Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

16.1.12

Vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen zu erwartende Presseberichterstattung

Vor einigen Monaten hatte ich über einen Beschluss des Landgerichts München I berichtet, in dem ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen eine Tageszeitung bejaht worden war, wegen der Befürchtung einer personenidentifizierenden Berichterstattung über ein Strafverfahren. Diese Entscheidung ist nun vom OLG München bestätigt worden.

Hintergrund war das umstrittene Fernsehformat „Tatort Internet“ des Privatsenders RTL2. Für dieses Format hat sich eine Journalistin in Chats als 13-jähriges Mädchen ausgegeben, um erwachsene Männer anzulocken. Es wurden anschließend tatsächliche Treffen zwischen dem vermeintlich 13-jährigen Mädchen – gespielt von einer volljährigen Schauspielerin – und den angelockten Männern vereinbart, die von RTL2 mit versteckter Kamera gefilmt und ausgestrahlt worden sind. Hierdurch sollten vermeintlich pädophile Männer öffentlich angeprangert werden, um die Sensationslust des Privatfernsehpublikums zu befriedigen.

Die Staatsanwaltschaft München I hat im letzten Jahr gegen zwei dieser Männer wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern Anklage erhoben. Nachdem mehrere Zeitungen und Online-Medien über das erste Strafverfahren in personenidentifiziernder Art und Weise berichtet hatten, hat der zweite Angeklagte u.a. gegen eine in München erscheinende Tageszeitung eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es der Zeitung bereits vorab untersagte, über den Hauptverhandlungstermin in der Form zu berichten,  dass der Antragsteller mit Vornamen und dem ersten Buchstaben des Nachnamens, ergänzt um seinen Wohnort, seine Berufsbezeichnung und sein Alter, benannt wird.

Nachdem die Parteien auf den Widerspruch der Zeitung hin den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, hatte das Landgericht München I noch über die Verfahrenskosten zu entscheiden, die es mit Beschluss vom 30.08.2011 der Zeitung auferlegte.

Hiergegen hatte die Zeitung Beschwerde zum Oberlandesgericht München eingelegt, allerdings ohne Erfolg. Mit Beschluss vom 11.01.2012 (Az.: 18 W 1752/11) hat das OLG die Kostenentscheidung des Landgerichts bestätigt und ausgeführt, dass die einstweilige Verfügung zu Recht ergangen ist und dem Antragsteller gegen die zu erwartende Berichterstattung ein vorbeugender Unterlassungsanspruch zustand. Das Oberlandesgericht setzt sich insbesondere auch mit dem Aspekt der Erstbegehungsgefahr auseinander und führte insoweit aus, dass eine solche, aufgrund der ebenfalls identifierenden vorangegangenen Berichterstattung über ein Parallelverfahren, jedenfalls nahe lag.

Die Entscheidungen sind durchaus beachtenswert, nachdem im Bereich des Presse- und Medienrechts kaum vorbeugende Unterlassungsansprüche durchgesetzt werden und andererseits eine personenbezogene Berichterstattung, in der der Betroffene mit seinem Vornamen und dem ersten Buchstaben seines Nachnamens benannt wird, sehr häufig anzutreffen ist.

posted by Stadler at 15:25  

11 Comments

  1. Vorname und erster Buchstabe des Nachnamens ist zwar häufig, aber nach dem Beitrag sollen auch „Wohnort, seine Berufsbezeichnung und sein Alter“ angegeben worden sein. Nach meiner Erinnerung / meinem Gefühl passiert das jedoch nicht so häufig.

    Comment by PH — 16.01, 2012 @ 15:56

  2. Schilda lässt grüßen? Geht es nicht in der Hauptsache um eine Straftat nach §176 StGB. Das hat ein deutsches Gericht zur Verhandlung gebracht, obwohl bei der ganzen Aktion der Gattin von Frau Guttenberg überhaupt keine Kinder beteiligt waren? Ist in Bayern das Abrücken von der Realität schon so weit fortgeschritten, dass jedwede Blenderei, Täuscherei, Lug und Betrug derer von zu Guttenberg für bare Münze genommen wird?

