Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.3.13

FAZ mahnt Blogger ab

Der streitbare Blogger und Historiker Klaus Graf hat eine Abmahnung der FAZ bekommen. Wegen eines Blogpostings vom 03.02.2013 fordert ihn der Justitiar der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf, die Behauptung zu unterlassen, Heike Schmoll – eine Autorin der FAZ – sei die Freundin und/oder die Lebensgefährtin von Annette Schavan.

Jetzt besteht das Problem zunächst darin, dass Klaus Graf das in seinem Blogbeitrag überhaupt nicht behauptet hat. Dort steht nur:

Schavan-Freundin Heike Schmoll unkt in der FAZ: „Schavan wird wohl den Titel verlieren“ und vermutet bestimmte Machenschaften beim Auftauchen der belastenden Zitierregeln-Broschüre

Diese Aussage lässt sich zwanglos dahingehend interpretieren, dass Klaus Graf damit auf eine aus seiner Sicht äußerst Schavan-freundliche Berichterstattung der Journalistin aufmerksam machen wollte, was eine zweifellos zulässige Meinungsäußerung darstellt.

Die Behauptung, Frau Schmoll sei die Freundin bzw. Lebensgefährtin Schavans soll sich nun angeblich daraus ergeben, dass Graf, ganz am Ende seines Blobeitrags und keineswegs im Zusammenhang mit der Person von Frau Schmoll, auf das Blog Causa Schavan – allerdings lediglich auf die Startseite – verlinkt hat. Daraus würde man vermutlich nicht einmal beim Landgericht Hamburg die gewagte Schlussfolgerung ziehen, Graf habe die Behauptung aufstellen wollen, Schmoll sei die Lebensgefährtin Schavans. Interessanterweise teilt das verlinkte Blog nunmehr auch noch mit, dass auch dort diese Behauptung nie aufgestellt worden sei. Gleichzeitig wird die Vermutung geäußert, die FAZ hätte wohl ein anderes Schavan-kritisches Blog – auf das Graf freilich nicht verlinkt hatte – gemeint.

Die Geschichte klingt für einen Außenstehenden – auch einen Juristen wie mich – eher nach einer Farce als nach einer ernsthaften Abmahnung.

Andererseits muss man sich die Frage stellen, wie weit es schon gekommen ist, wenn ein Blogger die Meinungsfreiheit gegen eine der wichtigsten deutschen Tageszeitungen verteidigen muss. Warum muss die FAZ hier außerdem die Interessen von Frau Schmoll vertreten? Diese Frage stellt sich auch in juristischer Hinsicht, denn weshalb vorliegend eine Rechtsverletzung zum Nachteil der FAZ gegeben sein sollte, erschließt sich mir anhand des beanstandeten Blogbeitrags nicht.

So wie ich Klaus Graf einschätze, wird er die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgeben. Ein längerer lesenswerter Beitrag zum Thema findet sich bei Erbloggtes.

posted by Stadler at 15:48  

23 Comments

  1. Das Leistungsschutzrecht reicht wohl nicht, und man braucht noch andere Einnahmequellen zur Gewinnoptimierung …?

    Comment by Sabine Engelhardt — 14.03, 2013 @ 15:56

  2. Kurios, in der Tat. Wenn überhaupt, dann müßte doch wohl die Journalistin selbst gegen die üble (?) Nachrede vorgehen und nicht ihr Arbeitgeber.

    Comment by OG — 14.03, 2013 @ 16:27

  3. Die Journalistin hätte nur mal den Anflug einer kritischen Hinterfragung einer einzigen Schavan-Position zeigen sollen, dann würde man sie auch nicht als Schavan-Freundin bezeichnen. Ich würde sie sogar als Schavan-Lobbyistin, Schavan-Sprachrohr und Schavan-Arschkriecher bezeichnen, ohne dass dafür Kenntnis irgendwelcher Lebensumstände außerhalb ihrer Texte in der FAZ vonnöten sind.

    Comment by AndreasP — 14.03, 2013 @ 18:20

  4. Wer bei Google bzw. Google News mal nach den Begriffen »Klaus Graf FAZ Abmahnung« sucht, findet reihenweise Blog-Einträge – aber nicht einen einzigen Presseartikel zum Thema.

    Es ist schon bemerkenswert wie sich die gesamte Online-Qualitätsjournaille zu diesem faux pas bislang ausschweigt.

