Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

4.4.12

Keine kostenpflichtige Abmahnung ohne vorherige Kontaktaufnahme?

Auf manchen Websites liest man den Hinweis, dass einer kostenpflichtigen Abmahnung ohne vorherige Kontaktaufnahme widersprochen wird oder eine solche Abmahnung als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen wird.

Dieser Hinweis wirkt tatsächlich, allerdings anders als sich die betreffenden Seitenbetreiber das wohl vorgestellt haben. Das OLG Hamm hat entschieden (Urteil vom 31.01.2012, Az.: I-4 U 169/11), dass derjenige, der einen solchen Hinweis auf seiner Website angebracht hat, sich treuwidrig verhält, wenn er seinerseits einen Wettbewerber sofort kostenpflichtig abmahnt, ohne den Abgemahnten vorher formlos kontaktiert zu haben. Das OLG Hamm führt in seiner Entscheidung aus:

Darauf kommt aber nicht entscheidend an, weil die Abmahnung hier nicht berechtigt war, weil sie –jedenfalls so- auch im Hinblick auf die Erstattung von Anwaltskosten nicht erforderlich gewesen wäre, um ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden. Bereits ein Vorabkontakt durch die Klägerin selbst hätte hier ausgereicht, um eine förmliche Abmahnung durch einen Anwalt und den damit verbundenen Anfall von erheblichen Kosten ebenso zu vermeiden wie ein gerichtliches Verfahren. Zwar stellt § 12 Abs. 1 UWG nicht nur klar, dass der zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs berechtigte Mitbewerber grundsätzlich nicht nur sofort abmahnen kann, sondern auch abmahnen soll, um ein gerichtliches Verfahren möglichst zu vermeiden. Ein kleines Unternehmen, das über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, kann die Abmahnung auch grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt aussprechen lassen. Das ändert aber nichts daran, dass Mitbewerber im Einzelfall vereinbaren können, vor einer formellen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt miteinander Kontakt aufzunehmen und auf ein aus Sicht eines Mitbewerbers als wettbewerbswidrig angesehenes und zu unterlassenes Verhalten hinzuweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, das Verhalten ohne den Anfall weiterer Folgekosten sofort einzustellen. Solche Absprachen sind dem Senat schon wiederholt in anderen Fällen bekannt geworden. Zwar haben die Parteien hier eine Vereinbarung solcher Art unstreitig nicht getroffen. Einem Erstattungsanspruch der Klägerin steht hier aber der Grundsatz von Treu und Glauben im Hinblick auf ein widersprüchliches Verhalten (§ 242 BGB) entgegen. Der Grundsatz ist hier anwendbar, weil jedenfalls nach dem Klägervortrag eine durch einen Wettbewerbsverstoß des Beklagten entstandene Rechtsbeziehung als rechtliche Sonderverbindung zwischen den Parteien anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung gilt in diesem Bereich des Wettbewerbsrechts, dass sich aus § 242 BGB sogar Handlungspflichten, nämlich eine Verpflichtung zur Antwort und zu einem Hinweis auf eine eventuelle Drittunterwerfung ergeben können (vgl. BGH GRUR 1987,54, 55 -Aufklärungspflicht des Abgemahnten, BGH GRUR 1990,381 -Antwortpflicht des Abgemahnten, Senat 4 U 64 / 10 – Aufklärungspflicht des Hingewiesenen). Die Klägerin muss sich deshalb nach dem Grundsatz von Treu und Glauben so behandeln lassen, als ob im Rahmen dieser Sonderverbindung eine solche Absprache getroffen worden wäre, weil ihr Verhalten ansonsten einen unauflösbaren Selbstwiderspruch darstellen würde.

Der von einem solchen Hinweis eigentlich beabsichtige Effekt, nämlich die Vermeidung kostenpflichtiger Abmahnungen, tritt freilich nicht ein. Denn an diesen Appell ist niemand gebunden, weil sowohl die Rechtsprechung als auch das Gesetz eine kostenpflichtige Abmahnung grundsätzlich als angemessene Reaktion auf einen Rechtsverstoß ansehen.

posted by Stadler at 16:51  

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