Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.3.12

Facebook lässt Amtsrichter bislang abblitzen

Vor einiger Zeit habe ich hier über die Beschlagnahme eines Facebook-Accounts durch einen schwäbischen Jugendrichter berichtet. Facebook hat den Beschluss des Amtsrichters bislang aber offenbar gänzlich ignoriert, wie sich einem Bericht des Reutlinger General-Anzeigers entnehmen lässt.

Der Richter möchte aber offenbar noch nicht aufgeben und hat zum nächsten Termin die Facebook-Lobbyistin Erika Mann geladen.

Das Verfahren zeigt, dass es der deutschen Justiz schwer fällt, Facebook an die Kandare zu nehmen. Bei sozialen Netzwerken, die ihren Sitz in Deutschland haben, ist die Situation übrigens gänzlich anders. Denn die Beschlagnahme von Kommunikation ist nicht ungewöhnlich und anders als bei Facebook auch erfolgreich, weil sich inländische Anbieter nicht einfach richterlichen Anordnungen widersetzen können.

posted by Stadler at 10:48  

11 Comments

  1. Trifft auf Facebook und die US-Justiz (und alles andere Zeugs dort) auch zu. Die bekommen alles, wenn sie wollen, besonders seit dem September damals.

    Wir können deutsche Social Media meiden und z.B. mit Facebook den amerikanischen Behörden alles offenbaren oder umgekehrt, nur noch deutsche Social-Medien benützen, haben dafür aber deutsche rechtsstaatliche Möglichkeiten.
    Oder man meidet beides, was einen aber vermutlich erst recht verdächtig macht.

    P.S. Im Artikel ist irgendwo ein r zuviel.

    Comment by Frank — 15.03, 2012 @ 11:11

  2. Das ist m.E. immer noch internationaler Standard, dass bei internationalen Amtshilfeanträge die Mühlen schleppend arbeiten. Wo hat denn nun der Richter Amtshilfe beantragt für seine Ermittlungen in der schweren Strafsache „Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl“?

    Mir ist nicht erinnerlich, dass man bei Ermittlungen bei Schweizer Banken einen deutschen „Lobbyisten“ vor Gericht zitiert hätte und auf Amtshilfe verzichtet hätte. Im Gegenteil: wir wissen, dass die Schweizer Strafverfolgungsbehörden bei deutschen Eigentumsdelikten wie schwerer Steuerhinterziehung mit Strafandrohung von mehreren Jahren Gefängnis über alle Maßen unkooperativ waren, so dass sich Strafverfolgungsbehörden hier mit Millionen Aufwand beweise auf dem Schwarzmarkt gekauft haben.

    Wenn die US-Behörden unkooperativ sein sollten, wäre das Analogon, dass die bayerische Justiz wie in Steuerverfahren Diebe engagiert, um bei Facebook Daten zu erhacken.

    Mit ist auch noch erinnerlich, dass die CDU (die als kriminelle Vereinigung bestraft worden wäre, wenn die CDU nicht vorsorglich im Parlament dafür gesorgt hätte, dass politische Parteien nicht als kriminelle Vereinigungen strafverfolgt werden, sondern freies Handeln haben) zur Verschleierung ihrer kriminellen Finanztransaktionen eine alten Mafia-Trick angewendet hat: man überweist seine zu verschleiernden Geld durch drei Bananenstaaten, damit im Falle einer Strafverfolgung die Amtshilfeersuchen so lange dauern, bis nach 5 Jahren die Taten verjährt sind. Warum sollten sich die Verhältnisse da geändert haben? Die CDU/CSU ist doch noch an der Regierung. Das Amtsgericht Augsburg kann ein Leid davon singen.

    Zu Erika Mann: Ist das üblich, dass sich Jugendrichter als Zeugen politische EU-Lobbyisten holen statt den normalen Dienstweg in Strafsachen zu gehen? Oder ist das ein Sonderfall des Richters Sierk Hamann wegen seiner politischen Tätigkeit z.B. für http://www.freedomforlinks.de/ oder http://www.artikel5.de

    Comment by Wolfgang Ksoll — 15.03, 2012 @ 12:46

  3. …FB hat nur wenige öffentlich „bekannte“ Mitarbeiter. Wer Lobby macht, wird u.U. auch dem Angeklagten dort erklären können, wieso er seine Daten nicht bekommt. Die irischen Behörden scheinen ja sehr kooperativ und FB gibt widersprüchliche Auskünfte.

    Comment by Wohlinformierte Kreise — 15.03, 2012 @ 16:28

  4. Focus hat etwas sachlicher berichtet über die Verfahrensverschleppung durch den Richter:

    „Hamann hatte seinen Beschlagnahme-Beschluss zunächst an Facebook Deutschland geschickt. Von dort bekam er nach eigener Darstellung eine Absage, weil nur die Kollegen in Irland Zugriff auf die Daten des Angeklagten hätten. Daraufhin habe er den Beschluss ins Englische übersetzen lassen und ihn an die Facebook-Europazentrale geschickt. Als er auch nach mehreren Monaten noch keine Antwort bekommen habe, sei er noch einen Schritt weiter gegangen und habe ein Rechtshilfeersuchen an die irischen Behörden gestellt.

