Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

13.8.13

Sixt wirbt mit Mollath: Nur geschmacklos oder rechtswidrig?

Dass die Autovermietung Sixt mit einem Bild Gustl Mollaths und der Aussage „Wenn hier jemand verrückt ist, dann Sixt mit seinen Preisen“ wirbt, hat viele Menschen empört.

Die juristischen Einschätzungen, die ich dazu gelesen habe, sind unterschiedlich. Während der Kollge Solmecke die Werbekampagne für zulässig hält, hegt der Kollege Dirks Zweifel.

Auch wenn der BGH in vermeintlich ähnlich gelagerten Fällen eine Werbung mit dem Bild eines Prominenten unter Anspielung auf ein taktesaktuelles Ereignisses für zulässig erachtet hat, könnte es sein, dass Sixt in diesem Fall auch juristisch zu weit gegangen ist. In der Entscheidung des BGH Oskar Lafontaine betreffend, wurde die Zulässigkeit der Abbildung des Politikers darauf gestützt, dass die beanstandete Werbeanzeige nicht ausschließlich einem Werbezweck dient, sondern im Zusammenhang mit der Abbildung Lafontaines auch eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene politische Meinungsäußerung in Form der Satire enthalten sei.

Ob das auf Mollath und die hier in Rede stehende Aussage übertragbar ist, kann man allerdings bezweifeln. Sixt macht sich gezielt über den Umstand der siebenjährigen Unterbringung Mollaths in der geschlossenen Psychiatrie lustig. Mollath hat die Öffentlichkeit nicht von sich aus gesucht und befindet sich anders als ein Politiker auch nicht im öffentlichen Meinungskampf.

Es stellt sich hier letztlich die Frage, ob mit dieser Werbung nicht die ideellen Teile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen sind, deren Schutz durch die Menschenwürdegarantie von Verfassungs wegen geboten ist. Diese Annahme liegt im Falle Mollath jedenfalls deutlich näher als bei Oskar Lafontaine.

Das hat man möglicherweise jetzt auch bei Sixt erkannt, denn Erich Sixt hat die Werbung mittlerweile stoppen lassen und sich bei Gustl Mollath schriftlich entschuldigt. Ob Sixt auch eine Unterlassungserklärung abgegeben hat oder abgeben wird, ist nicht klar.

posted by Stadler at 17:58  

26 Comments

  1. Sixt macht doch ständig sowas. Und immer wieder eckt das an, dient aber letztendlich der eigenen Werbung.

    Wenn die Leute sonst keine anderen Probleme haben….

    Comment by Wetter — 13.08, 2013 @ 18:02

  2. leider scheint das deren Masche zu sein. siehe: http://www.welt.de/politik/deutschland/article106201480/Latzhosen-Pirat-sauer-ueber-Sixt-Kampagne.html

    Comment by Amon — 13.08, 2013 @ 18:25

  3. Was für mich entscheidend ist, ist auf wessen Kosten der Witz hier gemacht wird – und das ist eben nicht Mollath, sondern die ducht Fehleinschätzungen aufgefallenen Sach(un)verständigen, Gerichte – und nicht zuletzt gewisse Politiker.

    Das klärt noch nicht, ob das rechtlich zulässig ist. Wäre ich an Mollaths Stelle, würde ich aber darüber schmunzeln, oder zumindest die Achseln zucken.

    ag.

    Comment by agtrier — 13.08, 2013 @ 19:03

  4. Man sollte aufpassen, nicht mit zweierlei Maß zu messen. Die Werbung mit Wortspielen in Anlehnung an aktuelle Ereignisse mit Prominentenfotos als Blickfänger ist bei dem Autovermieter ja erprobte Masche und wird nach meinem Eindruck ansonsten eher als pfiffig empfunden. Wieso sollte die Masche im Zusammenhang mit Hrn Mollath plötzlich unverschämt sein?

    Ich kann auch nicht ganz nachvollziehen, wie Sie dazu kommen, die Anzeige würde sich „über“ die Unterbringung Hrn Mollaths lustig machen.

