerhin eine plausible Erklärung zu sein. Und: Die Unterschriften unter der Abmahnung und dem Schreiben vom 21. Januar 2014 ähneln sich nicht einmal. Wir verfolgen die Sache weiter!
Comment by Strömer — 27.01, 2014 @ 19:40
@Strömer
„Aus dem Stempel auf dem Briefumschlag ergibt sich, dass die Schreiben tatsächlich von Süddeutschland aus versandt worden, nicht vom Sitz der Kanzlei in Hamburg.“
Die Kanzlei hat ihren Sitz in Heidelberg, der Verein „Autflirt e.V.“ in Hamburg.
Comment by HÖ — 27.01, 2014 @ 23:35