Strafbarkeit des Anpingens von Handys
Sie kennen die Situation vielleicht. Die Anrufliste Ihres Handys zeigt eine Ihnen unbekannte Rufnummer an. Weil Sie wissen wollen wer angerufen hat, rufen Sie zurück. Dieses typische Nutzungsverhalten wird auch von Betrügern ausgenutzt, wie ein aktuelles Strafurteil des Landgerichts Osnabrück zeigt (Urteil vom 06.03.2013, Az.: 10 KLs 38/09, 140 Js 2/07, 10 KLs – 140 Js 2/07 – 38/09).
Die Angeklagten hatten huntertausendfach Handys lediglich angepingt, also die Verbindung nach einmaligem Klingeln wieder abgebrochen. Wer zurückrief war dann mit einer kostenpflichtigen Sonderrufnummer verbunden und hörte eine Bandansage. Diese Aktion erfolgte zur Weihnachtszeit 2006, um möglichst viele Rückrufe zu erzeugen. Den Anrufern entstanden dadurch im Kosten zwischen 0,98 und 3 EUR für den Rückruf. Insgesamt soll aber ein Schaden von mehr als 500.000 EUR entstanden sein.
Das Landgericht Osnabrück hat dieses Verhalten als Betrug bewertet, was in juristischer Hinsicht interessant ist. Die notwendige Täuschungshandlung sieht das Gericht darin, dass durch das Anpingen vorgetäuscht wurde, jemand wolle telefonieren, mithin eine sinnvolle, inhaltliche Kommunikation führen. In dem Rückruf an die kostenpflichtige Rufnummer sieht das Gericht dann eine Vermögensverfügung des Getäuschten. Das ist meines Erachtens auch korrekt, denn der Anrufer hat ja gerade nicht das Bewusstsein eine teuere Sonderrufnummer anzurufen und veranlasst dadurch unbewusst eine Vermögensverfügung. Das größe juristische Problem erscheint mir die sog. Stoffgleichheit zu sein. Der Täter muss danach den Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten so anstreben, dass der Vermögensvorteil die Kehrseite des Schadens ist. Das ist deshalb problematisch, weil es sich zunächst eigentlich um einen Betrug zugunsten des TK-Unternehmens handelt, dem das Entgelt für den Anruf zunächst zufließt. Das Landgericht Osnabrück nimmt diesbezüglich an, dass den Betrügern das von den Handybesitzern erhobene Entgelt letztlich über eine Transferkette zufließt und die Telekom und andere TK-Anbieter insoweit nur einen Forderungseinzug für die Täter betreiben.
(via kLAWtext)
Das Urteil ist die logische Folge des Zulassungsbeschlusses des OLG Oldenburg vom 20.08.2010, MMR 2010, 791.
Comment by Felix — 13.06, 2013 @ 16:37
Das ist nicht nur die logische, sondern die kausale Folge:
Das LG Osnabrück hatte zunächst die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, die Staatsanwaltschaft hat dann sofortige Beschwerde zum OLG Oldenburg eingelegt, das dann in seinem Beschluss vom 20.08.2010 das Hauptverfahren vor dem LG Osnabrück eröffnet hat. Das Urteil ist jetzt also der Abschluss des Verfahrens.
Comment by RA Sebastian Dosch — 13.06, 2013 @ 16:55
Joj, Probleme habs Ihr, Probleme ….
Comment by eiffe — 13.06, 2013 @ 22:30
Ich sag’s mal mit Ribery c’est historic…
Die Möglichkeit gibts ja schon ewig nicht mehr… gähn. Rechtshistorie.
Comment by lawman — 13.06, 2013 @ 23:10
In jedem anderen Fall hätt ich ja gesagt, dass sind Mittäter, aber bei TK Anbieter, nein, das kann unmöglich sein.
Mit unschuldigen Grüßen,
yt
Comment by yt — 14.06, 2013 @ 07:10
Rangieren denn Telekommunikationsunternehmen nicht sowieso unter „Kriminelle Vereinigung“?
Comment by Rangar — 14.06, 2013 @ 10:02
Das Problem der Stoffgleichheit sehe ich nicht. Die TK-Unternehmen sind doch dann Werkzeuge der mittelbaren Täter. oder nicht?
Comment by H — 14.06, 2013 @ 10:07
Ich finde es interessant, das das An-pingen genannt wird, wobei es technisch gesehen ein durchgeführter und abgebrochener Anruf ist.
Es gibt soetwas wie ein ‚ping‘ im Mobilfunk, das ist Paging, eine Prozedur die das Netz benutzt um festzustellen wo und ob ein Teilnehmer überhaupt einen Anruf erhalten würde.
Comment by Philip Engstrand — 14.06, 2013 @ 11:12
Wurden die Leute da irgendwie umgeleitet oder haben die eine 0900-Nummer(damals vll. noch 0190?) zurückgerufen? Letzteres faende ich doch ein wenig selbstverschuldet.
Comment by Anonymous — 14.06, 2013 @ 14:53
@9: Ah, die vorgeschriebene Preisinformation ist in dem Ping-Anruf enthalten? Wie funktioniert das technisch?
Comment by Jens — 14.06, 2013 @ 21:32
Wie ist denn da überhaupt Geld bei den Tätern oder deren Telefongesellschaft gelandet? War die BNetzA mit dem Rechnungslegungs- und Inkassoverbot nicht schnell genug?
Comment by Jens — 14.06, 2013 @ 21:33
Zur Stoffgleichheit: Laut „Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen“ sollte es doch IMHO reichen, wenn das „Opfer“ ärmer und die Telekom (etc.) reicher wird.
Oder übersehe ich (als interressierter Laie) da etwas?
Comment by Michael — 15.06, 2013 @ 21:02