    Comment by SC — 14.03, 2013 @ 18:23

  5. Ein drolliger Zufall, lief doch vor Kurzem eine Schlüsselsatire bei SAT 1, in der u.a. eine ominöse
    „Annette“ vorkam und ein gewisser von Donnersberg – der Plot ( copied / pasted from STERN ):

    „Von Donnersberg – und das ist der fiktionale Kniff der Filmsatire – ist eigentlich ein ziemlich mittelmäßig begabter Gernegroß aus der bayerischen Provinz. Ohne seinen Freund Max Drexel (Johann von Bülow), der ihn schon in der Schule abschreiben lässt, hätte er nicht einmal das Abitur geschafft. Aber: Von Donnersberg hat Manieren, Schlag bei Frauen und liebt den großen Auftritt. Daraus müsste sich doch etwas machen lassen – denkt Max. Und wird, als er den Kumpel zu Studienzeiten in Berlin wiedertrifft, sein Redenschreiber, Berater und Coach. Max bastelt auch von Donnersbergs Doktorarbeit zusammen. Er ist das Brain, Donnersberg die politische Luftpumpe…“

    Von Donnersberg war bei der (Kino-) Premiere nicht anwesend…halt…

    Von einem Abmahnungshagelschauer ist bisher nichts bekannt.

    Dies könnte daran liegen, dass die Überwachungsdichte bei Blogs einige hundert Mal höher ist als bei SAT 1.

    Comment by Arne Rathjen, Rechtsanwalt — 14.03, 2013 @ 18:42

  6. Das ganze ist so abstrus, dass man anfangen könnte an Verschwörungstheoretiker zu glauben. Irgendwie fühle ich mich an die Bundeswuffis und die Theorie der Artemis-Verbindung der blonden B. erinnert. Wen interessiert so etwas und wieso kennen die den Streisand Effekt nicht? Das ganze müffelt nach cointelpro:-)

    Comment by Dr.Klusenbreuker — 14.03, 2013 @ 18:50

  7. Was Frau Schawan ist lesbisch? Das wusste ich ja noch gar nicht.
    Das die FAZ das als erstes verbreitet ist auch lustig.
    Danke FAZ

    Comment by Troll — 15.03, 2013 @ 10:57

  8. Streisand-Effekt sag ich nur…

    Comment by nbird.de — 15.03, 2013 @ 12:10

  9. Gibt es rechtlich nichts, das man gegen so eine offensichtlich Falsche Abmahnung machen kann?
    Immer hin muß der Abgemahnte ja zu einem Anwalt und die sind teuer.
    Kleine Blogger und Privatleute ist das schon fast der Ruin.

    Comment by Troll — 15.03, 2013 @ 13:15

  10. Das Schavan lesbisch sein soll war mir bis heute noch nicht mal als Gerücht bekannt. Ob es überhaupt stimmt oder nicht, ist mir auch herzlich egal. Einen „Vorwurf“ oder eine „üble Nachrede“ kann ich darin jedenfalls nicht erkennen. Wenn die Aussage getroffen wurde stellt sich höchstens eine unwahre Tatsachenbehauptung dar.

    In der Tat gab es wohl aber schon 2004 einige mediale Öffentlichkeit zu dieser Frage. Das Gerücht wurde damals wohl von CDU-Leuten gestreut um Schavans politischen Aufstieg zu verhindern.

    Eine Chronik der damaligen Berichte findet sich hier:
    http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2005/januarfebruar-2005/die-chronik-einer-kampagne/

    Das Gerücht hat damals schnell die Runde gemacht, genau so schnell verschwand es wieder. Erst seit 2011 ist es gelegentlich wieder in verschiedenen Medien kolportiert worden.

    Jetzt zieht die Verbreitung gerade wieder kräftig an:

    http://www.google.de/trends/explore#q=schavan%20lesbisch

    Die Suchbegriffe „Schavan lesbisch“ liefern von 2004 bis heute Berichte von Spiegel, FTD, Tagesspiegel, SWR, Zeit, Süddeutsche, etc. pp.

    Comment by Jo — 15.03, 2013 @ 14:14

  11. Schavan lesbisch? Mir neu, sei’s drum. Streisand Effect at work.

    Schade, wir könnten sicher gute lesbische Rolemodel gebrauchen, aber Frau Schavan eignet sich jetzt wohl nicht mehr….

    Comment by Bernd Moerken — 15.03, 2013 @ 16:15

  12. Heisst das jetzt, dass die Amerika-„Freunde“ von der Atlantikbrücke von 300 Millionen Amerikanern genagelt werden, oder Gas-G. von seinem lupenreinen „Freund“?

    Die Bezeichnung „Freund“ ist doch mindestens so weit dehnbar wie die Latex-Paragraphen im H?mb?rg?r J?st?zb?rd?ll.