    Man sollte die Anstifter bestrafen, die erwachsene Männer dazu verleiten wollten, sich an Kindern zu vergehen. Steht Frau Guttenberg wegen Beihilfe zum §176 auch vor Gericht? Oder hat sich die Kinderkupplerin durch Flucht nach USA entzogen. Oder feiern die Bayern wieder Hochfeste der Willkürjustiz wie in Hannover bei der Bestechung von Wuill: keine Strafverfahren gegen Verbrecher aus den Häusern Strauss und Guttenberg?

    Wenn die bayerische Justiz nun die Handlungen von erwachsenen Schauspielrinnen nun für bare Münze nimmt, dann wird es in Bayern auch keine Aufführungen des „Romeo und Julia“ mehr geben, weil es in dem Stück um die Anbahnung sexueller Handlungen unter Jugendlichen geht, nach EU-Recht sogar unter Kindern.

    Holt doch endlich den Aloysius aus dem Hofbräuhaus, damit die bayerische Landesregierung endlich die göttlich Weisung bekommt, die der Suffkopp Aloysius noch in der Tasche hat!

    Comment by Jan Dark — 16.01, 2012 @ 15:57

  3. @Jan Dark,

    bei der Anklage der „Pädophilen“ soll jeglicher Realitätssinn verloren gegangen sein. Aber die Anstifter, „die erwachsene Männer dazu verleiten wollten, sich an Kindern zu vergehen“, sind natürlich hart zu „bestrafen“. Das erscheint mir widersprüchlich und eine dogmatisch nicht haltbare Argumentation zu sein, wenn man bedenkt, dass die Teilnahme nur an einer rechtswidrigen Haupttat strafbar sein kann.

    Ferner wurde der Versuch angeklagt, welcher nach § 22 StGB auf die subjektive Vorstellung des Täters von der Tat abstellt. Die Strafbarkeit scheitert hier also im Ergebnis nicht am tatsächlichen Alter der Darstellerinnen – die „Täter“ stellten sich schließlich eine 13-Jährige vor -, sondern daran, dass es am unmittelbaren Ansetzen fehlte, vermutlich weil das Kamerateam vorher einschritt, bevor es zu konkreten sexuellen Avancen hätte kommen können.

    Im Übrigen: Waren es nun Kinder oder nicht?

    Comment by fernetpunker — 17.01, 2012 @ 02:22

  4. @fernetpunker

    Wenn wir dann darauf abheben, dass gedachte Straftaten bestraft werden, dann werden wir wohl Frau Guttenberg auf Dauer in den USA abschreiben müssen, dass sie mit ihren Mittäterinnen die zu bestrafenden angestiftet hat:
    㤠26 Anstiftung
    Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.“

    Es waren keine Kinder. Und wenn dann zukünftig 50-jährige Perverse dadurch anheizen, dass sie vorgeben 12 zu sein, dann werden wir die, die den Mist glauben hart bestrafen und in den Knast schicken. Also Perverse aufgepasst: es kommt auf den Willen an, nicht auf den Vollzug irgendwelcher strafbaren Handlungen. Wenn Eure MILFs euch mächtig mit dirty talking einheizen, dann seht zu, dass keine Micros und Kameras laufen, die Eure Gedanken verraten :-))

    Und Theatermacher aufgepasst: Romeo und Julia aus dem Spielplan nehmen, wenn Frau Guttenberg und ihre Anheizerinnen in der Nähe sind.

    Für FRau Guttenberg und ihre Kupplerinenn haben wir noch andere Nettigkeiten im Petto:
    §176 StGB
    (5) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach den Absätzen 1 bis 4 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.“

    Wird man damit das Kamerateam auch in den Knast bringen, die 13-jährige Kinder verkuppeln wollten und dabei auch noch Kinderpornografie filmen wollten?

    Wie man es auch dreht und wendet: die Anstiftung zu Straftaten des Kindesmissbrauchs durch Adelsfrauen und ihre Gehilfinnen ist der letzte Dreck. Gut, dass die Frau sich ins Ausland mit ihrem Blender und Betrüger abgesetzt hat.

