Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

28.11.13

Große Koalition will Providerhaftung verschärfen

In den letzten Tagen und Wochen konnte man wiederholt lesen, dass die große Koalition die Providerhaftung verschärfen will. BITKOM warnt in einer aktuellen Pressemitteilung gar vor einer „Zensurmaschine„. Auf Seite 133 des Koalitionsvertrags findet sich dazu folgende Formulierung:

Als wesentlichen Beitrag zum Schutz der Verbraucher und zur Eindämmung von massenhaften Rechtsverletzungen sehen wir die Diensteanbieter im Internet stärker in der Verantwortung. Wir wollen die Rechtsdurchsetzung insbesondere gegenüber Plattformen verbessern, deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten aufbaut. Wir werden dafür sorgen, dass sich solche Diensteanbieter nicht länger auf das Haftungsprivileg, das sie als sogenannte Hostprovider genießen, zurückziehen können und insbesondere keine Werbeeinnahmen mehr erhalten.

Damit wird, wenn auch äußerst vage, eine stärkere Inpflichtnahme von Providern bei der Bekämpfung von Rechtsverletzungen im Internet in Aussicht gestellt.

Dass sich Plattformen, deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten aufbaut, auf das Privileg als Host-Provider berufen können, ist bereits nach geltendem Recht ausgeschlossen. Insoweit stellt sich auch die Frage, ob die Koalition die aktuelle Rechtsprechung des BGH und des EuGH zur Kenntnis genommen hat.

Der BGH hat ganz aktuell – unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH – entschieden, dass sogar eBay nicht mehr in den Genuss der Haftungsprivilegierung des TMG bzw. der E-Commerce-Richtlinie gelangt, wenn es selbst Werbung für die auf der Plattform angebotenen Produkte betreibt. Darüber hinaus hat der BGH kürzlich die Verantwortlichkeit von Filehostern wie RapidShare – auf die sich die Formulierung im Koalitionsvertrag beziehen dürfte – deutlich verschärft. Vor diesem Hintergrund besteht in diesen Bereichen kein Handlungsbedarf. Zumal die Schwierigkeit darin besteht, festzulegen, bei welchen Diensten das Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten aufbaut. Das ist schon deshalb problematisch, weil hier natürlich auch Fragen der Berufsfreiheit betroffen sind, sollte man sich entschließen, bestimmte Arten von Filehostern per se als rechtsverletzend einzustufen. Der BGH nimmt im Hinblick auf RapidShare an, dass das dortige Gerschäftsmodell zwar nicht von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt ist, dass der Betreiber aber dennoch durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung des Dienstes fördert, was sich wiederum auf die Haftungsfrage auswirkt. Das ist ohnehin schon äußerst weitgehend. Ob hier überhaupt eine gesetzgeberische Handlungsmöglichkeit besteht, die über die Rechtsprechung des BGH hinausgeht, darf man vor dem Hintergrund von Art. 12 GG bezweifeln.

posted by Stadler at 15:24  

5 Comments

  1. Warum sollten die etwas zur Kenntnis nehmen? So fordern sie auch, den Schriftenbegriff zur Verfolgung von Kinderpornografie zu verschärfen. Nur: Das wurde aber bereits vor Jahren geändert und stellt keinerlei (Rechts-) Problem mehr dar. Ein weiterer Hinweis, dass bei den GroKo- Verhandlungen Unkenntnis Sachverstand ersetzt.

    Comment by tauss — 28.11, 2013 @ 15:31

  2. Die GroKo scheint ja noch schlimmer zu werden, als ich das ohnehin schon erwartet hatte. Und das nicht nur bei Netzthemen sondern auch bei deren vermeintlichen „Kernthemen“ (Mindestlohn, Rente, Maut… etc.)

    Gefährlich finde ich dabei, daß deren Koalitionsvertrag auch noch gute Chancen hat so tatsächlich umgesetzt zu werden.
    Anders als sonst, wo so was ja mehr oder weniger nur ne Art unverbindlichen Plan darstellt und im besten Fall von einer starken Opposition korrigiert wird, können CDU/SPD sehr vieles durch Bundestag und Bundesrat einfach durchwinken. Erschreckende Vorstellung!