    Ich verstehe die Anspielung eher so, dass der Vermieter sich über die Tatsache lustig macht, dass die bayr. Justiz jemanden für „verrückt“ erklärte, der es nach dem bisher in der Presse vermittelten Anschein doch mehr oder weniger offensichtlich nicht ist. Aus der Sicht sollte Hr Mollath sich dann doch eher unterstützt als beleidigt fühlen.

    Ich persönlich schätze die Anzeigen von Sixt sehr, die doch so gekonnt mit aktuellen Ereignissen und unserer Empörungsbereitschaft spielen. Sie stechen aus dem Werbungseinerlei hervor. Fände es sehr schade, wenn die Anzeigen gerichtlich verboten würden.

    Comment by @LR_Confidential — 13.08, 2013 @ 19:08

  5. @Stadler
    Zudem wird suggeriert, dass das Zitat
    “Wenn hier jemand verrückt ist, dann Sixt mit seinen Preisen”
    von Gustl Mollath stammt, was definitiv nicht stimmt.

    Comment by Heinz — 13.08, 2013 @ 19:50

  6. @@lr_confidential: Weil er sich nicht bewußt in die Öffenlichkeit gestellt hat?!?

    Comment by Thomas — 13.08, 2013 @ 21:06

  7. Sixt argumentiert, Mollath sei eine „öffentliche Person“. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, was Sixt damit meint. Ich kenne öffentliche Toiletten – jeder darf sie benutzen. Diese Position scheint Sixt auch gegenüber allen Menschen vertreten zu wollen, die Gegenstand des öffentlichen Interesses sind. Wer bedenkt, dass Mollath über Jahre zum bloßen Objekt staatlichen Handelns gemacht wurde, dem muss die Ausnutzung der medialen Situation besonders verwerflich erscheinen. Desweiteren verfehlt die Anzeige den gesellschaftlichen Diskurs. Aus wirtschaftlichen Motiven werden Mollath Worte in den Mund gelegt, die nicht ohne weiteres als Satire erkennbar sind. Schließlich werden die Worte als wörtliche Rede herausgestellt, so dass der unvoreingenommene Betrachter davon ausgehen muss, Mollath habe nun eine Werbevereinbarung abgeschlossen und sich die werbliche Aussage zu eigen gemacht. Damit verstößt Sixt gegen sämtliche Grundvoraussetzungen, die eine ungefragte Werbung mit Personen des öffentlichen Interesses noch zulässig erscheinen lassen.

    Comment by Oliver Lyndsey — 14.08, 2013 @ 10:54

  8. @ 6 Thomas
    Kann man denn nur durch eigenes bewußtes Sich-in-die-Öffentlichkeit-stellen zur „öffentlichen“ Person werden, oder kann das auch im Zuge von selbst nicht beeinflussten/beeinflussbaren Ereignissen geschehen?
    Z.B. Unfälle, Naturkatastrophen, historischen Ereignissen (s. über den Zaun springenden NVA-Soldat beim Mauerbau) etc. pp!?

    Comment by Hans-Peter Hammer — 14.08, 2013 @ 12:11

  9. wow … so schnell wird man zum Troll … jetzt werden meine Kommentare gelöscht und keine neuen mehr angenommen (nur wenn ich meinen Nick verändere) ….

    Ist immer wieder seltsam, da kämpft einer öffentlich (zu Recht!) seinen Kampf für Datenschutz und freies – unüberwachtes – Internet … aber kaum kritisiert ihn mal jemand auf seinem eigenen Blog, dann wird gelöscht und zensiert …

    Ich bin schon ein Depp … immerwieder mache ich mir Illusionen über die Ideale der Menschen :(

    Comment by Trino1 — 14.08, 2013 @ 13:17

  10. @8
    Jeder nimmt in gewisser weise am öffentlichen Leben teil. Darf daher mit jedem alles gemacht werden?

    Gerade die Beispiele Unfälle und Naturkathstrophen sind gut, da sieht man das es sich um Opfer handelt.
    Und gerade Opfer sollten einen noch höheren Schutz haben.
    Bei Mollath handelt es sich um ein Justitzopfer.
    Eine Sixtanzeige, die Ihn aussehen lässt, wie wenn er aus der Opferrolle Kapital schlagen will, macht Ihn weiter zum Opfer.

