Müssen Banken Auskunft erteilen, wenn über ein Konto die Zahlung des Kaufpreises für ein gefälschtes Markenprodukt abgewickelt worden ist?
Der BGH hat dem EuGH heute eine äußerst spannende Rechtsfrage zur Klärung vorgelegt (Beschluss vom 17. Oktober 2013, Az.: I ZR 51/1).
Ein Markeninhaber hatte von einer Sparkasse Auskunft über den Inhaber eines Kontos verlangt, über das der Kaufpreis für ein gefälschtes Markenprodukt bezahlt worden war. Der Markeninhaber stützt sich hierbei auf den Drittauskunftsanspruch des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG.
Das Berufungsericht hat die Klage abgewiesen und gemeint, die Sparkasse könne eine solche Auskunft wegen des Bankgeheimnisses verweigern. Der BGH hat diese Frage nunmehr an den EuGH vorgelegt und seinen Vorlagebeschluss folgendermaßen begründet:
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt der Vertrieb des gefälschten Parfüms eine offensichtliche Rechtsverletzung dar. Die beklagte Sparkasse hat durch die Führung des Girokontos, über das der Verkäufer den Zahlungsverkehr abgewickelt hat, auch eine für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht. Damit liegen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG an sich vor. Die beklagte Sparkasse braucht die begehrte Auskunft aber nicht zu erteilen, wenn sie nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO** zur Verweigerung des Zeugnisses im Prozess berechtigt ist. Da § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzt, muss das Recht zur Verweigerung der Auskunft durch die Richtlinie gedeckt sein. In Betracht kommt insoweit Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie, der den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen und die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Im Streitfall stellt sich die Frage, ob die Kontodaten, über die die Klägerin von der Sparkasse Auskunft verlangt, Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie unterfallen und – wenn dies der Fall sein sollte – ob gleichwohl im Interesse der effektiven Verfolgung von Markenverletzungen die Beklagte Auskunft über die Kontodaten geben muss. Da die Frage die Auslegung von Unionsrecht betrifft, hat der Bundesgerichtshof sie dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Bundesgerichtshof hat in dem Vorlagebeschluss erkennen lassen, dass aus seiner Sicht das Interesse an einer effektiven Verfolgung einer Schutzrechtsverletzung den Vorrang vor dem Interesse der Bank haben sollte, die Identität des Kontoinhabers geheimzuhalten.
Die zu erwartende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs dürfte von hoher praktischer Bedeutung sein, zumal es auch im UrhG einen vergleichbaren Auskunftsanspruch gibt. Es könnte also durchaus sein, dass die Banken künftig Auskunft erteilen müssen, wenn ihre Kunden über ihre Konten rechtswidrige Zahlungen abwickeln.
Das heist ich mache mich Strafbar, wenn ich unwissend ein gefälschtes Markenprodukt bei Ebay kaufe?
Comment by Troll — 17.10, 2013 @ 15:58
Ich empfinde es als ungerecht, daß der „kleine Mann“, der mit Filesharing ein paar Filme geklaut hat, sofort mit Offenlegung seiner IP-Adresse rechnen muß, aber ein Ganove im „weißen Hemd“ durch das Bankgeheimnis geschützt ist. Bin gespannt, wie das weitergeht.
Comment by cr- — 17.10, 2013 @ 16:59
Ad #1 Troll
„In gewerblichem Umfang“ deutet darauf hin, dass es sich um das Konto des Verkäufers handelt.
Wenn ein angebliches Markenprodukt bei ebay zu einem Bruchteil des Normalpreises angeboten wird, muss sich der Verkäufer vermutlich vorhalten lassen, dass er gewusst haben könnte, dass es sich nicht um das echte Markenprodukt handle.
Comment by irgendeiner — 18.10, 2013 @ 09:18
Ad #3:
Die Frage in dem 1.Kommentar
bezieht sich wahrscheinlich darauf:
Es geht hier gerade nicht um die Verfolgung des Verkäufers, sondern nur um die, des Käufers. Bleibt also noch die Frage offen: Woher will der BGH nun also wissen, dass es dem Käufer offensichtlich bewusst war, das er mit Absicht dort ein gefälschtes Markenprodukt gekauft hat? Das muss er aber schon von vornherein wissen, ansonsten kann ja auch kein Recht auf Auskunft bestehen, weil die restlichen Angaben zu dem Verkäufer hat der Hersteller ja schon. Der will doch die Angaben zu dem Käufer wissen. Aber genau das, geht alleine nur aus der Pressemitteilung nicht draus hervor, weil alleine nur an den Namen, wie er dort angegeben ist: „Davidoff Hot Water“ – daran kann es ja keiner erkennen. Es fehlt hier eben die Angabe dazu, warum es für den Käufer eine offensichtliche Rechtsverletzung von vornherein gewesen sein soll.
Comment by sascha — 18.10, 2013 @ 18:13
Ne sorry, ich muss meinen letzten Kommentar hier drüber noch einmal korrigieren:
Irgendwie hatte ich noch von gestern im Kopf gehabt, der Hersteller hätte die Angaben zu dem Verkäufer schon von eBay bekommen gehabt und will jetzt noch den Käufer verfolgen. Aber jetzt seh ich gerade, es geht hier tatsächlich nur um die fehlenden Angaben zu dem Verkäufer, den der von der Sparkasse wissen will.
Ne sorry, dann könnten eigentlich meine beiden Kommentare wieder gelöscht werden, weil die erbringen ja auch so keinen Sinn mehr dann, wenn das eventuell gehen würde ? .. thx 2 Herr Stadler
Comment by sascha — 18.10, 2013 @ 19:48