Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

2.3.12

Neues Urteil zur Gegendarstellung im Internet

Auch im Internet besteht ein Anspruch auf Gegendarstellung gegen Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, wenn eine Person oder Stelle, durch eine in dem Onlineangebot aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist (§ 56 RStV).

Das Landgericht Berlin hatte einen Onlineanbieter zur Aufnahme einer solchen Gegendarstellung verurteilt. Der Anbieter wollte auf diese Gegendarstellung aber wiederum unmittelbar erwidern und diese Erwiderung im Anschluss an die Gegendarstellung platzieren.

Das Kammergericht als Berufungsinstanz geht in seinem Urteil vom 30.01.2012 (Az.: 10 U 85/11) davon aus, dass auf die Gegendarstellung zwar grundsätzlich erwidert werden darf, allerdings nicht unmittelbar im Anschluss an die Gegendarstellung. Denn aus § 56 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 RStV folgt das Verbot, die Erwiderung auf eine Gegendarstellung unmittelbar mit dieser zu verknüpfen.

Das entspricht nach Ansicht des Kammergerichts dem Gebot der Sicherstellung gleicher publizistischer Wirkung und dem daraus folgenden Grundsatz der „Waffengleichheit“.

Das Kammgergericht meint, dass die gebotene gleiche publizistische Wirkung nur dadurch sichergestellt werden kann, dass nur jeweils eine Äußerung des Anbieters von Telemedien und des Betroffenen miteinander verknüpft sind. Eine erneute Äußerung des Anbieters von Telemedien, unmittelbar im Anschluss an die Gegendarstellung würde dieses Gleichgewicht wieder beseitigen und ist deshalb auch nach Art. 5 GG nicht erforderlich.

Das wird in der juristischen Literatur teilweise anders gesehen. Roger Mann (in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 56 RStV, Rn. 27) hält § 56 Abs. 1 S. 5 RStV für verfassungsrechtlich bedenklich, weil die Situation bei Telemedien mit dem Rundfunk nicht vergleichbar sei, wo gerade das zuletzt gesprochene Wort besonders schwer wiegt. Er meint daher, dass in verfassungskonformer Auslegung zumindest ein Hyperlink des Anbieters – mit einem Verweis auf eine Erwiderung – im Anschluss an die Gegendarstellung zulässig sein müsse. De lege ferenda fordert Mann eine Aufhebung von § 56 Abs. 1 S. 5 RStV.

Vielleicht wird der Unterlegene ja noch versuchen, das Bundesverfassungsgericht mit dieser durchaus interessanten Frage zu befassen.

 

posted by Stadler at 14:59  

3 Comments

  1. Bin kein Rechtsexperte. Es ist zunehmend bei Online-Presseerzeugnissen so, dass Artikel unter der Hand verändert werden, bzw. das eine Korrektur der Darstellung in einem neuen Online-Artikel erfolgt, der dann selten nur so viele Links bekommt wie der falsche Original-Artikel. Zum Teil erfolgt nicht mal durch die Redaktion ein Link auf das Update zu einem Artikel. Daher hätte ich eine Frage bzgl. § 56 Abs. 1 S. 3 RStV, der beagt dass „Die Gegendarstellung ist so lange wie die Tatsachenbehauptung in unmittelbarer Verknüpfung mit ihr anzubieten.“ Was wäre denn hier technisch eine „unmittelbare Verknüpfung“? Ein Link?

    Viele Grüße,
    Henrich

    Comment by Henrich C. Pöhls — 2.03, 2012 @ 15:13

  2. @Heinrich C. Pöhls:
    In der Kommentarliteratur wird eine optische Einheit (hintereinander auf derselben Bildschirmseite) jedenfalls als ausreichend betrachtet. Nach h.m. (ist aber streitig) reicht es, wenn unmittelbar an die beanstandete Passage ein Link auf die Gegendarstellung gesetzt wird. Der Link muss aber mit dem Linktext „Gegendarstellung“ versehen sein und in gleicher Schriftgröße wie die Überschrift des beanstadeten Texts dargestellt werden. Urteile gibt es hierzu m.W. aber keine.

    Comment by Stadler — 2.03, 2012 @ 15:22

  3. @Stadler Danke.

    Comment by Henrich C. Pöhls — 6.03, 2012 @ 15:31

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