    Comment by Troll — 14.08, 2013 @ 13:30

  11. @RA Stadler:
    Mollath hat Videos von sich in der Psychiatrie filmen und bei youtube einstellen lassen; die Homepage wird von seinen Unterstützern betrieben, aber offenbar mit seinem Einverständnis („Ich bin Gustl Mollath….“ etc). RA Strate und RAin Lorenz-Löblein gehen offensiv mit Interviews an die Presse, was sie wohl ohne das Einverständnis ihres Mandanten nicht tun würden. Mollath gab und gibt seit wenigstens November 2012 ständig Interviews.
    Wie man darauf kommen kann, dass er die Öffentlichkeit nicht von sich aus gesucht haben soll, erschließt sich mir nicht.

    Comment by klabauter — 14.08, 2013 @ 17:14

  12. Dann müsste ja jeder, der um Hilfe ruft und möglicherweise eine Homepage besitzt, damit rechnen, von SIXT verwurstet zu werden.

    Klabauter, denk noch mal drüber nach.

    Comment by SDM — 14.08, 2013 @ 19:08

  13. In der Welt der Werbung gilt: controvery sells. Das hat hat schon United Colors of Benetton vor zwanzig jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

    Ich weiß nicht, ob hier schon mal irgendjemand drüben in den USA war und dort ferngesehen hat, aber die Sixt-Reklame erinnert mich vom Konzept her ein wenig an einen dieser amateurhaften Werbespots eines Autohändler-Familienbetriebs, der in Eigenregie eine Reklame für eine dieser regionalen Fernsehstationen gedreht hat. Die vielen kleinen lokalen US-Sender unterliegen keinen so strengen qualitativen Kontrollen wie die landesweit austrahlenden Stationen und erlauben fast jedem, seine eigene Werbung ins Programm zu stellen. Überflüssig zu erwähnen, dass da im Laufe der Jahre auf den vielen Minisendern eine Fülle an Trash, Geschmacklosigkeiten und Fehlgriffen in den Werbeblöcken gesendet wurde. Und gerade Spots für Autohändler sind berüchtigt. Dieser Sachverhalt wurde mal in der Komödie „UHF – Sender mit beschränkter Hoffnung“ köstlich und derbe parodiert: „Kommt in der nächsten Stunde niemand vorbei und kauft mir ein Auto ab, dann erschlage ich dieses Robbenbaby!“

    Comment by Oliver — 15.08, 2013 @ 10:31

  14. Klageerzwingung

    https://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Klagerzwingung-2013-08-15.pdf

    Comment by Franzy — 15.08, 2013 @ 18:16

  15. https://www.strate.net/de/dokumentation/Bescheid-GSt-Muenchen-13-07-09.pdf

    Comment by Franzy — 15.08, 2013 @ 18:24

  16. Sixt braucht keine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Firma unterlässt es und wird Herrn Mollath sicherlich eine finanzielle Entschädigung zukommen lassen. Es muß nicht ständig alles auf die öffentliche Bühne kommen. Es soll in diesem Land noch Leute geben, die sich auch ohne geifernde Juristen einigen können. Leute mit gesundem Verstand, vor allem Menschenverstand. Und die meiden Juristen, wo es nur geht.

    Comment by Olsen — 16.08, 2013 @ 15:59

  17. Interessante Auffassung, Olsen. Und was ist mit der Wiederholungsgefahr, wenn SIXT sich nicht strafbewehrt unterwirft?

    Sie üben besser noch eine Weile logisches Denken, bevor Sie sich in juristischen Blogs äußern.

