Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.2.13

BGH: Rapidshare muss Wortfilter einsetzen und externe Linksammlungen überprüfen

Eine neue Entscheidung des BGH zur Haftung des Filehosters Rapidshare – die ich hier anhand der Pressemitteilung des BGH bereits besprochen habe – ist gestern im Volltext veröffentlicht worden (Urteil vom 12.07.2012, Az.: I ZR 18/11).

Der BGH betrachtet Rapidshare als Host-Provider, der ab dem Zeitpunkt für Urheberrrechstverletzungen haftet, in dem er von einer konkreten Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wurde. Die Pflichten von Rapidshare beschränken sich nach Ansicht des BGH aber nicht auf die bloße Löschung beanstandeter Dateien. Vielmehr ist es Rapidshare in diesem Fall auch zumutbar, Wortfilter einzusetzen und externe Linksammlungen zu überprüfen, die auf Server von Rapidshare verweisen.

Der BGH meint inosweit, dass es Rapidshare grundsätzlich auch zumutbar sei, eine manuelle Kontrolle jedenfalls einer einstelligen Zahl von Linksammlungen durchzuführen. Ob darüber hinaus auch eine automatisierte Kontrolle einer größeren Anzahl von Linksammlungen zuzumuten ist, hängt nach Ansicht des BGH von den derzeitigen technischen Möglichkeiten ab. Der BGH hierzu wörtlich:

Die Klägerin hätte dann unter Sachverständigenbeweis stellen können, dass es mittlerweile mit denselben Techniken, mit denen Suchmaschinen und interessierte Nutzer die Download-Links auffinden, möglich ist, automatisiert die Linksammlungen zu durchsuchen und die entsprechenden Hyperlinks aufzufinden. Dabei wäre insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass der Antrag zu b) nur Hyperlinks mit dem Bestandteil „rapidshare.com/files“ erfasst.

Der BGH weist in seiner Entscheidung allgemein darauf hin, dass die Fa. Rapidshare nicht verpflichtet ist, die von ihr gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (Art. 15 Abs. 1 RL 2000/31/EG – umgesetzt durch § 7 Abs. 2 TMG). Ob allerdings die anschließend vom BGH konkretisierten Prüfpflichten mit dem gesetzlichen Verbot von § 7 Abs. 2 TMG bzw. Art. 15 Abs. 1 ECRL vereinbar sind, thematisiert der Senat nicht weiter. Denn die Verpflichtung zum Einsatz von Wortfiltern lässt sich durchaus auch als Verpflichtung zur Überwachung gespeichterter Informationen deuten, ebenso wie die Verpflichtung zur Kontrolle externer Linksammlungen dahingehend verstanden werden kann, dass damit nach Umständen geforscht werden muss, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Denn es handelt sich gerade nicht um eine bloße Entfernung oder Sperrung im Sinne von § 7 Abs. 2 S. 2 TMG. Es stellt sich insoweit also durchaus die Frage, ob diese Entscheidung des BGH mit europäischem Recht vereinbar ist.

posted by Stadler at 11:09  

11 Comments

  1. Der BGH scheint sich nicht über die technische Entwicklung im Klaren zu sein. Die Share-Community ist schon lange dazu übergegangen, Links zu verschlüsseln. Es wird allenfalls „alter“ Content damit auffindbar sein.

    Comment by SC — 5.02, 2013 @ 15:59

  2. So als Linksammlung würde ich mir heute noch ein Captcha auf die Seite nageln. Allerdings ist Rapidshare in der „Szene“ eh nicht mehr sehr verbreitet und bis der nächste Filehoster dazu verdonnert wird, werden noch ein paar Raubkopien ins Land gehen.

    Comment by Oliver — 5.02, 2013 @ 16:32

  3. Koennte man ja, was das etwas grobe Europarecht angeht, auch anders sehen. Im Uebrigen scheint die vom BGH vorgeschlagene Methode sehr gut zu funktionieren

    Comment by Heikor — 5.02, 2013 @ 16:51

  4. Urteil ist rechtlich bedenklich, und wirkungslos. Rapidshare ist wegen der veränderten Geschäfstbasis eh durch und Links sind entweder verschlüsselt oder werden nicht für die Suchmaschine freigegeben.
    Mega gibt ohnehin die Richtung für die Zukunft vor: komplette Verschlüsselung auf dem Server

    Comment by Krakz — 5.02, 2013 @ 18:31

  5. Sehe ich auch so. Man erwartet von einem Juristen, Blogger und Menschen, daß sich dieser der Themen annimmt, die Leute schockieren und die unbedingt aufgearbeitet, aufgelistet, diskutiert werden sollten.