    Mit solch ekelhaften Verhalten wollte auch Frau von der Leyen Erwachsene zu Straftätern machen, in dem sie ein Gesetz machen wollte, mit dem sie Jugendliche als „Testkäufer“ missbrauchen wollte, ohne die es sonst keine Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gegeben hätte. Gott sei Dank hat der Bundestag sich geweigert, das Ansinnen der entarteten UvdL bei den Testkäufern umzusetzen.

    Man muss sich schon wundern, welche perverse Ideen unser Restalter zu Tage fördert: Einerseits will man mit aller Gewalt Menschen zu Straftätern machen, andererseits weigert man sich vehement (von der Leyen, Guttenberg) Kinderpornografie-Dreck aus dem Internet zu löschen und lügt dreckig vor sich hin (Nichtverfolgung in Indien), um den Dreck hinter einem roten Vorhang leicht zugänglich für Kinderschänder aus dem Klerus vorhalten zu können. Widerlich.

    Was kostet uns das eine Kraft, diesen entarteten Adel zur Räson zu bringen, seine Lügen aufzudecken und seine missratenen Gesetzesvorhaben zu stoppen.

    Comment by Jan Dark — 17.01, 2012 @ 19:39

  5. @Jan Dark:
    Sie haben vermutlich nicht mitbekommen, dass es kein Kind gab. Sondern eine mindestens 18jährige Schauspielerin. Also nix mit 176 V StGB. Und auch sonst nichts mit Strafbarkeit, siehe hier im Blog:
    http://www.internet-law.de/2010/10/hobby-ermittler-und-hobby-juristen-am-tatort-internet.html

    Die Ausgangsentscheidung finde ich aber schon im Ansatz etwas gewagt: Aus Indizien darauf zu schließen, daß überhaupt und dann auch noch in einer bestimmten Form über einen künftig stattfindenden Strafprozess berichtet werden wird. Wie macht der Antragsgegner das Gegenteil glaubhaft? Eidesstattliche Versicherung des Verlages/des Redakteurs/Herausgebers: wir werden nicht und wenn dann nur mit verfremdeten Anfangsbuchstaben des Nachnamens, ohne Vorname, Alter und Beruf berichten? Seltsam.

    Comment by klabauter — 17.01, 2012 @ 20:52

  6. Ich habe das schon mitbekommen, dass es hier keine Kinder gab. Aber das Amtsgericht München hatte laut SZ eine Verurteilung wegen „sexuellen Missbrauchs von Kindern“ verurteilt:
    „Das Strafgericht verurteilte den Mann wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Gericht vertrat dabei die Auffassung, der Mann sei von RTL2 „in eine Falle gelockt“ worden.!“
    http://www.sueddeutsche.de/medien/tatort-internet-in-die-falle-gelockt-1.1106242

    Wenn diese Rechtsssprechung Bestand hat, dass ohne Kinder Kinder sexuell missbraucht werden sollten, dann droht der Frau Guttenberg hierzulande eine Strafverfolgung wegen Anstiftung zum sexuellen Missbrauch von Kindern und Beihilfe. Und das auch noch mit dringendem Vorsatz, wie die Präsentation im Fernsehen zeigte. U.a. noch gewerblich.

    Comment by Jan Dark — 18.01, 2012 @ 11:17

  7. @jan Dark: „wenn diese Rechtsprechung Bestand hat“?????? Das AG hat wegen VERSUCHTEN (!!!) Missbrauchs verurteilt, wie Sie selbst zitieren. Und das ist auch nichts Neues, dass man wegen einer versuchten Tat verurteilt werden kann. Wenn das Raubopfer kein Geld dabei hat und der Räuber leer ausgeht, bleibt es eben ein versuchter Raub. Wenn der Täter jemandem den Schädel einschlägt, der bereits vorher an einem Herzinfarkt verstorben ist, ohne dass der Täter davon wusste, begeht er ein versuchtes Tötungsdelikt. Und wenn jemand Sex mit einer 12jährigen will, aber bei einer 18jährigen landet, bleibt es versuchter Missbrauch.