    Die Kollegen dort seien auch sofort tätig geworden, sagte Hamann. Doch von Facebook sei die Antwort gekommen, dass die Daten des Angeklagten auf einem Server in den USA gespeichert seien. Um dort an die Daten heranzukommen, müsste nun ein Rechtshilfeersuchen an die US-Behörden gestellt werden. Außerhalb der Europäischen Union sei das allerdings ein extrem aufwendiges Verfahren, das den Rahmen des Prozesses am Amtsgericht sprengen würde.“

    Das heisst im Klartext, das Amtsgericht hat unsachlich Amtshilfeersuchen gestellt, Monate sich Zeit gelassen, um durch Wiedervorlage festzustellen, dass noch keine Antwort da ist, um dann festzustellen, dass die Behörden in USA zuständig seien, an die man sich eigentlich nicht heran traue aber bei sachgemäßer Arbeit sofort schon Monate vorher herantreten hätte müssen.

    Neben der Frage, dass vielleicht auch Facebook dem deutschen Richter den richtigen Verfahrensweg hätte sagen können, sieht mir das nicht nach sachkundiger Strafverfolgung aus. Wenn die alle ihre Prozesse so schlampig führen und nicht wissen, wer in welchem Land zuständig ist, ist das eine Einladung an alle Verbrecher, um Ausland Spuren zu verwischen, wovon die CDU und die CSU bei den mafiösen Spendenschachereien mit „jüdischen Erbe“ des Kriminellen Manfred Kanther und einigen schrägen Gestalten der CSU auch reichlich Gebrauch gemacht haben wie ihr mafiöses Vorbild aus Sizilien.

    Und anstatt Strafverfolgung schaltet man dann um auf unverbindliche Plaudereien mit Lobbyistinnen? Ein gruseliger Strafprozess.

    Sorry, ich habe mal vor Jahren eine Ausfuhrgenehmigung für Triple-DES vom Department of Commerce gebraucht für eine deutsche Landespolizei. Das Department of Commerce hatte damals die Dreistigkeit besessen, mir zu bescheiden, dass es im Benehmen mit den State Departement, dem Department of Defense und dem Department of Interior nicht im Interesse der Vereinigten Staaten von Amerika sei, wenn eine bestimmte deutsche Polizei ihren Datenverkehr stark verschlüsseln würde. Innerhalb von vier Wochen hatte ich auf dem Dienstweg einen Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes in Washington D.C. soweit, der bescheidenden Dame klar zu machen, welche diplomatischen Verwicklungen es bedeute, wenn die US-Regierung laut sagte, dass sie preiswert deutsche Polizeibehörden abhorchen wolle. Innerhalb von Tagen hatten wir die Genehmigung.

    Und ein deutscher Amtsrichter schafft es in Monaten nicht, die richtige Behörde für ein Amtshilfeersuchen zu finden? Lachhaft, diese Schlampigkeit.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 15.03, 2012 @ 22:03

  5. Focus-Quelle:
    http://www.focus.de/digital/computer/internet-amtsrichter-will-facebook-mitarbeiterin-vorladen_aid_724405.html

    Comment by Wolfgang Ksoll — 15.03, 2012 @ 22:04

  6. @ Wolfgang: Schon mal in einem laufenden Strafverfahren bei Gericht, eine ausgehende Rechtshilfe in die USA versucht wegen eines Wohnungseinbruchsdiebstahls? Nein, nein, es geht nicht darum was die Deutschen Gerichte können, sondern was FB verspricht (der Bericht des irischen Datenschutzbeauftragten (Anhang 5) sei empfohlen)…so ein Kommentar wie oben ist doch eher „heise-Forum“…

    Comment by Kreise — 15.03, 2012 @ 22:35

  7. @Kreise
    Wir sollen das einfach so durchgehen lassen, dass ein Richter erst mal ein paar Monate braucht, um für sein Rechtshilfeersuchen den richtigen Staat zu finden? Dass es schwierig sein mag wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruch Rechtshilfe aus den USA zu bekommen, hat nichts damit zu tun, dass man in der deutschen Justiz Monate braucht, herauszubekommen, dass Facebook ein US-Unternehmen ist.

    Der Mullah in Kiel schreibt in seinen wöchentlichen Hasspredigten als grüner Fundi im Kampf gegen den US-Imperialismus fortwährend über das US-Übel. In seinen Verschwörungstheorien hat er auf der Sommerakademie herausbekommen, dass Barack Obama persönlich hinter der Facebook-Verschwörung steckt. Und was in Datenschutzkreise hyperventiliert wird, soll in der deutschen Justiz unbekannt sein? Leben die in einer Parallelgesellschaft?

    Das ist mir zu billig. Der Mann hat unsorgfältig seine Arbeit gemacht und monatelang den Prozess verschleppt. Wenn der immer so arbeitet als Jugendrichter, müssen alle seine Angeklagten nach Erwachsenen bestraft werden oder bekommen mildernde Umstände wegen Alterssenilität und Haftunfähigkeit mit Pflegestufe III.

