Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

3.7.12

Gesponsertes Blog

In der Wochenendausgabe der SZ vom 30.06./01.07.2012 findet man den lesenswerten Artikel „Die schmutzigen Methoden der sanften Medizin“ des Autors Jens Lubbadeh, der sich mit den angeblich unseriösen Methoden der Homöopathie-Lobby auseinandersetzt. Einer der Hauptkritikpunkte lautet, dass die großen Hersteller homöopathischer Produkte das Blog „CAM Media.Watch“ des Journalisten Claus Fritzsche mit 43.000 EUR jährlich sponsern. CAM Media.Watch ist nach eigener Darstellung ein Blog „für Journalistinnen und Journalisten, die einen Blick hinter die Kulissen der wissenschaftlichen Erforschung von Naturheilverfahren, Komplementärmedizin sowie unkonventioneller Verfahren werfen wollen“ und nach der Darstellung des SZ-Autors ein Lobbyinstrument, das dazu dient, Kritiker der Homöopathie anzschwärzen. Diese Kritik hat der Journalist Fritzsche zum Anlass genommen, eine Replik zu verfassen, die sich allerdings stark in Details verheddert.

Die zentrale Frage lautet: Darf man einem Blog den Anstrich einer neutralen Informationsquelle geben, solange in der Rubrik „Über dieses Blog“ – allerdings sehr weit unten und nur nach mehrfachem Scrollen erkennbar – auf die Finanzierung des Blogs durch Unternehmen einer bestimmten Branche hingewiesen wird?

Explizite rechtliche Regelungen für Sponsoring von Blogs und Websites existieren nicht. Die Regelungen über das Sponsoring von Rundfunksendungen können jedenfalls nicht analog herangezogen werden, nachdem der Gesetzgeber  diese Regelungen auf Telemedien nur dann anwenden will, wenn es sich um Fernsehtext (Videotext) oder fernsehähnliche Telemedien handelt.

Allerdings verpflichtet der Gesetzgeber den Betreiber journalistisch-redaktionell gestalteter Blogs dazu, die anerkannten journalistischen Grundsätzen zu beachten (§ 54 Abs. 2 RStV). Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist aber nicht ausreichend konkret, um hieran Sanktionen zu knüpfen. Gemeint sind damit wohl primär die Sorgfaltspflichten der Presse nach den Landespressegesetzen sowie ergänzend evtl. der Pressekodex, der allerdings keine Rechtsnorm darstellt und damit rechtlich nicht bindend ist.

Bleibt also letztlich nur das in § 58 ABs. 1 RStV normierte Gebot, Werbung klar zu kennzeichnen und vom übrigen Inhalt des Angebots eindeutig zu trennen. Zu diesem Trennungsgebot bei Telemedien existiert praktisch aber keine Rechtsprechung und wenn dann nur zu dem Aspekt der bezahlten Links.

Wenn eine bestimmte Branche ein Blog mit 43.000 EUR finanziert, dann werden damit natürlich handfeste wirtschaftliche Singularinteressen verfolgt. Ein solches Blog ist ein Lobbyinstrument und keine seriöse und neutrale journalistische Quelle.

In rechtlicher Hinsicht haben wir es hier andererseits aber nicht mit der klassischen Schleichwerbung zu tun, sondern mit einer Form des Lobbyismus, der sich als Journalismus tarnt. Über das rechtliche Trennungsgebot ließe sich dieses Phänomen wohl nur dann erfassen, wenn man das Blog wegen des Sponsorings insgesamt als Werbung qualifizieren würde, was man allerdings für juristisch eher gewagt halten muss.

Es liegt also eine Gesetzeslücke vor, um die sich der Gesetzgeber kümmern sollte. Die Frage nach der Zuverlässigkeit und Objektivität von Informationen im Netz wird uns künftig jedenfalls noch oft beschäftigen.

 

posted by Stadler at 12:19  

5 Comments

  1. Mit 43.000 EUR jährlich gesponsert.

    43.000 EUR sind ein ganz ordentliches Brutto-Jahreseinkommen. Das Blog ist also nicht gesponsert sondern gekauft.

    Comment by M G Berberich — 3.07, 2012 @ 12:52

  2. Für eine Firma mit Kosten und Ausgaben etc. sind 43.000 euro nur gesponsort, von gekauft kann hier nicht die Rede sein.
    Angestellten treibt es bei soclehn Zahlen immer die €€ in die Augen, ob wohl es um Peanuts geht.
    Kleines Beispiel: 200.000 euro für einen Ladenbesitzer reichen gerade mal zum (über)leben aus.

    Comment by Troll — 3.07, 2012 @ 15:10

  3. Die Kosten für einen Blog sind mit denen eines Ladenbesitzers wohl nicht vergleichbar. Hosting bei Hosteurope (ab 1,99 €/mtl.), Bilder von Fotolia (ein paar Euro pro Bild) usw. sind deutlich günstiger als Ladenmiete (>500 €/mtl.), Strom, Anzeigen usw.. Im Grunde ist der Blog ein recht lukrativer Nebenerwerb!

    Comment by Untroll — 3.07, 2012 @ 17:31

  4. interessante Analyse, Danke. Schauen wir mal wie die betroffenen Firmen reagieren: Weleda überlegt noch ;-) https://www.facebook.com/Weleda.Deutschland/posts/471509942877985

    Comment by Skeptikus — 4.07, 2012 @ 00:07

  5. Wie geht’s eigentlich Gisela?

    Comment by Anonym — 4.07, 2012 @ 00:46

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