    Comment by klabauter — 18.01, 2012 @ 14:44

  8. Nun, die Statistik sieht nicht überzeugend aus:
    „Das im Oktober 2010 ausgestrahlte Format auf RTL2 führte dazu, dass insgesamt 56 Männer auf diese Art und Weise vorgeführt wurden. Von diesen 56 wurden bzw. werden insgesamt 2 Fälle verhandelt, beide in München. Andere Gerichte haben sich schlichtweg mit den Fällen gar nicht erst befasst.“
    http://www.heise.de/tp/artikel/34/34931/1.html

    Wie es aussieht, dann ist man nur in Bayern der Überzeugung, das man Kinder auch missbrauchen versuchen kann, ohne dass Kinder da sind. Sei es. Ich wohn ja nicht in München und muss mich den erratischen Halluzinationen nicht beugen, die anderswo im Reich anders gesehen werdne.

    Wenn es aber so bleibt, dann ist Frau Guttenberg wegen Anstiftung fällig. Das wird dann wohl nix mit Comeback, wenn Guttenbergs Gattin in Deutschland Männer dazu anstiftet, sexuellen Missbrauch von Kindern zu versuchen (13-jährigen!) und das gleich als Serientäterin in 56 Fällen. Die scheint süchtig zu sein, Männer zu Straftaten anzustiften. Die armen Amerikaner.

    Comment by Jan Dark — 18.01, 2012 @ 22:43

  9. @8.
    Man muss schon bei den Fakten bleiben und nicht spekulieren was gewesen wäre wenn:
    „Und wenn jemand Sex mit einer 12jährigen will, aber bei einer 18jährigen landet, bleibt es versuchter Missbrauch.“

    Es war kein Kind da, folglich gab es auch keinen versuchten Missbrauch eines Kindes. Es gab vielleicht die gedankliche Absicht, aber keinen Versuch. Versuchter Missbrauch wäre, wenn ein Kind anwesend gewesen wäre und der Täter Anstalten gemacht hätte, das Kind zu missbrauchen, aber irgendwie bei seinem Tun gestört worden wäre oder das Kind sich losreißen konnte. Es wäre dann nicht zur Missbrauchstat gekommen, aber versucht hätte er es.

    Aber wo kein Kind ist, kann man nichts versuchen. Man kann nur eine Absicht unterstellen.

    Wenn wir schon beim „hätte“ und „wenn“ sind, es hätte auch sein können, der vermutete Missbrauchstäter wäre gar nicht zur Tat geschritten und hätte seine Absicht doch nicht verwirklicht oder aber er hätte gar keine Absicht in dieser Richtung gehabt und wollte nur sehen, wer so doof ist und sich da wirklich treffen wollte, usw.
    Getreu dem Motto: Hätte der Hund nicht geschissen, hätte er den Hasen erwischt.

    Comment by Frank — 19.01, 2012 @ 12:44

  10. @Frank: lesen Sie doch mal in einem StGB-Kommentar zum sogenannten untauglichen Versuch bei untauglichem Tatobjekt nach. Da wird Ihnen geholfen.

    Bei dem von J. Dark genannten Fall ging es meines Wissensnicht darum, dass der Täter einer nicht vorhandenen 12jährigen an die Wäsche gehen wollte (ich formulier mal so salopp),sondern um die Tatbestandsvariante des „Einwirkens durch Reden“ nach 176 V Nr. 4 StGB. Und wenn man dabei glaubt, eine 12jährige sei am anderen Ende der Leitung/des Chats (und das auch so will), es aber keine 12jährige ist, ist es versuchter Missbrauch.

    Comment by klabauter — 20.01, 2012 @ 13:08

  11. @klabauter

    Folgt man dieser absurden Idee, dass nicht die Tat das Entscheidende ist, sondern was gedachtes, also ein Gedanke (was ich in dieser Hörte nur vom Terrorismus kennen, wo wir neuerdings Gedanken bestrafen statt wie vorher nur Taten), dann ist klar warum Guttenberg sein Cumback abgeblasen hat: dann hat seien Gattin glasklar Strafverfolgung wegen Anstiftung und Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern zu befürchten und wird besser in ihrem US-Asyl, wo sie hingeflüchtet ist, verbleiben. Dort ist Unzucht mit Abhängigen für Präsidenten nicht amtsgefährdend. Da herrscht freie Leibe und freies Recht wie in Guantanamo.

    Comment by Jan Dark — 20.01, 2012 @ 15:45

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