    Bleibt immer noch die Frage, warum es mir als Zivilisten mit einem einzigen Telefonanruf und einem Fax gelingt, in den USA vier Ministerien zur Kooperation zu bewegen und unserem politisch bewegten Richter nicht.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 16.03, 2012 @ 10:25

  8. @Ksoll: Ja, braucht ein Richter eben. Wenn er nicht weiß, wo der Betreiber sitzt bzw. wo der Server steht. Zumal am Amtsgericht in Jugendstrafsachen Rechtshilfeersuchen nach sonstwohin vermutlich alle 5 Jahre einmal vorkommen.
    Aber natürlich hätte der Richter auch einen Experten wie Sie beauftragen können, US-Ministerien per Telefon in die Knie zu zwingen.
    Ach übrigens: Jugendstrafrecht richtet sich immer nach dem Alter zur Tatzeit und nicht nach dem Alter bei Verurteilung.

    Comment by klabauter — 16.03, 2012 @ 11:54

  9. Wusste nicht, daß Sierk diesen Beschluß gefaßt hat. Der weiß wovon er redet. Das kann sehr interessant werden. Er muß jedenfalls sehr kreativ vorgehen und Anhaltspunkte suchen, wie er FB weh tun kann. Der erste Ansatz ist nicht schlecht. Wenn man das Personal ein wenig tanzen läßt, dann taucht die Affäre plötzlich auf dem kalifornischen Radar auf. Alle großen Firmen sind letztlich auch große Zielscheiben. Ich warte auf den nächsten Schuß. In den USA machen die das nicht anders. Wenn wegen dauerndem Ignorieren in Abwesenheit verurteilt, kann das beim nächsten Besuch sehr böse Überraschungen ergeben.

    Comment by Rigo — 16.03, 2012 @ 12:38

  10. Diese Politspektakel im Feldzug gegen Facebook durch Sierk Hamann wirft mehr Rechtsfragen auf als es löst.

    In dem Focus-Artikel ist klar die Stellungnahme von Facebook zu lesen, wo die Rechtsverfahren beschrieben sind, an die Hamann sich offenbar nicht halten will, und statt dessen eine Politikerin als Zeugin laden. Ja, soll die denn ohne Rechtsgrundlage den Datenschutz brechen? Warum will der Mann denn mit aller Gewalt geltendes Recht umegehen?

    „Als er auch nach mehreren Monaten noch keine Antwort bekommen habe, sei er noch einen Schritt weiter gegangen und habe ein Rechtshilfeersuchen an die irischen Behörden gestellt.“

    Nach mehreren Monaten? Und das sind die Strafverfolgungsbehörden, die uns weismachen, dass ohne sekundengenaue VDS das Abendland untergeht? Hamann erbringt den exzellenten Beweis, dass die Strafverfolgungsbehören und die Justiz nicht in der Lage sind, sich an geltendes Recht zu halten und es in angemessener Zeit umzusetzen. Da kann man sich das Polit-Spektakel im Gerichtssaal auch sparen.

    „„Ich habe so den Eindruck, dass Facebook nicht gerade dabei ist, der Wahrheitsfindung in diesem Prozess zu dienen.“
    Diese zynische Bemerkung zeigt, worum es bei dem Politik-Spektakel geht: Facebook soll vor einem Provinzrichter am geltenden Recht den Kotau machen und wie Fritz Teufel sich erheben „Wenn’s der Wahrheitsfindung dient“ und wie Tell des Gesslers Hut grüßen. Ich halte das für eine arrogante Respektlosigkeit, einerseits das Recht zu umgehen und andererseits statt dessen Polit-Spekatakel und Presespektakel zu veranstalten.

    Erstaunlich ist auch, dass die Ermittlungsarbeit hier von einem Richter und nicht von Polizei und Staatsanwaltschaft durchgeführt wird.

    Auch wird sich Facebook hüten, wenn man den Verdacht haben muss, dass Urlauber demnächst ihren Versicherungsschutz verlieren, weil sie auf Facebook kundgetan hat, dass sie iM Ausland weilen, und somit als Mittäter für Diebstähle aufkommen müssen, weil sie den Dieben, die ihr Haus räumen, den Tip für ihre Abwesenheit gegeben haben. Wenn dann noch Fanatiker wie der Mullah in Kiel, der nur die Kiel’sche Scharia gelten lassen will, nicht aber internationales Recht (wie das Safe-Harbor-Abkommen) ist Vorsicht geboten, dass man nicht von Berufsstörern im Amt zerrieben wird durch den Streitlust weit an der Sache vorbei.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 16.03, 2012 @ 14:50

  11. Nun Koile,

    in der Sache – sprich Überfall des BND auf Urlauber – muss ich Dir in der Sache Recht geben. Das Problem liegt hier beim Justizzentrum Köln u.a. bei Herrn Zerbes, der die BND Einsätze gegen Israel befürwortet.

    Comment by Ralf Josephy — 4.04, 2012 @ 11:57

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