Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

6.11.12

Bettina Wulff fordert großflächige Löschung von Suchergebnissen durch Google

Bettina Wulff fordert von Google nach Presseberichten die Löschung von ca. 3000 Suchmaschinentreffern im Zusammenhang mit ihrer Person. Das stellt offenbar den Versuch dar, missliebige Inhalte vollständig aus der Googlesuche zu bekommen und damit die Auffindbarkeit zu erschweren. Interessanterweise geht Wulff parallel nicht unbedingt auch gegen die Anbieter der Inhalte vor, selbst wenn diese bekannt sind und ohne weiteres greifbar wären.

Ein prominentes Beispiel ist Netzaktivist Alvar Freude, der davon erfahren hat, dass ein älterer Blogbeitrag von ihm weit oben auf der Löschliste steht, die Wulffs Anwälte an Google geschickt haben.

Alvar Freude setzt sich in seinem ausführlichen Blogbeitrag damit auseinander, dass die traditionelle Presse Bloggern vorwirft, die Gerüchte über eine Rotlichtvergangenheit von Bettina Wulff verbreitet zu haben, obwohl es gerade klassische Medien waren, die durch ihre Andeutungen und Anspielungen ein breites Publikum überhaupt erst auf die Gerüchte aufmerksam gemacht haben. Was Freude artikuliert, ist also Medienkritik, die natürlich auch ihren Anknüpfungspunkt kurz ansprechen muss, um nicht im luftleeren Raum zu bleiben. Von Wulffs Anwälten hat Freude bislang keine Post bekommen, vermutlich weil sie wissen, dass sich der Blogbeitrag Freudes schwerlich wird verbieten lassen, wenngleich man speziell beim Landgericht Hamburg in solchen Fällen stets mit allem rechnen muss.

Ob ein Suchmaschinenbetreiber überhaupt Trefferergebnisse löschen muss, die auf rechtswidrige Inhalte verweisen, ist juristisch umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt. Im vorliegenden Fall ist es aber ganz augenscheinlich auch so, dass Bettina Wulff in großem Umfang eine Löschung auch solcher Inhalte fordert, die bei der gebotenen Abwägung mit der Meinungs- und Pressefreiheit nicht als ehrverletzend anzusehen sind. Es dürfte sich in der juristischen Diskussion auch irgendwann die Frage stellen, ob es nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, Google als Störer in Anspruch zu nehmen, wenn man gleichzeitig ohne größeren Aufwand den greifbaren Urheber des beanstandeten Contents belangen könnte und damit die weite effizientere Möglichkeit hat, die für rechtswidrig gehaltenen Inhalte an ihrer Quelle zu löschen. Mit der Annahme eines derartigen Rechtsmissbrauchs war die Rechtsprechung bislang freilich sehr zurückhaltend. Das muss aber nicht so bleiben.

Denn das Vorgehen Wulffs gegen Google stellt auch eine Gefahr für die grundrechtlich verbürgte Informationsfreiheit dar. Es geht Bettina Wulff nämlich ersichtlich auch um die Löschung von Inhalten, die sie zwar als störend empfinden mag, die aber nicht als rechtsverletzend zu qualifizieren sind.

Google wird hier schon im eigenen Interesse standhaft bleiben müssen.

posted by Stadler at 12:26  

13 Comments

  1. Wenn Wulffs Anwälte über 3000 Treffer recherchiert haben, werden sie wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Google-Suche selbst dafür benutzt haben.

    Ich halte es für durchaus möglich, dass solch extensive Recherchen einen Einfluss auf das Verhalten des Google-Suchvorschlags-Algorithmus haben können.

    Ein amüsanter Gedanke, dass der betriebene Aufwand, um einen Effekt (unerwünschte Suchvorschläge) zum Verschwinden zu bringen, möglicherweise dazu beigetragen hat, den Effekt selbst zu verursachen.

