Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.6.12

Wettbewerbswidriges Abwerben von Mitarbeitern über XING

Das Landgericht Heidelberg hat entschieden (Urteil vom 23.5.2012; Az.: 1 S 58/11), dass sich derjenige, der über die Business-Plattform XING Mitarbeiter eines Konkurrenzunternehmens anschreibt, wettbewerbswidrig verhalten kann.

Die genauere Lektüre des Urteils zeigt allerdings, dass der Wettbewerbsverstoß gerade daraus resultiert, dass der Versuch der Abwerbung von Mitarbeiten im konreten Fall mit abwertenden Äußerungen über den Mitbewerber verbunden war. Im Urteil des LG Heidelberg heißt es hierzu:

Die Abwerbung von Mitarbeitern ist zwar grundsätzlich zulässig, nicht aber, wenn wettbewerbsrechtlich unlautere Begleitumstände hinzukommen wie z. B. herabsetzende Äußerungen über den bisherigen Arbeitgeber (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn. 10.104; Küttner, Personalhandbuch, Kap. 3 Rn. 4). Da hier die Kontaktaufnahme mit den Mitarbeitern der Klägerin mit unzulässigen herabsetzenden Äußerungen verbunden wurde, liegt eine wettbewerbswidrige Abwerbung vor.

Wer also schon versucht, Mitarbeiter eines Konkurrenten über soziale Netze abzuwerben, der sollte es tunlichst vermeiden, den Mitbewerber dabei auch noch schlecht zu machen.

Die Begründung des Landgerichts Heidelberg ist allerdings durchaus diskutabel und überzeugt mich letztlich nicht. Denn, ob bereits Äußerungen wie „Sie wissen ja hoffentlich, was Sie sich da angetan haben?“ und „Sie wissen ja hoffentlich, in was für einem Unternehmen Sie gelandet sind?“ ausreichend sind, um eine Absicht der Mitbewerberbehinderung anzunehmen, kann man durchaus bezweifeln. Ob es sich außerdem um ein herabsetzendes Werturteil handelt, das zu einem Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 7 UWG führt, kann man m.E. ebenfalls diskutieren, zumal die Rechtsprechung in letzter Zeit dazu neigt, die Bedeutung der Meinungsfreiheit auch innerhalb des Wettbewerbsverhältnisses stärker zu betonen. Das Landgericht hätte jedenfalls auch in diesem Fall eine Güterabwägung unter Beachtung des Gesamtkontexts vornehmen müssen.

posted by Stadler at 11:03  

2 Comments

  1. Herabsetzend ist überhaupt kein justiziabler Begriff. Wenn man einen Arbeitnehmer abwirbt, indem man ihm mehr Gehalt als sein bisheriger Arbeitgeber anbietet, setzt man jenen auch herab. Das liegt daran, dass, zumindest aus Sicht des Arbeitnehmers, ein niedrigeres Gehalt natürlich schlechter ist. Es impliziert außerdem, dass der bisherige Arbeitgeber die Arbeit weniger wertschätzt.

    Damit besteht bezüglich der herabsetzenden Wirkung kein gravierender Unterschied zu Aussagen wie „Der ist doof.“, „Der schubst kleine Enten in den Teich.“ oder „Der unterstützt Al-Quaida.“. Es besteht lediglich ein Unterschied in der Objektivität und Wahrheit / Beweisbarkeit der Aussage.

    Um die Wahrheit / Objektivität geht es im Gesetz aber nicht und sie wäre auch bei dieser Situation nicht relevant, da die Frage „Sie wissen ja hoffentlich, in was für einem Unternehmen sie da gelandet sind?“ als solche keinen Wahrheitswert besitzt und offensichtlich nicht auf Objektivität sondern das subjektive Wissen des Angesprochenen abzielt.

    Comment by Heinz Handtuch — 12.06, 2012 @ 16:55

  2. Würden Sie eine Aussage wie „Ach, Ihr Anwalt ist der Herr Stadler? Nun ja, Sie wissen hoffentlich, mit wem Sie es da zu tun haben…“ nicht auch als Herabsetzung empfinden?

    Comment by Engywuck — 13.06, 2012 @ 06:45

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