    Comment by Scherzbischof — 15.03, 2013 @ 16:48

  13. Die FAZ wird sich dann wohl selbst abmahnen müssen

    http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/schavans-ruecktritt-eine-freundschaft-die-ueber-die-amtszeit-hinausreicht-12057072.html

    Comment by Avantgarde — 15.03, 2013 @ 16:49

  14. @ alle Kommentare! wie lange regt man sich über quatsch und nichts auf, anstatt man endlich am Problem selbst arbeitet – wer glaubt den noch an eine Ehrliche Gesellschaft der Regierung Justiz und Medien, das ist genau so subreversibel wie der Gedanke, dass ein Hirngespenst schließlich Real wird und vor einem steht!
    Das Problem wird erst beseitigt wenn wir grundsätzlich ehrliche Medien – Regierung und Justiz erhalten, davon sind wir jedoch weit entfernt.

    Gust Mollath oder Rudolf Schmenger sind ein Beispiel – ich bin viel weiter gegangen und habe dabei festgestellt das der hässliche Sumpf bis in die EUROPÄISCHE JUSTIZ geht.
    Dort geht selbst Mord, Drogenhandel, Korruption,
    Subventionbetrug,Wahlbetrug, Ämterpatronage, Prozessbetrug usw. durch.

    Comment by Jörg Feix — 16.03, 2013 @ 06:41

  15. Tja, da hat die FAZ wohl auf einen Schlag sehr viel Glas zerbrochen – was vorher lange aufgebaut wurde. Schade…

    @Jörd:
    Was willst du denn bitte schön machen? Die einzige Lösung wäre demnach, kompletter Austausch des Systems/der Regierung – wie willst du das anstellen? Also wirds langsam, Stück für Stück, nach unten gehen, bis alles kaputt ist…

    Comment by Lelala — 16.03, 2013 @ 10:03

  16. :hust: Da wird wohl jetzt jemand in einer Kanzlei in Frankfurt rotieren und versuchen rauszufinden, wer denn da in dr vorlesungsfreien Zeit den/die Jura-Prakti an die Tastatur gelassen hat…

    BTW, kann mal jemand ein disclosure machen und sagen, welche Kanzlei da i.A. der FAZ frei dreht?

    Und kann mal bitte jemand ausschließen, dass das eine Web-Ente ist? Ich find’s schlicht unbegreiflich.

    Comment by aeon — 16.03, 2013 @ 12:19

  17. Ps. Ich habe einen Geldfundus in petto.

    Wenn Herr Graf Geld braucht bezüglich der Juristerei, soll er sich melden, Überweisung folgt sofort.

    Wir brauchen endlich mal einen Support für Menschen, die unverblümt die Wahrheit posten.

    Es kotzt mich nichts mehr an, als Polcor, Zensur, Gutmenschenärsche oder andere Wichser.

    Comment by Doc Tunto Rascher — 16.03, 2013 @ 14:46

  18. Ich hab noch ein paar Infos nachgeschoben, aber was Neues von der FAZ gibt es nicht.

    http://archiv.twoday.net/stories/326204812/

    Danke für die Solidarität und das Weiterverbreiten. Wenn ichs recht sehe, schrieb RA Stadler den einflussreichsten Blogartikel zum Thema (siehe die Feedback-Links aaO).

    Comment by Dr Klaus Graf — 17.03, 2013 @ 01:43

  19. aber unbedingt freundschaftlich klingt das hier wirklich nicht:
    http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/schavans-karriere-die-weiterentwicklung-der-annette-s-12057967.html

    Comment by Henning Ernst Müller — 18.03, 2013 @ 14:11

  20. @Henning Ernst Müller: Der Artikel erschien deutlich nach Grafs Blogbeitrag.

    Comment by geheim — 18.03, 2013 @ 16:29

  21. „‚Gutmensch‘ ist ein Schimpfwort, das von denjenigen erfunden wurde, die selber den Arsch nicht hochkriegen“.

    Quelle des Zitats ist mir leider nicht bekannt.

    Comment by CarpeTempus — 18.03, 2013 @ 17:41

  22. @geheim: ja, das stimmt. Ich wollte auch Herrn Graf nicht kritisieren, nur darauf hinweisen, dass es mit der Freundschaft wohl nicht mehr weit her ist bei den beiden ;-)

    Comment by Henning Ernst Müller — 18.03, 2013 @ 18:43

  23. Ich habe der FAZ geantwortet, dass ich mich nicht unterwerfen werde:

    http://archiv.twoday.net/stories/326207397/

    Übrigens hat die FAZ nichts gesagt darüber, ob Schmoll und Schavan Lebensgefährtinnen WAREN.

    Comment by Dr. Klaus Graf — 22.03, 2013 @ 15:34

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