Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.3.12

Netzneutralität und Providerpraxis in der EU

Die durch EU-Verordnung geschaffene Behörde BEREC (Body of European Regulators for Electronic Communications) hat der Kommission einen ersten Bericht über Providerpraktiken zum „Traffic Management“ vorgelegt. Der Bericht gelangt zu dem Ergebnis, dass die Blockade von VoIP- und P2P-Traffic üblich ist, wobei die Internettelefonie (VoIP) primär im Mobilfunkbereich blockiert wird, zumeist entsprechend vertraglich vorgesehener Einschränkungen, während der Zugriff auf Peer-To-Peer-Netzwerke vorwiegend im Festnetzbereich beschränkt wird. Sofern ein solcher Blockademechanismus implementiert ist, wird er nach den Erkenntnissen von BEREC zumeist im Wege der Deep-Packet-Inspection (DPI) umgesetzt.

Darüber hinaus hat BEREC eine große Bandbreite weiterer Maßnahmen festgestellt, die unterschiedlich weit verbreitet sind. Hierzu gehört die Drosselung des Streamings ebenso wie die bevorzugte Behandlung bestimmter Services.  Die hierzulande vieldiskutierte Idee der Einführung von Diensteklassen scheint also bereits der Praxis einer ganzen Reihe von Providern zu entsprechen.

Der Bericht der BEREC – bislang ist nur eine Pressemitteilung veröffentlicht – wird die Netzneutralitätsdiskussion vermutlich wieder befeuern. Axel Spieß berichtet im Beck-Blog ergänzend von einem Konsultationsverfahren von BEREC zur Nicht-Diskriminierung.

posted by Stadler at 11:09  

10 Comments

  1. Auch in Deutschland? Ist DPI also quasi das öffnen und rein schauen in (Internet-) Packete wirklich erlaubt. Hoffe das lößt ein Sonderkündigungsrecht aus und Leute die gerade einen Zwei Jahresvertrag abgeschlossen haben und Subventionierte Hardware bekommen haben können sofort kündigen und denen dann richtig Schaden zufügen.

    Comment by mark — 20.03, 2012 @ 11:20

  2. Das würde mich aber wundern, wenn in Deutschland eine DPI betrieben wird. Ist doch meines Wissens nach genauso illegal wie Netzsperren, oder?

    Comment by ak-alex — 20.03, 2012 @ 11:23

  3. DPI können die ja machen, wenn sie wollen. Aber wie kommen die dazu, P2P-Traffic auszubremsen, wenn das nicht vertraglich vereinbart ist? Schließlich schulden die einen Internetzugang nach dem Stand der Technik, also best-effort. Vermutlich ist die Technik für diese Maßnahmen auch noch deutlich teurer, als die Kapazitäten auszubauen (wobei wahrscheinlich eh keine größeren Engpässe bestehen …).

    Comment by Jens — 20.03, 2012 @ 11:30

  4. Die obige Meldung unterschlägt aber, das das primär aus Congestion Controll Gründen erfolgt, d.h. man klemmt bei Netzüberlast zunächst die unwichtigen User ab (Durchsatz nach Vertragsstatus).

    Comment by Philip Engstrand — 20.03, 2012 @ 17:22

  5. Was ich mich in dem Zusammenhang frage: Gibt es Dienstleister, bei denen man P2P-Traffic vertraglich sperren kann ? Und wäre das eine Möglichkeit, vor einer Abmahnung wegen Filesharing via P2P-Netzwerke widersprechen einigermaßen sicher zu sein (bzw. dagegen Argumentieren zu können mit guten Erfolgsaussichten ?).

    Comment by Oliver — 21.03, 2012 @ 09:39

  6. und da sind sie: Die User die vertraglich auf Netzneutralität verzichten wollen…

    Comment by Philip Engstrand — 21.03, 2012 @ 09:54

  7. @Oliver: Es ist dir nicht bewusst, aber wenn dein Provider dir anbieten würde P2P Verkehr zu sperren, hätte er nach Stand der Technik keine Möglichkeit das ohne DPI zu tun. Man sieht nämlich IP Packeten nicht von Aussen an, welcher Verkehr drin steckt.

    Comment by Philip Engstrand — 21.03, 2012 @ 11:38

  8. Also um P2P auszubremsen, damit die restlichen Services nutzbar bleiben, braucht es keine DPI. Da bin ich mir auch ziemlich sicher, dass das so nicht gemacht wird. Da reicht es tatsächlich platt die Pakete an einschlägige Ports in die entsprechende Queue zu packen. Damit erschlägt man zwar keine 100%, aber das ist auch gar nicht nötig.

    Verschiedentlich hat man schon hören können, dass, würde man kein Trafficshaping machen, das Internet wie wir es kennen schon länger nicht mehr funktionieren würde. Das halte ich auch grundsätzlich für möglich, dass das real stimmt. Vor allem bei geteilten Ressourcen wie Kabelinternet oder DSL ab DSLAM kann es eben durchaus passieren, dass sich die User gegenseitig behindern.

    Und ich finde es auch grundsätzlich richtig, wenn die Provider Trafficshaping nach dem Prinzip: best service quality machen (sprich, die Latenz des Bittorrent-Packets ist mir egal, die Latenz des Pakets an den Gameserver oder des VoIP-Pakets nicht). Über den rechtlichen Rahmen dafür sollen sich Andere den Kopf zerbrechen.

    Netzneutralität sollte sich nicht in die gleiche Sackgasse manövrieren wie der Datenschutz. Schon in meinem kleinen Heimnetzwerk wären viele Dinge ohne Traffic-Shaping nicht mehr machbar. Ich will gar nicht wissen, wie das bei den Providern im Detail aussieht.

    Es muss also darum gehen klar zu definieren, wie diskriminierungsfreier Zugang zum Netz aussehen soll, ohne sich dabei auf juristischem Wege technische Notwendigkeiten zu verbauen.

    Bei der Gelegenheit sollte man u.U. auch mal überlegen, ob man nicht auch regulatorisch eingreifen sollte, um Dinge wie Multicast endlich netzübergreifend zu ermöglichen. Dann hätte man einen Großteil der Probleme gerade im Streamingbereich nicht mehr und die ISPs müssten nicht mehr so viel über selbstgemachte Kapazitätsengpässe weinen …

    Comment by Kommentator — 21.03, 2012 @ 12:00

  9. Also das mit der Ausbremsung existiert wirklich bestes Beispiel: Kabel Deutschland. Ich kenne alleine 2 Kunden bei denen das schon normal ist das bestimmte Verbindungen (Torrent und Usenet) von 18 Uhr bis Mitternacht bei Sage und schreibe 1 kilobit/Sekunde laufen!

    Das mit der Netzauslastung ist nur eine verdammte Ausrede dafür nur geringe Bandbreite eingekauft zu haben und dennoch mehr Bandbreite zu verkaufen als man eigentlich hat.

    Es ist auch eine Unverschämtheit das aus irgendwelche „Legalitätsgründen“ zu drosseln

    Comment by Christoph Zeller — 14.07, 2012 @ 23:03

  10. …den erstens wird sowieso der Endverbraucher belangt bei einem rechtlichen Verstoß.

    Und zweitens einen Dienst nach seinem gewählten Protokoll als legal oder illegal einzustufen ist schlichtweg falsch. Beste Beispiele: Die Spiele „Diablo 3“ und „World of Warcraft“ benutzen das Torrent Netzwerk für die Programmupdates und sind legal erworbene Produkte. Was ist hierbei illegal?

    Comment by Christoph Zeller — 14.07, 2012 @ 23:07

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