    Stattdessen langweilt uns Stadler mit seinen Ausflügen ins Web-Recht, dabei sind die Themen im lawblog und anderweitig besser aufgehoben.

    Herr Stadler, Sie sind aufgefordert, sich mit Bayerns Bullen-Problem zu beschäftigen.

    Machen Sie mal was Sinnvolles, gerade als Jurist!

    Comment by Rudolf — 5.02, 2013 @ 20:32

  6. Nr.5 @ Bruni u. Nr. 6 @Rudolf

    Die Kanzlei AFS besteht nun mal nicht aus Herrn Stadler allein.
    Jeder sollte das tun was sein Fachgebiet ist u. er gelernt (studiert) hat.
    Herr Stadler hat eben nun mal das Fachgebiet IT-Recht u. gewerblicher Rechtschutz.
    Für Beziehungsstreitigkeiten und Körperverletzung wäre Herr Alavi (Strafrecht)zuständig. Nur wird der ohne Mandatierung auch nicht tätig.

    Und für jährlich ca.400000 Abgemahnte tut Hr. Stadler mit seinen Beiträgen „sinnvolles“

    Comment by Maxi — 5.02, 2013 @ 21:28

  7. @5 und @6:??? „als Bayer hat man“… Wie reaktionär sind Sie denn? Dieser Blog heißt internet-law und nicht bayerns-probleme.de; Gründen Sie doch selber so etwas und schreiben dort! Wäre vielleicht sinnvoller als hier rumzupöbeln.

    Comment by BrainBug2 — 5.02, 2013 @ 21:47

  8. „Es stellt sich insoweit also durchaus die Frage, ob diese Entscheidung des BGH mit europäischem Recht vereinbar ist.“

    Dass sie das ist, ist offenbar acte clair, sonst hätte der BGH ja vorgelegt.

    Comment by Jens — 6.02, 2013 @ 21:12

  9. @Jens: Ist das jetzt das Dogma von der Unfehlbarkeit des I. Senats oder gibt es auch ein Argument?

    Ich habe ja dargelegt, wo ich das Problem sehe.

    Comment by Stadler — 6.02, 2013 @ 21:48

  10. Die heute häufig hinter Captchas verborgenen Links sind automatisiert wohl nicht zu überwachen.
    Bleibt also manuelle Überprüfung einer einstelligen Anzahl Linksammlungen, die in der Unterlassungserklärung vorgegeben werden. Wenn die Linksammlungen in ihren AGB kommerzielle Nutzung verbieten, könnte man einen Sharehoster wohl kaum dazu zwingen, ohne zuvor die Linksammlung zu verurteilen, Überprüfungen durch den Sharehoster zuzulassen.

    Comment by AndreasM — 7.02, 2013 @ 00:14

  11. @9 Praktisch betrachtet: Was will man dagegen machen? Es ist davon auszugehen, das der BGH von Amts wegen die Vorlagepflicht umfassend geprüft hat. Eine Verletzung von Art. 103 GG kommt nur in Betracht, wenn die Entscheidung willkürlich wäre. Alone against the BGH.

    Interessant finde ich, wie der BGH das Problem legaler Sicherheitskopie löst. „Denn sie kann sich gegenüber ihren Nutzern vertraglich durch entsprechende Hinweise absichern. Die Nutzer, die über die Löschung der Datei informiert werden, werden dann in aller Regel ohne weiteres in anderer Weise für die Sicherung des Spiels Vorsorge treffen können.“

    Eigentlich legt man Sicherungskopien ja zur Sicherheit an, nicht damit man ständig auf dem Sprung sein muss, nach kurzer (wie kurzer?) Mitteilung nun auch noch die Sicherung zu sichern. Und wo sichert man dann diese, denn eigentlich legt man sie deswegen in einer Cloud ab, damit man durch die redundante Speicherung von der Unzuverlässigkeit eigener physikalischer Speichermedien befreit ist?

    Comment by ThorstenV — 7.02, 2013 @ 19:16

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