    Comment by SC — 6.11, 2012 @ 13:24

  2. Google wird hier schon im eigenen Interesse standhaft bleiben müssen.

    So isses…

    Comment by Baxter — 6.11, 2012 @ 17:20

  3. Ist google aber nicht

    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bettina-Wulff-Google-loescht-acht-Suchergebnisse-1742857.html

    Comment by Christian — 6.11, 2012 @ 17:49

  4. @Christian (Beitrag #3):
    Is‘ ja noch nicht zu Ende, sozusagen…
    Thomas Stadler schrieb ja

    Es geht Bettina Wulff nämlich ersichtlich auch um die Löschung von Inhalten, die sie zwar als störend empfinden mag, die aber nicht als rechtsverletzend zu qualifizieren sind.
    Und diesbzgl. scheint Google wohl standhaft zu bleiben bzw. noch standhaft zu sein.
    Heise schreibt diesbzgl. ja das hier:

    Bettina Wulff und ihre Anwälte hatten außerdem gefordert, 80 von Wulff als verleumderisch empfundene Begriffe aus Googles automatischer Vervollständigung zu verbannen. Dem ist der Suchmaschinenkonzern bislang nicht nachgekommen, die Begriffe tauchen nach wie vor auf

    Unabhängig davon und ohne den Grund zu kennen weshalb Google sich überhaupt dazu nötigen ließ diese besagten acht Suchergebnisse zu löschen, vertrete ich persönlich die Meinung, daß die Löschung von links zu vermeintlich/mutmaßlich „rechtswidrigen“ Inhalten eine Farce ist und sogar „gefährlich“ für die Informationsfreiheit ist.
    Zumal ja, wie Thomas Stadler oben schreibt, die Inhalte selbst anscheinend nicht gelöscht wurden. Somit isses quasi ne (privatisierte) Zensursula…

    Selbstverständlich muss sich niemand alles gefallen lassen und in dem Zusammenhang etwaige, unwahre Tatsachenbehauptungen hinehmen. Wer allerdings nicht gegen die eigentlichen Inhalte vorgeht, sondern wie hier gegen Ergebnisse eines Such-Algorhitmus, macht sich m.E. in der Sache unglaubwürdig.

    Und bevor jetzt jemand mit dem „Argument“ um die Ecke kommt, Google sei ja ein privates Unternehmen und könne demnach machen (hier: verlinken), was es wolle, dem sei Nahe gelegt vielleicht erst einmal nach- bzw. weiterzudenken.
    Übrigens hatte seinerzeit die privatwirtschaftliche Content-Mafia versucht den privatwirtwirtschaftlichen Heise-Verlag (gerichtlich) zu zwingen, links auf vermeintlich rechtswidrige Inhalte zu löschen – und das in einem konkreten Artikel und nicht als bloße link-Liste. Die meisten hier kennen sicherlich noch Ausgang, der juristisch erkämpft wurde…wenn nicht siehe hier:
    http://m.heise.de/Dokumentation-Heise-versus-Musikindustrie-437717.html?from-classic=1

    Gestern war’s die Content-Mafia, heute isses irgendeine dahergelaufene Frau mit offenbar zu großem Geltungsdrang… und morgen?

    Von daher: Bei Verlinkungen in welcher Form auch immer (also auch embedded oder wie hier als Ergebnisse eines Such-Algorhitmus) besteht meiner persönlichen Meinung nach zu keinem (!) Zeitpunkt ein Löschgrund.
    D.h., daß auch wenn der (Einzel-)Fall „B.W.“ als solches nur einen Fliegenschiss im World Wide Web darstellen mag, so darf und sollte und muss man m.E. ruhig wachsam sein/bleiben.

    Interessant fänd ich persönlich am Rande bemerkt, wenn Google den Suchbegriff „Bettina Wulff“ einfach komplett löschen würde (um ein Zeichen zu setzen oder meinetwegen um mal kurz die Muskeln zucken zu lassen). Die etwaigen Namensvetter (oder heißt es hier dann Namenscousinen? Egal…) wären dann allenfalls ein bedauerlicher collateral damage – quasi für „die Sache“.
    Ob Bettina Wulff dann den Schwanz einziehen würde (also im übertragenen Sinne ;-) ), schließlich will sie ja Bücher verkaufen und so, weiß ich persönlich natürlich nicht…
    Naja, wie dem auch sei.

    Gruß aus Kölle, Baxter

    Comment by Baxter — 6.11, 2012 @ 19:30

  5. Scheiße, hab anscheinend irgendwo ein „/“ vergessen. Sorry!

    Comment by Baxter — 6.11, 2012 @ 19:31

  6. @Thomas Stadler (@all), Frage:

    Ob ein Suchmaschinenbetreiber überhaupt Trefferergebnisse löschen muss, die auf rechtswidrige Inhalte verweisen, ist juristisch umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt.