    Comment by SDM — 16.08, 2013 @ 16:59

  18. Ihre unverschämte Äußerung nehme ich zur Kenntnis. Die Firma Sixt und Herr Mollath werden auch ohne Ihre Einwürfe eine Einigung finden. Es gibt Menschen, die bestens ohne das oberlehrerhafte Gebaren von Jur-Pseudos auskommen. Das hat nichts mit Logik zu tun, sondern mit einer Absprache unter vier Augen, bei der Sie gewiss nicht anwesend sind, oder eher waren. Herr Mollath hat jetzt andere Sorgen, als jemanden juristisch zu verfolgen, der um Entschuldiung gebeten hat und entschädigen möchte.

    Anscheinend sind Sie nicht in der Lage, anderen Menschen eine Vernunft außerhalb der Justiz zuzutrauen. Wenn man eines auf dieser Welt nicht braucht, dann sind es Anwälte.

    Comment by Olsen — 16.08, 2013 @ 17:15

  19. Ps. Der Anwaltszwang bei diversen Delikten sollte abgeschafft werden. Die meisten Anwälte zerstören mehr, als es die Klientel jemals schaffen könnte.

    Die Besten kann man sich nicht leisten, die zahlt auch keine Versicherung, es sind die Bonzen-Anwälte, aber sie liefern ab. Die anderen sind mehr oder weniger Schrott. Zufall, wenn man einen guten Anwalt erwischt, sie sind spärlich gesät.

    Comment by Olsen — 16.08, 2013 @ 17:25

  20. Und nur für Dich:

    Guter Srafverteidiger

    Kindesmisshandlung, Eltern bezichtigen sich gegenseitig und bleiben dabei. Keine Feststellung, wer das Kind totgeschlagen hat. Freispruch für beide (2012).

    Schlechter Strafverteidiger

    Komm, gib es zu, dann gibt es ein geringeres Strafmaß, dann werden es nur vier Jahre, anstatt sieben.

    Alles verstanden?

    Comment by Olsen — 16.08, 2013 @ 17:33

  21. Ständig sage ich meinen Klienten, sie sollen nicht sabbeln, ihren Schnabel halten. Würden sie sich daran halten, die Zahl der Verurteilungen würde sich sofort halbieren. Mit oder ohne RA, hört auf zu singen. Das ist mein Tip zum Wochenende.

    Comment by Degenhardt — 16.08, 2013 @ 18:41

  22. Ok, wenn schon nach dem Motto „Stadlers Onlinehilfe“, dann deutlich:

    Mit der Polizei muß niemand sprechen. Egal, in welcher Situation! Festgenommene: BPA zeigen, prüfen ist ok, mehr dürfen sie nicht. Das war es. Rechte erklären lassen, schweigen. Ich kenne viele Leute, die sich selber in den Knast gebracht haben, weil sie einfach rechtlich nicht gebildet sind, das nutzen die Behörden, die Beamten aus! Das darf nicht sein! Also, mit oder ohne Rechtsanwalt auf jeden Fall die Klappe halten.

    Schweigen ist Gold und Platin. Reden ist Knast.

    Seid klug! Schweigt IMMER, egal, was sie Euch erzählen.

    Kostenlose Rechtshilfe finde ich klasse.

    Comment by Olsen — 16.08, 2013 @ 19:08

  23. Warum bekommen Nazis und Mörder drei Anwälte, von mir bezahlt? Meine Tochter ist totgefahren worden, ich bekomme keine Hilfe. Ich habe niemanden!

    Comment by Susanne — 16.08, 2013 @ 20:09

  24. Du solltest einen ermorden, dann klappt es auch mit den „Anwälten“.

    Deutschland ist kein Rechtsstaat.

    Comment by Olsen — 16.08, 2013 @ 20:32

  25. Ps. Die guten Strafverteidiger werden nach meiner Erfahrung und Rücksprache den Kuli nicht ohne 6000 Euro Vorkasse anfassen.

    Rechtsstaat ist immer das, was man bezahlen kann.

    Wer keine Kohle hat, wird hilflos bleiben.

    (Juristen und ihr Habitus)

    Comment by Olsen — 16.08, 2013 @ 20:51

  26. http://www.spiegel.de/panorama/justiz/massregeln-in-der-psychiatrie-der-fall-von-ilona-haslbauer-a-917730.html

    Comment by Presseschau — 26.08, 2013 @ 16:09

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.