    Ich prophezeie dem BVerfG einen neuen Rekord für die kommende Legislaturperiode.

    ————————

    @SPD-Basis: Auch wenn ich persönlich zugegebenermaßen kein großer SPD-Freund bin appeliere ich hiermit an diejenigen von euch die das evtl. zufällig lesen sollten denn es geht schließlich ums große Ganze…
    Jetzt habt ihr endlich mal die einmalige Chance euch neu zu sortieren und all die dämlichen Versager-Köppe loszuwerden. Nahles & Konsorten gehen ja zum verrecken nicht freiwillig, wie man sehr schön sehen kann. Die schachern sich jetzt schön die Pöstchen gegenseitig zu und scheißen doch auf euch. Gebt denen die Quittung und fangt neu an. Vielleicht wird dann ja noch mal was aus euch. Wenn die CDU nämlich alleine regiert sieht das Volk endlich mal welch Katastrophe das ist und eine starke Opposition könnte dann (mit einer neu geführten SPD) den ganzen Scheiß schön zurecht biegen. Eine Koaltion mit den Grünen hätte m.E. eine ähnliche Wirkung… Wer sollte solch eine „Ehe“ auch tatsächlich ernst nehmen? Macht et!

    Gruß aus Kölle, Baxter

    Comment by Baxter — 28.11, 2013 @ 18:23

  3. Einfach mal auf
    http://www.vis.bayern.de/produktsicherheit/ueberwachung/chemikalien_handel_online.htm
    schauen oder in den §4 und §5 des JMStV http://www.blja.bayern.de/textoffice/gesetze/jmstv/index.html

    dann bekommt der erste Satz „Als wesentlichen Beitrag zum Schutz der Verbraucher und zur Eindämmung von massenhaften Rechtsverletzungen sehen wir die Diensteanbieter im Internet stärker in der Verantwortung.“ die richtige Bedeutung…..

    bombjack

    Comment by bombjack — 29.11, 2013 @ 06:54

  4. Die SPD teilt ihren Mitgliedern folgendes mit:

    In diesem Jahr 2013 werden wir das letzte Mal eine Koalition mit der Linken im Vorfeld ablehnen. 2017 wird das anders.

    Die SPD verkennt bei dieser Lachnummer nur eines: 2017 wird die SPD von niemandem mehr gewählt, sondern die Linke wird zweitstärkste Partei im Deutschen Bundestag sein.

    Die SPD ist die neue FDP. Man braucht sie nicht.

    Comment by Ian — 30.11, 2013 @ 15:32

  5. Eine richtige Entscheidung, die noch nicht weit genug geht.
    Auch in Deutschland gibt es genug schwarze Schafe wie Aquatix oder Hosting und Mehr, die Massenhaft Spam, über die eigenen Server versenden, einen Whois Protect Service nutzen (Meist noch den eigenen) und sich darauf verlassen das sich die aktuelle Rechtslage nicht ändert.
    Die Spammer haben sogar ein eignen Lobby Verband, den Eco.
    Dieser eco-Verband zertifizierte den Spamhoster Aquatix als vertrauenswürdig und seriös, obwohl dieser Weltweit regelmäßig auf der Blacklist der Provider landet.
    Bestimmte Dinge sollte Deutschland, wie in anderen Ländern der EU schon üblich, härter bestrafen.
    Selbst die Denic ist zum teil machtlos weil sich gerissene Betrüger die aktuelle Rechtslage ausnützen.
    Erst kürzlich erreichten mich Phishing und Spam E-Mails von einer deutschen Domain.
    Bei einer Inhaberüberprüfung, bei der Denic, musste ich feststellen das sämtliche Daten betreffend des Domaininhaber gefälscht waren.
    Das zum Thema Providerhaftung!

    Comment by Ellermann — 13.02, 2014 @ 09:48

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