    „Paperboy“ (BGH, I ZR 259/00)?

    Comment by Baxter — 6.11, 2012 @ 19:59

  7. Google hat mit dieser Methode, die Menschen auf die Nase bindet was andere tun, einer Person großes Unrecht und große Schande gebracht. Die geht nun dagegen vor. Es geht ja nicht um die Vertuschung von Geheimnissen, sondern um eine Art automatisierte üble Nachrede. Google ist aus meiner Sicht mehr als nur Störer.

    Und es gibt sehr viele Fälle, wo man den Namen eines Menschen eingibt und sofort das Suchwort „schwul“ ergänzt wird. Wäre mir zwar egal wenn jemand schwul wäre, aber leider finden das nicht alle (sonst würde es nicht so „interessant“ sein) und daher ist es. Google geht damit einfach zu weit.

    Davon mal abgesehen suchen Menschen in der Regel das, was sie wissen wollen – nicht was ihnen vorgeschlagen wird. Das spart im besten Fall 2 Sekunden Tippen – ist es das Wert, dass Menschen verleumdet werden? Google sollte mal vom „was andere tun“-Trip herunterkommen. Man findet nur noch selten, was man wirklich gesucht hat. Ständig wird da was vorgeschlagen, mit einbezogen… schonmal beispielsweise versucht, etwas zu einem Produkt zu finden, was kein Shop, Preisvergleich, Spamseite oder eine Amazon-Ciao-Rezension ist? Es ist wie die Pest.

    Comment by Unverständnis — 6.11, 2012 @ 22:47

  8. *und daher ist es schädlich für diese Individuen.

    Comment by Unverständnis — 6.11, 2012 @ 22:48

  9. „Störer“ … feines Wort … genauso wie „Gefährder“, „Terrorist“ oder „Sicherheitsbeamte die Deutschland regieren“.
    Neusprech aus der schwarzbraunen Ecke der Polizeidemokratur.

    Comment by Vinnie die Axt — 7.11, 2012 @ 09:41

  10. @ Unverständnis

    Ihre Ausführungen in allen Ehren aber sie würfeln hier 2 paar Schuhe durcheinander.
    Das eine sind die Suchvorschläge, darüber kann man wohl trefflich streiten.
    Das andere ist lediglich der Suchindex, aus dem nur das gefunden wird, was auch konkret gesucht wird. Dieser wird automatisiert bereitgestellt.

    Comment by Trollfresser — 7.11, 2012 @ 12:21

  11. Ergänzung: Selbst die Suchvorschläge bilden aber nur das ab, was von anderen Personen sehr häufig gesucht wurde. Unabhängig davon wusste ich bisher gar nichts über die Vorwürfe gg. Frau Wulff (genau genommen ist mir diese Person absolut egal), jetzt aber weiß jeder Mensch davon.

    Das Ziel diese Vorwürfe aus dem Gedächtnis der Menschen zu tilgen ist damit gescheitert, weil immer mehr Menschen Notiz nahmen. Das soll nicht heißen, dass sich Fr. Wulff nicht gegen falsche Vorwürfe wehren sollte aber wer so um sich schießt erzeugt automatisch Aufmerksamkeit.

    Comment by Trollfresser — 7.11, 2012 @ 12:24

  12. @Unverständnis

    Überlegen Sie mal oder recherchieren Sie (Sie können ja google benutzen :-)), wie ein Suchvorschlag überhaupt zustande kommt.
    Und Google hat keinen verleumdet. Das sind alles Algorithmen, die verwendet werden.

    Comment by J. S. — 7.11, 2012 @ 13:25

  13. Die Dame kann sicherlich mit Google Spielchen treiben. Wenn dieses Unternehmen kein Monopolist wäre, würde ich mich freuen. Es ist aber ein solcher. Dumme User haben Google dazu gemacht. Es rächt sich.

    Die Dame freut sich nicht, denn, man mag es kaum glauben, es gibt auch noch andere Suchmaschinen.

    Und es gibt Menschen, die solche nutzen.

    Google? So what? Fuck it.

    Comment by Roland — 11.11, 2012 @ 14:58

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